Wo Schneeflocken glitzern (German Edition)
anderes übrig bleibt.«
Und tatsächlich kam Ivan kurz darauf mit einem kleinen Hornbecher heraus, den er der Prinzessin reichte. Sie schaute hinein, lachte und trank ihn aus.
Ivan nahm ihr den Becher aus der Hand und kniete sich vor Delphine nieder. »Du musst deine Schlittschuhe fester zuschnüren«, sagte er, streifte seine äußeren Handschuhe ab und band die Schlittschuhe neu zu. Als er damit fertig war, streckte Delphine ihre Füße aus und fuhr damit vor und zurück. »Ich hab mein Handy nicht dabei«, frotzelte sie. »Jetzt kann ich meine Füße nicht filmen.«
»Gehen Sie auch eislaufen?«, fragte Sophie, als Ivan sich vor ihr hinkniete, um ihre Schlittschuhe zu inspizieren. Sie würde sich hoffnungslos blamieren, das wusste sie jetzt schon, aber wenn Ivan dabei war, der in jeder Lebenslage eine unerschütterliche Ruhe ausstrahlte, war alles nur halb so schlimm.
»Hab keine Angst, kleine Sophie.« Ivan schenkte ihr ein warmes Lächeln und um seine Augen bildete sich ein Kranz aus winzigen Lachfältchen. »Solange ich auf dem Eis bin, kann dir nichts passieren.«
Sophie spürte, wie seine starken Hände die Schnürsenkel zuzogen und dann das Stiefelleder an ihrem Knöchel kneteten. »Die passen dir wie angegossen«, stellte er überrascht fest. »Deine Füße müssen sehr klein und schmal sein.«
»Ich hatte gestern silberne Pantoffeln an«, sagte Sophie. »Die haben auch gepasst.« Dann merkte sie, dass die Prinzessin sie beobachtete und irgendwie verärgert aussah. Vielleicht dachte sie, dass Sophie sich wichtigmachen wollte? Aber warum sollte sie böse sein, nur weil Sophie dieselbe Schuhgröße wie die letzte Volkonski-Prinzessin hatte?
»Warum dauert das denn so lange?«, fauchte die Prinzessin gereizt, während sie aufstand und ein paar schnelle, geübte Schritte zum Ufer des vereisten Teichs hinunter machte. Mit kräftigen, ausladenden Bewegungen glitt sie vom Rand weg und lief immer schneller. Lachend wandte sie ihr Gesicht im leichten Schneegestöber empor und schoss über das Eis, als sei sie ein Vogel, der zu lange im Käfig eingesperrt gewesen war.
Sophie atmete tief die kalte Waldluft ein. Pfefferminz und Diamanten, dachte sie, und im selben Moment entdeckte sie eine Gestalt zwischen den Bäumen, die leicht ins Rutschen kam, als der Schnee unter ihren Füßen nachgab. Aber es war nicht die verhüllte Gestalt mit den Schneeflocken im Haar aus ihren Träumen. Es war Dimitri mit einem Jagdbeutel über der Brust und zwei toten Hasen, die an Drähten über seinem Rücken hingen.
Der Junge drehte sich um, als hätte er ihre Gedanken gelesen, und schaute sie an. Er fühlte sich im Wald sichtlich zu Hause, ja, er wirkte beinahe glücklich. Aber das Bild von der niedersausenden Axt, mit der er das blutige Fleisch zerhackt hatte, ließ Sophie erschauern und wegschauen. Als sie wieder hinsah, hatte der Junge sich umgedreht und ging davon.
Ivan stapfte in seinen schweren schwarzen Stiefeln auf den See hinaus, die gerippten Stiefelsohlen verhinderten offensichtlich, dass er ins Rutschen kam. Ein paar Schritte vom Ufer entfernt baute er sich vor ihnen auf. »Marianne!«, rief er und klatschte in die Hände, die in unförmige Kaninchenfellhandschuhe gehüllt waren.
Marianne stand wacklig im Schnee am Teichrand. »Kleine Schrittchen!«, rief Ivan. »Wie ein Baby! Komm auf mich zu … und immer nach oben schauen! Hab keine Angst! Du wirst nicht hinfallen.«
Und die ganze Zeit, während Ivan Marianne auf den See hinauslockte, war die Luft von dem Scharren erfüllt, das die Prinzessin beim Herumsausen machte, wenn sie sich vorbeugte, um Fahrt aufzunehmen, und sich dann wieder aufrichtete und die Richtung wechselte.
»Mann, fährt die gut!«, flüsterte Delphine Sophie zu. »Ich dachte, ich kann eislaufen, aber mit ihr kann ich nicht mithalten.«
»Siehst du? Ich halte meine Arme für dich auf!«, rief Ivan zu Marianne hinüber, die immer noch sehr ängstlich aussah, aber tapfer zwei weitere Babyschritte machte.
Die Prinzessin hatte die Szene beobachtet und lachte. Jetzt raste sie übermütig auf die Mädchen zu. Marianne merkte es nicht, weil sie die ganze Zeit um ihr Gleichgewicht kämpfte. Ihr Blick war starr auf Ivans gutmütiges, lächelndes Gesicht geheftet, und als sie gerade nach seinen rettenden Händen greifen wollte, sauste die Prinzessin dazwischen.
Marianne schrie auf und kippte fast hintenüber, aber zum Glück fing Ivan sie gerade noch auf und zog sie wieder hoch. Beruhigend legte er
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