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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Hügel, und sein Haus lag ganz am Ende. Gleich jenseits des Häuschens verlief eine breite Rinne. Ich drehte mich um, als ich ausgestiegen war und blickte zum Horizont gen Westen. Einen Moment lang erfüllte mich tiefer Neid. Wenn Rob Morrison am Morgen erwachte, dann hatte er das atemberaubende Panorama des Pazifiks vor sich, kaum verstellt durch die vereinzelten, dünnen Föhren. Ich hatte das Gefühl, als stünde ich am Rande der Welt.
    Maggie klopfte an die unbehandelte Eichentür. »Rob?
    Jetzt komm schon, steh auf. Du musst in vier Stunden im Dienst sein. Aufstehen.«
    Drinnen regte sich etwas, oder besser jemand. Eine tiefe Männerstimme rief: »Maggie, bist du das? Was willst du? Was ist los? Wie geht’s Jilly?«
    »Wenn du mir aufmachst, Rob, dann erkläre ich dir alles.«
    Die Tür ging auf, und ein unrasierter Mann in meinem Alter stand vor uns, nur mit einer engen Jeans bekleidet, deren oberster Knopf offen stand. Maggie hatte Recht, der Kerl sah unglaublich fit aus. Gott sei Dank war er genau im rechten Augenblick zur Stelle gewesen.
    »Wer sind Sie?«
    Ich streckte ihm meine Hand entgegen. »Mein Name ist Ford MacDougal. Ich bin Jillys Bruder. Ich möchte mich bei Ihnen bedanken, dass Sie ihr das Leben gerettet haben.«
    »Rob Morrison«, sagte er und nahm meine Rechte mit einem sehr energischen Griff. »Na ja, mir tut’s Leid, dass es überhaupt so weit kam. Wie geht’s ihr?«
    »Jilly liegt nach wie vor im Koma«, erwiderte Maggie.
    »Könnten wir uns kurz unterhalten?«, bat ich. Rob trat zurück und winkte uns herein. »Mr. Thorne war erst vor zwei Tagen da, deshalb ist’s hier auch noch so sauber.«
    Maggie erklärte an mich gewandt: »Was bedeutet, dass es hier nichts von Interesse zu sehen gibt, ganz besonders keine Unordnung.«
    »Blitzsauber«, kommentierte ich.
    »Ja, ihr könntet vom Fußboden essen. Also dann, ich mach jetzt Kaffee. Wollen Sie auch einen?« Als ich nickte, fragte er: »Schwarz und so stark, dass der Löffel drin stecken bleibt?«
    »Ganz genau.«
    »Maggie, für dich einen Earl Grey?«
    Sie nickte. Wir folgten ihm durch das wirklich blitzblanke Wohnzimmer in die kleine Küche, die sich direkt daran anschloss.
    »Hübsch haben Sie’s hier«, lobte ich. »Und wer ist Mr. Thorne?«
    Rob wandte sich lächelnd zu mir um. »Mein Haushälter. Kommt zweimal pro Woche und sorgt dafür, dass es hier nicht wie in einem Saustall aussieht. Er war früher Lachsfischer. Hat in Alaska gelebt. Jetzt ist er im Ruhestand. Sagt immer, meine Wohnung wäre seine Petrischale.«
    Wir nahmen auf Barhockern an der Anrichte Platz, die die kleine Einbauküche von dem nicht viel größeren, rechteckigen Essbereich abschirmte, dessen zwei große Fenster den Blick aufs Meer freigaben.
    Schon kurz darauf erfüllte Kaffeeduft das Wohnzimmer. Ich sog ihn tief in mich ein. »Also, der Kaffee im >Edwardian< hat wie billiger, verwässerter Instant geschmeckt.«
    »War’s auch«, bemerkte Rob. »Mr. Pete liebt Instant, er brüht ihn mit lauwarmem Wasser auf, aber nur wenn Pierre Montrose, der Inhaber, nicht da ist. Würde mich nicht wundern, wenn er ihn mit dem Finger umrührt.« Er goss Kaffee in eine bauchige Tasse und schob sie zu mir rüber.
    Dann schüttete er heißes Wasser über einen Teebeutel. Er fügte ein Päckchen Süßstoff hinzu und stellte die Tasse vor Maggie.
    Wir tranken. Ich seufzte tief auf. »Das beste Ritual der Welt.«
    »Wieso ziehst du dir nicht rasch ein Hemd an, Rob?«, meldete sich Maggie mahnend zu Wort. »Mac und ich können einen Augenblick warten.«
    Doch Rob zuckte nur die atemberaubend austrainierten Schultern. »Nö. Muss mich erst noch duschen. Lasst uns reden. Ich zieh mich dann an, wenn ihr wieder weg seid.«
    Ich fühlte mich nicht nur wie ein Schöpflöffel kalten Haferbreis, ich kam mir sogar ausgesprochen jämmerlich vor. Dieser Kerl konnte mich wahrscheinlich mit einem Finger umstupsen und dann locker pfeifend davonmarschieren. Einfach deprimierend. Nun, wenigstens brachte der Kaffee ein wenig Leben in meinen schlaffen Kadaver und rief mir all meine kleinen und größeren Wehwehchen in Erinnerung. Ich hätte noch immer liebend gerne ein kleines Nickerchen gemacht, aber jetzt, als Rob Morrison mir gegenüberstand, lässig an den Kühlschrank gelehnt, die Kaffeetasse vor seinen perfekten Waschbrettbauch haltend, hatte ich nicht die Absicht, krumm dazusitzen oder gar zu gähnen.
    Na, wenigstens brauchte der Kerl einen Haushälter, um nicht wie ein Neandertaler im

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