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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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war.
     
    »Treten Sie doch ein«, sagte Gräfin Carlotta, nachdem der Doktor sie beide der Dame des Hauses vorgestellt hatte. »Und folgen Sie mir bitte, wir versuchen, José zu finden, und danach haben Sie Ihre Ruhe.«
    Sie nahm Euclides beim Arm und schob sich resolut zwischen die Grüppchen, die sich bis zur Treppe hin drängelten.
    … 6 – 4 , 6 – 0 ! Er hatte keine Chance. Und ich hatte ganz unverhofft das Viertelfinale des Turniers erreicht. Zugegeben, das hatte ich nicht gedacht … Du hättest mal sehen sollen, wie der geschaut hat! Sich von einem Veteranen wie mir schlagen lassen, er wusste gar nicht, wie ihm geschieht …
    Seidenrobenrascheln, kreisende Zigarren, langsam-widerwilliges Zurückweichen, um sie durchzulassen.
    … Carlotta, Liebste, deine Langusten sind einfach himm-lisch! Du musst mir unbedingt verraten, wo du sie herhast, die Adresse ist Gold wert!
    … ich hab ihn sofort erkannt, stell dir bloß mal vor: ein Vasco Prada, mitten zwischen den ganzen Schinken! Und der Dummbeutel wusste nicht mal, was er da Tolles hat … Ich hab mir sogar den Luxus geleistet zu feilschen! Klar, ein Meisterwerk ist es nicht, aber dafür ein Erstdruck, und er hat so ein gewisses …
    … er ist ein Lump, man muss es sagen, wie es ist. Ja, stimmt, ich rege mich auf, aber ich kann Lügen nun mal nicht ertragen! Ein Wort ist ein Wort, darauf bestehe ich einfach …
    Nackte Frauenarme, tadellose Hemdenkrägen, aus denen die schwitzenden Hälse sich befreien wollten, Hitzeseufzer, schimmernde Haut, plötzliches Übermaß von Guerlain oder Dior aus bläulich rasierten Achselhöhlen. Mit feierlichem Ernst stolzierten schwarze Butler in weißer Uniform, Heilige Könige, erpicht darauf, den Göttern ihre Opfer an Kristall und Lachscanapés darzubringen.
    »Ah, da ist er ja!« Carlotta strebte auf den großen Wandspiegel zu, vor dem ihr Mann paradierte, das Champagnerglas in der einen Hand, die andere jovial auf der Schulter eines hageren Greises, mit dem er leise sprach. Carlotta unterbrach ihn: »José, bitte …«
    Verärgert über die Störung, drehte der Gouverneur den Kopf zu ihr, doch als er Loredana sah, strahlte er:
    »Guten Abend, Doktor, wie geht es Ihnen? Wie nett, dass Sie vorbeischauen …«
    »Gut geht es mir, danke. Lassen Sie sich nicht stören, ich wollte Ihnen nur meine Freunde vorstellen, von denen ich erzählt habe: Loredana Rizzuto, eine Italienerin, die sich gerade in unserer Gegend aufhält …«
    »Es ist mir ein Vergnügen …« Der Gouverneur neigte sich über Loredanas Hand.
    »Und Eléazard von Wogau, Korrespondent der Agentur Reuters …«
    »Ich bin entzückt, Sie kennenzulernen. Ich habe schon so viel von Ihnen gehört!«
    »Nur Gutes, will ich hoffen«, sagte Eléazard und gab ihm die Hand.
    »Keine Sorge, unser Euclides ist ein unvergleichlicher Arzt, aber auch ein hervorragender Advokat. Abgesehen davon lese ich regelmäßig Ihre Artikel, und falls nötig, würden die genügen, um mich für Sie einzunehmen …«
    »Tatsächlich?« Eine gewisse Ironie ließ Eléazard mitschwingen, er konnte einfach nicht anders.
    Seit einem Jahr war kein einziger von seinen Berichten gedruckt worden; dieser Mann war entweder ein Heuchler oder ein Dummkopf, wahrscheinlich beides.
    »Nun, jedes Mal, wenn mir einer in die Finger kommt. Meine Pflichten lassen mir leider nur wenig Zeit für gute Lektüre. Doch wenn Sie erlauben« – und mit dem Kinn wies er auf den Greis, der mit schlecht verhohlener Ungeduld hinter seinem Rücken wartete –, »reden wir nachher weiter. Zeige unseren Gästen das Buffet, Liebling, bei der Hitze haben sie sicher Durst …«
    Und da gerade einer der Diener vorbeikam, nahm er einen Champagnerkelch von dessen Tablett und reichte ihn Loredana:
    »Bis nachher«, sagte er, einzig und allein zu ihr, mit einem Lächeln, das ihr unbehaglich war.
    Das Lächeln, dachte Loredana, eines Mannes, der ein Vermögen für seinen Zahnarzt ausgibt.
    »Das war Alvarez Neto, der Industrieminister«, flüsterte Euclides Eléazard ins Ohr, während sie weitergingen.
    »So ein altes Möbel! Wie haben Sie den bloß erkannt?«
    »Das glauben Sie mir nicht, wenn ich es Ihnen sage.«
    »Lassen Sie hören!«
    »Am Geruch, mein Freund. Dieser Mensch stinkt nach Geld wie andere nach Kot.«
    Hinter Carlotta her schlängelten sie sich zwischen Smokings und Seidenroben hindurch, die sich hier zu ballen schienen – wegen des goldenen Prunks der Etage? oder der Nähe zum Gouverneur?
    Wenn sie

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