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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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meinem Handrücken. Ach, scheiß drauf.
    Irgendwie mussten wir das hier überstehen, dachte ich. Wir hörten den Rest des Nachmittags über keinen Hubschrauber mehr, auch keinen Menschen. Es gab nur uns vier, ganz allein in diesem lebenden Ofen.
    »He, Leute!«, rief Savich. »Seht mal, was ich gefunden habe! Reife Bananen. Jetzt haben wir Bananen und Mangos zum Abendessen und Snickers als Nachtisch.«
    Wir fanden darüber hinaus einige pipas, eine grüne Kokosnuss, die man aufschlagen und deren Milch man trinken konnte. Da Sherlock während des Regens eins dieser großen Blätter genommen und einen Trichter für das Regenwasser daraus gebildet hatte, waren jetzt auch die zwei leeren Wasserflaschen wieder voll. Trotzdem pflückten wir zur Sicherheit ein halbes Dutzend pipas.
    Ich war jetzt mit der Machete zugange und Savich trug Laura. Über meine Schulter gewandt schnaufte ich, nachdem ich dreimal auf eine besonders hartnäckige Lianenbarriere eingehackt hatte: »Frag mich, ob sie Molinas,
    den Mistkerl, gefunden haben. Vielleicht nicht. Vielleicht hat ihn ja eine Korallenschlange erwischt. Oder vielleicht ist er von Insekten gefressen worden.«
    »Oder vielleicht«, sagte Savich, »war dieser Del Cabrizo so sauer, dass er uns entkommen ließ, dass er ihn gekillt hat.«
    Ich wollte gar nicht daran denken, was dann aus Molinas’ Tochter werden würde.
    Als wir abermals auf eine kleine Lichtung stießen, machten wir Halt und schlugen dort unser Nachtlager auf. Als wir in den Sonnenschein der Lichtung traten, sahen wir ein paar wilde Truthähne, die eilig durchs hohe Gras liefen und auf der anderen Seite der Lichtung im Unterholz verschwanden. Es war spätnachmittags und ohnehin Zeit, anzuhalten.
    Laura wurde immer schwächer. Das Reden strengte sie mittlerweile zu sehr an. Ich gab ihr ihre Medikamente: Aspirin, Antibiotikum und zwei Schmerztabletten. Es waren nur noch vier übrig. Sie hatte kein Fieber, und die Verbände sahen sauber aus, aber sie verlor zunehmend an Kraft.
    Sherlock fegte unseren kleinen Lagerplatz mit dem dicken Netz sauber. Der Boden war hier aufgrund der direkten Sonneneinstrahlung fast trocken. Es gelang ihr, fast alles Laub zu entfernen. »Es ist wichtig, genug Raum zu schaffen, damit der Sauerstoff zirkulieren kann. Wenn wir dann ein Lagerfeuer angemacht haben, wird es besser und heißer brennen.« Ich sammelte Feuerholz: tief hängende, abgestorbene Zweige und trockenes, verrottetes Holz. Nach kurzer Suche fanden wir auch Buchenholz, von dem Laura behauptet hatte, dass es besonders gut brannte. Sherlock begann einen kleinen Graben um unser Lager zu machen. Sie sagte, es würde das Ungeziefer fern halten.
    Savich benutzte die Schere aus dem Erste-Hilfe-Kasten, um ein paar Kienspäne zurechtzuschnitzen. Er machte kleine Schnitte an den Seiten, um den Span »aufzufedern«. »Mein Großvater hat mir das beigebracht«, erklärte er. »Dann fängt der Span schneller Feuer.«
    Wir fanden auch Buchenrinde und getrocknetes Gras. Ich wich ein wenig zurück und beobachtete Sherlock dabei, wie sie einige Kienspäne über einem kleinen Haufen Zunder aufschichtete. Ich konnte kaum glauben, dass es tatsächlich funktionierte. Das Feuer brannte hell und kräftig. Die Luft musste über dreißig Grad heiß sein, doch wir drängten uns ums Feuer, als wäre es tiefster Winter.
    »Ein Hotdog wäre jetzt nicht schlecht«, bemerkte Sherlock. »Dazu Kartoffelchips und saure Gürkchen.«
    »Tortilla Chips und scharfe Salsa«, schwärmte Savich und rieb sich grinsend die Hände. Hinter ihm erzitterte ein Ast. Ein braun gefleckter Gecko streckte den Kopf hinter einem Baumstamm hervor, blickte uns an und drückte sich dann flach an die Rinde. Ich könnte schwören, dass er einfach unsichtbar wurde.
    »Vielleicht ein bisschen Mayo auf dem Hotdog«, meinte Sherlock. »Dafür würde ich selbst auf die Gürkchen verzichten.« Noch während sie sprach, blickte sie zu Laura hinüber, die still dalag.
    Wir waren in einem Hieronymus-Bosch-Gemälde gefangen und hatten es für einen Moment geschafft, unserer Situation einen Anstrich von Normalität zu geben. Während der Abend hereinbrach, schienen die Käfer aufzuwachen. Überall hörte man es huschen und krabbeln, zu Tausenden, so schien es, und allesamt hungrig. Ich lächelte Laura zu. »Wir sind die reinsten Genies. Sieh dir bloß das Feuer an.«
    Aber Laura schaute weder mich noch das Feuer an. Sie starrte nach rechts, zum Rand unseres Lagers, direkt hin-ter Sherlocks

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