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Wo Schneeflocken glitzern (German Edition)

Wo Schneeflocken glitzern (German Edition)

Titel: Wo Schneeflocken glitzern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathryn Constable
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Ivanovitschs Tochter?« Sophie lächelte.
    »Ich nicht von ihm!«, wehrte das Mädchen ab und schüttelte energisch den Kopf.
    »Oh, tut mir leid«, sagte Sophie schnell. »Ich wollte dich nicht kränken.«
    Das Mädchen schnaubte. »Ich diene Volkonskis.« Ihre Augen blitzten.
    »Kennst du den Jungen? Der Junge, der sich um die Pferde kümmert … der uns im vozok abgeholt hat …«
    »Dimitri!« Das Mädchen lächelte erfreut. »Er mein Bruder. Er dich sehen, mit dir reden.« Sie sagte das, als sei es etwas Unglaubliches, noch nie Dagewesenes. »Er uns gesagt, dass ihr angekommen seid.«
    »Und ihr arbeitet beide für die Prinzessin?«, fragte Sophie.
    Das Mädchen zuckte die Schultern. »Prinzessin?« Sie schnaubte verächtlich und sagte plötzlich in perfektem Englisch: »Wir leben zu nah am Wald, um uns von Eulen erschrecken zu lassen.« So, als zitierte sie ein Sprichwort.
    Sophie nippte wieder an ihrem Tee, um sich ihre Bestürzung über die Worte des Mädchens nicht anmerken zu lassen. Ein schrecklicher Gedanke stieg in ihr auf. Das Mädchen war kein böser Geist, okay, aber vielleicht war sie verrückt? Und wie war sie überhaupt ins Zimmer hereingekommen? Sophie schaute sie über den Rand ihres Glases an. Das Mädchen zupfte an dem Pelz herum, der Sophie als Decke diente.
    »Du niemand sagst, dass du mich gesehen hast? Ich darf nicht in Oberpalast.«
    »Oberpalast?«
    »Ich lebe in Unterpalast.« Mascha wich vom Bett zurück. »Und ich viel wichtige Arbeit tun muss.«
    »Vorsicht!«, rief Sophie, als Mascha fast gegen die Wand lief. Das Mädchen streckte ihre Hand aus und drückte einen Knopf oder etwas in der Art, und im nächsten Moment glitt eine Wandtäfelung auf und gab einen dunklen Gang frei. Muffige Kellerluft drang aus unsichtbaren Tiefen herauf.
    Mascha stand abwartend da, dann winkte sie Sophie zu sich her. »Du kommst?«, sagte sie lächelnd.
    Sophie warf einen Blick auf die schlafenden Gestalten ihrer beiden Freundinnen. Marianne hatte sich zu einer Kugel eingerollt, und Delphine lag auf dem Rücken, die Haare über dem Kissen ausgebreitet. Die Vorstellung, ganz allein mit zwei schlafenden Mädchen in diesem Zimmer bleiben zu müssen, war ihr plötzlich unerträglich. Entschlossen stieß sie die schweren Steppdecken und das Bärenfell zurück, schwang die Beine aus dem Bett und sprang auf den Boden. Der silberne Mantel lag auf dem Stuhl neben ihr. Sie warf ihn um ihre Schultern, lief quer durchs Zimmer zu den Rechtecken aus Mondlicht, und bevor sie es sich wieder anders überlegen konnte, packte Mascha ihre Hand und zog sie durch die Wand in den dunklen Gang hinein.
    Sie liefen eine enge Treppe hinunter. Mascha gab keinen Laut von sich in ihren weichen Filzpantoffeln. Flackernde Lichtpünktchen erhellten den Weg. Aber diese Mascha hatte vielleicht ein Tempo drauf! Sophie konnte ihr kaum folgen und musste den Kopf gesenkt halten und ihre Ellbogen fest an den Körper pressen, um in dem engen Gang voranzukommen. Allmählich bekam sie Seitenstechen.
    »Ich kann nicht mehr!«, stieß sie hervor. »Ich muss wieder umkehren!«
    »Keine Zeit!« Mascha zerrte Sophie am Arm, und Sophie staunte, wie stark das Mädchen war. »Wenn du hast Angst, mach Augen zu. Ich sehe für zwei!«
    »Aber kannst du nicht langsamer gehen?«, bettelte Sophie, die kaum noch Luft bekam.
    » Njet … njet! «, kam es aus der stickigen Dunkelheit. »Du nie langsam gehen in Unterpalast. Immer rennen. Schneller, schneller!«
    Nach dem verfallenen Prunk des »Oberpalasts« war der Dienstbotentrakt jenseits der Paradezimmer überraschend gut in Schuss, wenn auch bescheiden und schmucklos. Selbst bei dem Tempo, das sie die ganze Zeit vorlegten, konnte Sophie sehen, wie sorgfältig der dunkel glänzende Boden und die schmiedeeisernen Wandhalter gepflegt waren, in denen kleine Fackeln flackerten. Keine einzige Spinnwebe, kein einziger Staubfleck waren zu sehen.
    Die Gänge kreuzten sich, zweigten in verschiedene Richtungen ab. Unablässig ging es treppauf, treppab, und immer wieder wechselten die Ebenen, wenn Sophie am wenigsten darauf gefasst war.
    »Bitte, Mascha, halt an!«, keuchte sie schließlich. »Mir ist schon ganz schwindlig …«
    Mascha schlitterte zu einer Tür, die mit grünem Filz verkleidet war. Dort blieb sie stehen und drehte sich zu Sophie um, einen unerwartet ängstlichen Ausdruck in den Augen. Plötzlich schoss ihre Hand vor, und sie strich Sophie das Haar aus der Stirn, dann spuckte sie in die Hand und

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