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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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wäre Ihnen wirklich dankbar, wenn Sie die Sache vorläufig mir überließen. Kein Grund, die Kavallerie zu schicken.«
    Er grunzte ungnädig. Dann, nachdem er, wie ich wusste, seine kalte Zigarre fast durchgekaut hatte, brummte er: »Wir bleiben in Verbindung, haben Sie verstanden?«
    »Jawohl Sir, vollkommen.«
    Ich war so dankbar, dass ich sofort einschlief, samt Sauerstoffschläuchen im Rüssel und Tropf am Arm.
    Als ich aufwachte, stand erneut ein mir unbekannter Mann an meinem Bett. Er beobachtete mich nachdenklich und strich sich dabei mit den langen Fingern übers glatt rasierte Kinn. Er hatte helles Haar, eine schmale Nase und eine etwas eigensinnige Miene. Er war richtig adrett, von seinem tadellosen weißen Hemd bis zu seinen spiegelblanken italienischen Halbschuhen. Ich schätzte ihn auf ungefähr vierzig, eher hager, wahrscheinlich joggte er viel, mit klugen, dunklen Augen, die mehr als andere gesehen zu haben schienen. Er sah überhaupt nicht aus wie ein Arzt.
    Als er merkte, dass ich wieder unter den Lebenden weilte, sagte er in der ruhigen, gedehnten Sprechweise der Südstaatler: »Ich bin Detective Minton Castanga vom Salem Police Department. Wenn ich richtig verstanden habe, ist Ihr Name Ford MacDougal, und Sie sind ein FBI-Agent, der hier ist, um seine nun vermisste Schwester zu suchen.«
    »Haargenau.«
    »Aber noch längst nicht alles. Sie liegen hier, weil man Ihnen Phenobarbital in den Kaffee getan hat.«
    »Das war Laura Scott«, unterbrach ich ihn sofort. »Haben Sie sie gefunden?«
    »O ja, ich war schon zehn Minuten nach Dr. Coates’ Anruf in ihrer Wohnung. Leider konnte sie uns nichts sagen.«
    »Sie ist ganz schön gerissen. Hätte nicht geglaubt, dass Sie sie überhaupt finden würden.«
    »Sie verstehen nicht, Agent MacDougal. Laura Scott lag bewusstlos auf dem Fußboden in ihrem Wohnzimmer. Eine riesige getigerte Katze hockte auf ihrem Rücken, und nicht weit von ihrem Kopf saß ein Mynah auf einer Sessellehne, der laut kreischte.«
    Ich konnte es nicht fassen. »Nein«, stieß ich panisch hervor und stützte mich hoch. »Sie ist nicht tot. Sie kann nicht tot sein! Oder?«
    Er musterte mich mit zur Seite geneigtem Kopf, und ich konnte die Rädchen in seinem Gehirn förmlich schnurren hören. »Nein, sie ist nicht tot. Sie liegt im Salem General Community Hospital. Man kümmert sich um sie, pumpt ihr den Magen aus, na ja, all das, was Sie auch schon durchgemacht haben, Sie wissen ja. Aber die Ärzte sagen, dass sie’s schaffen wird. Also, Agent MacDougal, sie hat Ihnen einen Kaffee gegeben, Sie haben ihn getrunken, und sie hat auch eine Tasse getrunken, vor Ihren Augen?«
    »Ja«, sagte ich, mich erinnernd. »Aber nur ungefähr eine halbe Tasse, zumindest in der Zeit, in der ich da war. Ich hatte mehr von dem Schlafmittel intus als sie. Ich hab zwei Tassen getrunken.«
    »War sonst noch jemand in der Wohnung? Oder nur Sie beide?«
    »Ich hab sonst niemanden gesehen. Bloß ich, der Vogel, der Kater und Laura.«
    »Demnach gibt es zwei Möglichkeiten«, sagte er lächelnd. Es war ein sehr ironisches, aber auch verständiges Lächeln. »Jemand wollte Sie beide umbringen, was aber nur hinkommt, wenn dieser Person bekannt war, dass Sie Miss Scott besuchen wollten.«
    »Hab keinem Menschen gesagt, dass ich zu ihr hinfahren wollte.«
    »Also gut. Dann scheint es, als wären Sie nur ein Versehen gewesen und der Anschlag galt in Wirklichkeit Miss Scott.«
    »Aber wer sollte Laura umbringen wollen?« Allein die Worte auszusprechen machte mich verrückt vor Sorge und Schuldgefühlen. Weil ich ihr die Sache in die Schuhe geschoben hatte.
    »Das wissen wir noch nicht. Wir müssen abwarten und später mit ihr reden. Sie glauben also nicht, dass sie versucht hat, Sie umzubringen und selbst auch ein wenig getrunken hat, um den Verdacht von sich abzulenken?«
    »Nein«, sagte ich bestimmt. »Absolut ausgeschlossen. Jetzt, da mein Verstand wieder funktioniert, wird mir klar, dass sie überhaupt keinen Grund hatte, mich umzubringen. Soweit ich weiß, hat sie überhaupt nichts getan. Verstehen Sie mich nicht falsch, Detective. Hier läuft was, ich hab nur noch nicht rausgefunden, was es ist. Es geht vor allem um meine Schwester. Wieso ist sie über eine Klippe ins Meer gerast und jetzt plötzlich verschwunden? Ich weiß, dass sie glaubt, Laura hätte sie betrogen. Oder war das eine Lüge? Egal, wie ich’s drehe und wende, Laura hätte nie versucht mich umzubringen.«
    »Vielleicht hat sie ja was zu

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