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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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Vereinzelung … ein Gemetzel menschlichen Fleisches, den wilden Tieren des Dschungels überlassen. Es sah aus, so dachte Nelson, als hätte es Blut geregnet, Blut, Steaks und Innereien.
    Schon kamen, von der Explosion geweckt, die Rabengeier angeflattert und machten sich über den gedeckten Tisch her; sie klapperten mit den Schnäbeln über den dargebotenen Leibern, pickten die Augäpfel heraus, zankten schrill kreischend um die leckersten Gerippe. Nicht weiter überrascht sah Nelson zahlreiche Gestalten – manche mit Taschenlampen ausgestattet –, die sich schon auf dem Schlachtfeld zu schaffen machten: Ohne Mitleid mit denen, die der Tod von allem Elend erlöst hatte, durchstöberten die armen Bergbewohner die Trümmer sorgfältig und nahmen ungerührt an sich, was irgend von Wert war, Geld, Trauringe, Schmuck, aber auch blutbefleckte Kleidungsstücke, einzelne Schuhe und sogar Bruchstücke des Flugzeugrumpfs, von denen niemand hätte sagen können, wozu sie noch dienen mochten.
    Die Aussicht, auf ein wohlgefülltes Portemonnaie zu stoßen, hatte auch Nelson kurz verlockt, aber es kam für ihn nicht in Frage, sich den Leichenfledderern anzuschließen. Er robbte durch die Trümmer weiter und hielt nach Onkel Zé Ausschau. Der Boden war von Übelkeit erregenden Flüssigkeiten unklaren Ursprungs getränkt. Er kam um ein Gestrüpp herum und stieß buchstäblich mit der Nase auf den Rumpf eines Polizisten; dieser geköpfte Bulle war paradoxerweise immer noch mit Patronengürtel und Pistole versehen.
    »Ja, so gefällst du mir!«, zischte Nelson zwischen den Zähnen. »Jetzt bist du gefickt, du Hurensohn!«
    Wie als himmlische Antwort auf diese Blasphemie fühlte er sich von zwei kräftigen Händen an den Schultern gepackt und drehte sich schreiend um …
    »Was machst du denn hier, um Himmels willen?! Was machst du?!«, donnerte Onkel Zé entsetzt. »Ist dir klar, wie du aussiehst? Ich … ich … ich hab dich für einen Überlebenden gehalten!«
    »Ich bin dir nach«, stammelte Nelson, ebenfalls immer noch zitternd.
    »Das sehe ich. Ich hatte doch gesagt, wartet!«
    »Gibt es Verletzte?«
    Betrübt schüttelte Onkel Zé den Kopf.
    »Wohl nicht nach so einem Aufprall. Die sind alle tot. Aber ich suche weiter, bis Hilfe kommt. Und du gehst sofort wieder nach Hause, verstanden? Ich komme nach, sobald ich kann.«
    Nelson verharrte noch ein paar Minuten neben dem Leichnam, selbst erstaunt über den perfekten Plan, der eben in seinem Kopf gekeimt war. Genau so musste es gehen, nicht anders. Es konnte gar nicht anders gehen …
    Wieder im Haus, zog Nelson, während die von seinem Anblick entsetzte Firmina sofort Waschwasser aufsetzte, die geladene Pistole unter seinem T-Shirt hervor und verstaute sie rasch in seiner Umhängetasche.
    Etwas später, in dem Badezuber, in dem Dona Firmina ihn abschrubbte, allerlei Gebete für die Verunglückten murmelnd, bekam er plötzlich zu seiner Verblüffung eine Erektion: Das erste Mal seit dem Tod seines Vaters, dass er einen Steifen hatte.

11 . Kapitel
    In welchem die Geschichte in der Villa Palagonia ad maiorem Dei gloriam zum Abschluss kommt.
    T ut das, & Ihr seid verloren«, entgegnete mir dies neue Weib des Potiphar. »Ich werde sagen, Ihr wolltet mir Gewalt antun, & Ich schwöre Euch, Ihr werdet das ganze Gewicht des Zorns meines Gatten erleben.«
    Ratlos stand ich da, denn mir war klar, wie sehr sie recht hatte. Kurz hätte ich beinahe dennoch geläutet, denn ich zog Skandal und Schmach, ja den Tod dieser unwürdigen Versuchung vor;
in extremis
jedoch entsann ich mich des Kircher gemachten Versprechens, kniete nieder, das Gesicht zur Wand, und erflehte Gottes Hilfe.
    Ich spürte, wie die Fürstin sich mir nahte & mich zärtlich umarmte.
    »Stellt Euch nun doch nicht so an; Ihr habt Eure endgültigen Gelübde noch nicht abgelegt, & es ist keine Sünde, einem Zwange nachzugeben …«
    Mit diesen Worten warf sie mich auf den Teppich. Der Blick verschwamm mir, mein überwältigtes Herz machte in mir jeden Versuch eines Widerstands zunichte, & den Namen Jesu unausgesetzt wiederholend wie ein Narr, presste ich meinen Leib an ihren.
    Noch heute steigt mir bei der Erinnerung an diese Ausschweifungen das Blut ins Gesicht; doch will ich den Kelch gern bis zur Neige leeren & jene Sünde, die ich durch mein Verhalten in späterer Zeit getilgt zu haben nicht sicher sein kann, ganz und gar bekennen. Denn nicht genug, dass ich mich der Unzucht mit der Fürstin hingab, ich

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