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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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großen Klappe, die sonst ständig jeden herumkommandierte, einschließlich ihren Mann, war nun still wie ein Geist, schien gar nicht richtig da zu sein. Laura ging hinter ihnen, zwei AK-47er über der Schulter. Ich ließ Molinas vor mir hergehen, die Bren Ten in sein Kreuz gedrückt und eine weitere AK-47 über der linken Schulter.
    »Bringen Sie mich zu Jilly«, befahl ich Molinas. »Jetzt sofort. Ich will meine Schwester sehen. Sie kommt mit uns.«
    »Ihre Schwester ist nicht hier«, entgegnete Molinas mühsam. Das Sprechen fiel ihm offensichtlich schwer.
    Ich lächelte ihn an. »Das glaube ich Ihnen nicht. Sie kam zu mir. Hat mit mir gesprochen, hat mich gewarnt.«
    Undeutlich antwortete er: »Das muss die Droge bewirkt haben. Ihre Schwester war nie hier. Nie. Ich habe keinen Grund, Sie anzulügen. Es war die Droge. Sie ist unberechenbar. Aber dass sie so etwas bewirkt, habe ich bis jetzt noch nicht gehört.«
    War das möglich? Jilly hatte sich über mich gebeugt, ich hatte sie ganz deutlich gesehen. Sie war bei mir gewesen, hatte mit mir gesprochen, verflucht noch mal.
    »Sie ist nie hier gewesen«, wiederholte Molinas.
    »Aber Sie kennen sie?«, erkundigte sich Laura.
    »Ich weiß, wer sie ist«, erwiderte er vorsichtig. Wir hielten an und schwiegen. Männerstimmen, keine fünf Meter von uns entfernt. Etwa drei Minuten später verklangen ihre Schritte in dem langen Korridor.
    Wir kehrten in sein großes, prächtiges Büro und das daran anschließende Schlafzimmer zurück, fanden es jedoch leer vor. Seiner Tochter Marran musste es gelungen sein, sich zu befreien, denn sie hatte sich im Badezimmer eingeschlossen. Molinas sagte ihr, sie sollte drinbleiben, bis er sie holen würde. Wir hörten sie schluchzen.
    »Schaut, was ich gefunden hab.«
    Wir drehten uns um und sahen, dass Laura einen bisher unbeachteten Schrank geöffnet hatte. »Waffen, Kleidung, und seht euch das an - noch zwei AK-47er.«
    Mit einem richtig breiten Grinsen auf dem Gesicht wandte sie sich zu uns um und hielt eine Machete hoch. »Man kann nie wissen, ob man die nicht mal braucht. Die haben alle Messer am Gürtel. Vielleicht sollten wir auch eins haben.« Sie blickte Savich an. »Ihr braucht andere Klamotten. Ich helfe dir, Sherlock umzuziehen.«
    Sie machte die Machete an ihrem Gürtel fest. »Na bitte«, sagte sie und tätschelte sie zufrieden. »Ich schätze, jetzt bin ich zu allem bereit, uah, uah.«
    »Ich weiß, dass Sie hier irgendwo ein Funkgerät haben. Los, holen Sie’s.«
    Molinas öffnete die dritte Schublade in seinem riesigen Schreibtisch und holte ein kleines schwarzes Funkgerät hervor.
    »Hopp, hopp. Das Flugzeug soll sofort kommen.«
    Wir beobachteten ihn, wie er eine bestimmte Frequenz wählte und in sehr schnellem Spanisch seine Anweisungen gab. Ich verstand nicht alles. Er schaute auf, als er fertig war. »Ich habe Sie nicht betrogen«, sagte er.
    Savich ging zu Sherlock, die auf dem Boden saß. Laura hielt ihre Hand. Er bückte sich und hob sie hoch. »Okay, lasst uns von hier verschwinden.«
    »Sie sollten besser beten, dass die Cessna auch wirklich kommt«, sagte ich dicht an Molinas Ohr.
    »Sie wird kommen«, erwiderte er. Ich sah, wie er sich noch einmal zu dem Funkgerät umblickte.
    Er sah alles andere als glücklich aus.

27
    Es war etwa halb sechs Uhr früh, als wir die Piste erreichten. Zumindest zeigte das die Uhr an, die ich Molinas abgenommen hatte. Ein blasser Halbmond stand am Himmel und schien nicht weichen zu wollen. Dahinter funkelten noch ein paar bleiche Sterne am dunkelgrauen Morgenhimmel. Die Berge in der Ferne sahen aus wie Gespenster, teilweise hoch aufragend wie Schwerter, teilweise gedrungen und geduckt. In dem vagen Dämmerlicht ein wahrhaft unwirkliches Schauspiel. Sehr bald würde es hell genug für eine Landung sein. Vor drei Tagen, dachte ich, saßen wir noch in Edgerton und aßen Sandwiches in Grace’s Deli.
    Die Stille war geradezu überwältigend, nur das Knirschen unserer Stiefel auf dem steinigen Boden war zu hören. Keine hundert Meter links von uns begann der Regenwald und erstreckte sich bis über die Flanken der fernen Berge im Osten. Das Lager befand sich direkt hinter uns. Falls uns jemand folgte, hielt er sich gut verborgen. Ich musste unwillkürlich an Scharfschützen denken und hielt mich dichter an Molinas. Ich hoffte, dass wir die anderen, die vor uns gingen, weit genug deckten, dass eventuelle Schützen fürchten mussten, Molinas zu treffen, wenn sie etwas

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