Wo niemand dich sieht
verbergen, und Sie sind ihr schon viel zu nahe gekommen, Agent MacDougal.« Ich hörte das schrille Läuten eines Handys. Er entschuldigte sich und trat ans Fenster. Dann holte er ein kleines Handy aus seiner Jackentasche und sprach leise in den Hörer.
Ich konnte nicht einfach so herumliegen wie ein nasser Sack, wie vor gut zwei Wochen im Bethesda. Langsam schwang ich die Beine über den Bettrand. Man hatte mir keinen Faden am Leib gelassen. Na, wenigstens hatten sie mich nicht in eins dieser grässlichen Flügelhemden gezwängt. Ich blickte mich nach etwas um, in das ich mich wickeln konnte.
Detective Castanga sagte hinter mir: »Miss Scott wird bald aufwachen. Ach ja, meine Leute von der Spurensicherung haben die ganze Wohnung abgesucht. Sie haben ein Fläschchen Phenobarbital im Medizinschränkchen des zweiten Badezimmers gefunden. Es war nicht mehr viel drin. Das Medikament war auf einen gewissen George Grafton ausgestellt und ist schon vor mindestens einem Jahr abgelaufen.«
George Grafton musste ihr Onkel George sein, der ihr die Wohnung vererbt hatte. Aber wie war das Schlafmittel in den Kaffee gekommen?
Laut sagte ich: »Laura ist nicht blöd. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr glaube ich, dass jemand anderer dahinter steckt. Und wer immer das war, wollte, dass Laura stirbt, genau wie Sie sagen.«
Ich erhob mich langsam, während ich das von mir gab. Dabei schlang ich mir das dünne Krankenhauslaken samt Decke um die Hüften.
»Hat Miss Scott heute sonst noch jemanden erwartet?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Ich werde mit Laura Scott sprechen, Agent MacDougal, aber zuerst möchte ich, dass Sie mir alles erzählen, damit ich nicht wieder ganz von vorne anfangen muss.«
Ich erzählte ihm alles, was ich gehört, alles, was ich verifiziert hatte, und ich merkte, dass das erbärmlich wenig war. Für einen Mordanschlag hatte ich geradezu beklagenswert wenig Greifbares zu bieten. »Im Grunde genommen ist das, was gerade passiert ist, das einzige nachweisbare Verbrechen.«
Detective Castanga notierte eifrig mit, stellte zwischendurch die eine oder andere Frage, doch hauptsächlich hörte er mir nur zu. Er war voll konzentriert. Ein guter Mann. Als er gerade seinen Notizblock wegsteckte, hörte ich einen scharfen Atemzug von der Tür her.
Ich blickte auf und entdeckte Maggie Sheffield, wieder in ihrer Sheriffuniform, im Türrahmen stehen. Aber sie schaute nicht mich an. Sie starrte Detective Minton Castanga an.
»Hallo, Margaret«, grüßte Detective Castanga und trat einen Schritt auf sie zu. Er blieb jedoch abrupt stehen, als er den Ausdruck hasserfüllten Abscheus auf ihrem Gesicht sah, den nicht einmal ich übersehen konnte. »Ich fragte mich schon, ob ich dich hier treffen würde.«
»Was hast du denn gedacht? Schließlich bin ich hier der verdammte Sheriff. Wo sollte ich sonst sein? Die Frage ist doch, was hast du hier zu suchen?«
»Wir haben Laura Scott bewusstlos in ihrem Wohnzimmer aufgefunden, ebenfalls mit einer Überdosis Phenobarbital, so wie Agent MacDougal hier. Du siehst gut aus, Margaret.«
»Ja. Und du auch, Mint.«
Mint? Margaret? Was lief da? »Ihr beiden kennt euch?«
Jetzt wandte sich Maggie Sheffield zum ersten Mal mir zu, der ich mit der Decke um die Hüften neben dem Bett stand. »Hi, Mac. Beeindruckende Kriegsverletzungen haben Sie da. Schon wieder auf den Beinen?«
»Ja, bis jetzt halten sie jedenfalls.«
Detective Minton Castanga beantwortete schließlich meine Frage. Mit einem langen, kühlen Blick auf Maggie verriet er: »Margaret war mal meine Frau, Agent MacDougal.«
13
Laura lag auf Zimmer 511 des Salem General Hospitals. Ich stand schweigend an ihrem Bett und beobachtete sie. Ihre Atemzüge waren tief und langsam. Sie hatte noch die Sauerstoffschläuche in der Nase und einen Schlauch im Arm. Sie war am Leben und würde wieder werden, so wie ich. Überrascht stellte ich fest, dass ich noch nie im Leben dankbarer gewesen war als in diesem Moment. Außer, als Jilly aus dem Koma erwacht war. Ihr Haar lag in seiner gesamten seidigen Pracht auf dem schäbigen Krankenhauskissen. Man hatte es ihr ein wenig zurückgestrichen. Anders als mir hatte man ihr eins von diesen scheußlichen Flügelhemden angezogen und sie bis zur Schulter zugedeckt.
Ich beugte mich zu ihr hinunter, legte ihr sanft die Hand an die Wange und murmelte: »Laura, ich werde dir sagen, was man mir die ganze Zeit gesagt hat, als ich hilflos wie ein Käfer auf dem Rücken lag. Zeit zum
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