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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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auch eine Folge der starken Medikamente hätte sein können, unter denen ich stand.«
    »Warum lassen Sie mich das nicht selbst beurteilen?«
    Ich wandte den Blick von ihr ab, konzentrierte mich auf meine Erinnerungen, auf jene Nacht. »Ich lag im Krankenhaus. Ich träumte, Jilly wäre in Schwierigkeiten. Irgendwie war ich dabei, als es geschah, als sie über diese Klippe raste.« Ich hätte mich am liebsten selbst ausgelacht, als ich das laut aussprach, stattdessen schüttelte ich den Kopf. »Sie halten mich jetzt sicher für irre, stimmt’s?«
    Sie starrte mich an. Dann sagte sie langsam: »Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Was haben Sie getan?«
    »Hab in der Früh dann gleich Paul angerufen und rausgefunden, dass tatsächlich alles so geschehen war wie in meinem Traum. Ich hab keine Ahnung, wieso ich auf diese Weise mit Jilly verbunden war, wirklich nicht.«
    »Unglaublich«, sagte sie.
    »Ich musste einfach herkommen.«
    »Sie hätten im Krankenhaus bleiben sollen.«
    »Ich hatte keine Wahl. Hab ohnehin noch zwei Tage länger gewartet. Die längsten zwei Tage meines Lebens.«
    Sie schwieg eine lange Zeit. Dann rieb sie sich über den Schenkel. Die Bügelfalten in ihrer Hose waren noch immer makellos. Die Hose sah so frisch aus, als hätte sie sie gerade erst angezogen.
    »Und Sie und Jilly waren noch nie auf diese Weise miteinander verbunden?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Es gibt jetzt nur noch uns vier Geschwister. Unsere Eltern sind schon seit einer Weile tot.
    Jilly ist drei Jahre älter als ich. Ich bin der Jüngste. Wir standen uns eigentlich gar nicht so nahe, beide waren wir in den letzten Jahren ziemlich beschäftigt, aber ich denke, das ist ganz normal. Und dann dieser verdammte Traum. Die Sache ist die, ich hab das deutliche Gefühl, dass irgendjemand oder irgendetwas Jilly dazu gebracht hat, über die Klippe zu rasen. Sie war allein in diesem Auto und doch wieder nicht.«
    »Das ergibt doch keinen Sinn.«
    »Ich weiß«, sagte ich. »Ich weiß. Jedenfalls noch nicht. Wollen Sie den Clou hören? Am Ende des Traums hörte ich einen Mann brüllen.« Ich holte tief Luft. »Er klang wie Rob Morrison. Hab seine Stimme vorhin wiedererkannt.«
    »Ach du liebe Güte.«
    »Für mich war das kein Selbstmordversuch, Maggie. Nicht, solange Jilly selbst es mir sagt.«
    Ich nippte an einem würzigen Pinot Noir aus dem Napa Valley, dem größten Weinanbaugebiet Nordkaliforniens.
    »Schmeckt dir der Wein?«, erkundigte sich Paul.
    »O ja, geradezu sündig gut«, sagte ich und schwenkte die tiefrote Flüssigkeit vorsichtig im Kristallglas herum, wobei ich beobachtete, wie der Wein samtig an den Glasrändern herablief. »Hab heute Rob Morrison kennen gelernt, den Mann, der Jilly das Leben gerettet hat.«
    »Ja«, erwiderte Paul. »Ich traf ihn, kurz nachdem Jilly und ich hierher gezogen waren; hat mir ’n Knöllchen für zu schnelles Fahren verpasst. Wie ich höre, hast du dich auch mit Maggie Sheffield unterhalten.«
    »Ja. Weiß noch nicht so recht, was ich von ihr halten soll. Aber sie schien mir ganz in Ordnung zu sein, nachdem sie mal ihr Misstrauen vor mir als dem großen FBI-Macker überwunden hatte.«
    Paul beugte sich mit zusammengepressten Händen vor. »Sei bloß auf der Hut vor ihr, Mac.«
    »Was meinst du damit?«
    Paul zuckte mit den Schultern. »Bitte halte mich nicht für zu hart oder für einen Frauenhasser. Also, ich sag’s besser frei heraus. Sie ist ein Miststück, die Sorte, die einem Mann am liebsten zwischen die Beine tritt.«
    »Also den Eindruck hatte ich überhaupt nicht.« Ich säbelte noch ein Stück von meinem dicken Lendensteak ab. Es schmeckte sogar noch besser, als die Riesenschüssel Salat im »Edwardian«. »Sie will rauskriegen, wieso Jilly über die Klippen gerast ist. Dafür bin ich ihr aufrichtig dankbar. Das solltest du auch. Was hat sie dir getan? Hat sie dir ein Knöllchen verpasst wie Rob Morrison?«
    »Nein, das nicht. Sie will mir Jillys Unfall in die Schuhe schieben. Hat mich nie gemocht, findet, dass ich nicht gut genug für Jilly bin. Das hasse ich.«
    Nun war es an mir, mit der Schulter zu zucken. »Sie hat kein Wort von dir gesagt, Paul. Sie wartete in ihrem Wagen auf dich, als ich bei deinem Haus ankam. Sie wollte mit dir reden.«
    »Ich würde sie feuern lassen, wenn ich Geraldine nur dazu überreden könnte. Diese Frau ist eine Bedrohung. Sie ist ’ne Männerhasserin, macht ihnen nichts als Scherereien. Hast du die blöde Knarre gesehen, die sie am

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