Wo nur die Liebe Zählt: Die Creeds (German Edition)
Stevens Mutter sein Geld nicht brauchte.“
Das ist es, dachte Tricia. Diese stille Rechtschaffenheit, diese Zuverlässigkeit, die sie vor wenigen Minuten an Conner entdeckt hatte. Wahrscheinlich hatte er diesen Charakterzug nicht von seinem Dad geerbt, denn gestern erst hatte Natty Blue Creed als „Herumtreiber“ bezeichnet und gesagt, dass Brody nach ihm käme, Conner hingegen nicht.
In seinem Fall war es demnach wohl eine Frage der Erziehung und nicht der Gene. Conner war, wie er war, weil er zwar beide Eltern verloren, aber von Menschen, die ihn liebten, großgezogen worden war. Davis und Kim Creed hatten für ihren Neffen nur das Beste gewollt.
Was Brodys wilde Ader betraf, war sie sich nicht so sicher.Vielleicht war es in seinem Fall andersherum gewesen, und die Gene hatten die Oberhand gewonnen. Ganz schön kompliziert, dachte Tricia.
Eine Weile ritten sie kameradschaftlich schweigend nebeneinander her, bis die anderen schließlich an einem ruhigen Flussarm Rast machten. Sie stiegen ab, streckten ihre Glieder und ließen die Pferde trinken.
Selbst aus der Entfernung konnte Tricia sehen, dass Sasha viel Spaß hatte – vielleicht sogar mehr Spaß als je zuvor in Lonesome Bend. Und immerhin war die Hälfte ihres Besuchs bereits vorüber.
Anscheinend konnte Conner ihre Gefühle von ihrem Gesicht ablesen, denn er sagte leise: „Das kleine Mädchen bedeutet dir wohl sehr viel.“
„Ja“, gestand Tricia, nachdem sie einmal heftig geschluckt hatte. „Sashas Mutter Diana und ich sind sehr eng befreundet.“ Sie seufzte und fügte dann fast unfreiwillig hinzu: „Ohne die beiden wird Seattle nicht mehr sein wie vorher.“ Eine kurze Pause entstand. „Sie ziehen nach Frankreich, weil Paul dort einen Job bekommen hat. Paul ist Sashas Dad.“
Conner dachte einen Moment nach und nickte dann. „Dein Plan ist also zurückzugehen?“, fragte er. „Nach Seattle?“ Seine Stimme klang ruhig, und falls ihn die Antwort wirklich interessierte, so zeigte er es nicht.
„Sollte es mir jemals gelingen, das Autokino und River’s Bend zu verkaufen, gehe ich auf jeden Fall zurück. Ich lebe sehr gern dort“, antwortete Tricia ehrlich.
„Warum?“, fragte Conner.
Die Direktheit und Einfachheit der Frage überrumpelten sie. „Ich schätze, im tiefsten Innern bin ich ein Stadtmensch. Und Seattle ist eine tolle Stadt.“
„Wie man hört, regnet es dort oft.“ Seine Stimme klang unverbindlich und ein wenig tonlos.
„Gar nicht so oft, wie man immer denkt. Bei gutem Wetter ist Seattle einfach unglaublich schön. So grün, und gleichzeitig sieht man das ganze Jahr über den Schnee auf den Olympic Mountains. Die Meeresfrüchte sind hervorragend, und auf dem Pike Place Market kann man die schönsten frischen Blumen kaufen …“
Dazu sagte Conner nichts.
Tricia betrachtete ihn aus dem Augenwinkel, bevor sie weitersprach. Sie gehörte nicht zu den Frauen, die Schweigen nicht aushielten, doch aus irgendeinem Grund machte es sie heute nervös. „Ich schätze, es ist eine Frage des Blickwinkels“, sagte sie zögernd, während sie sich kurz in den Steigbügeln aufstellte, weil ihre Schenkel schmerzten.
Nach diesem Ausritt würde sie vermutlich o-beinig durch die Gegend laufen.
„Wahrscheinlich. Ich jedenfalls kann mir nicht vorstellen, irgendwo anders als hier zu leben.“
Inzwischen hatten auch sie fast den Flussarm erreicht. Von hier aus konnte man den Campingplatz auf der anderen Seite sehen und dahinter einen kleinen Teil der alten Leinwand vom Bluebird Autokino.
Diana warf ihr immer wieder vor, dass sie nicht wüsste, wie man Schadensbegrenzung betrieb, und darum weglief – wobei sie sich damit meistens auf Hunter bezog. Aber auch in diesem Fall war es offenbar so. Sie sollte den Mund halten, aber die Worte strömten einfach so aus ihr heraus. „Hast du wirklich niemals auch nur daran gedacht, woanders zu leben als in Lonesome Bend?“
„Ich bin in Denver aufs College gegangen.“ Conner zog den Hut tiefer in die Augen. „Aber ich konnte es kaum erwarten, den Abschluss zu machen und hierher zurückzukehren.“
Zu Joleen, dachte Tricia und wunderte sich über den Schmerz, der plötzlich in ihr Herz fuhr.
„Und Brody?“
Conner betrachtete sie von der Seite. „Was ist mit ihm?“ Seine Stimme klang jetzt angespannt. Der Conner, der ihr von seiner Mutter, der hochschwangeren Wettkampfreiterin erzählt hatte, war verschwunden.
Tricia schloss für einen Moment die Augen, bemerkte, wie fest sie die
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