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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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runterschaffen und bequemer betten.«
    »Gut«, meinte Herman und blickte dem jungen Mann nach, »ich inspiziere dann mal die Schäden, bevor es Nacht wird.«
    Elaine hielt ihn zurück: »Einen Moment noch! Und was ist mit diesem Kerl … ich meine, dem Paraguayer?«
    Mit einer Bewegung, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrigließ, zeigte er ihr, was dem widerfahren war.
    »Yurupig. Er hatte keine Chance.«
     
    Hinter dem Indio hergehend, untersuchte Herman mit der Taschenlampe das Innere des Bootsrumpfs. Blass kam er wieder hervor: Das Maschinengewehrfeuer hatte unter der Wasserlinie eine unübersehbare Menge von Löchern und Scharten gerissen; unmöglich, alle zu flicken. Es war schon ein Wunder, dass sie nicht längst abgesoffen waren. Selbst mit einem Schweißbrenner würde es mehrere Tage brauchen, das Boot wieder flottzumachen … Herman ging eilig nach hinten, doch als er die Reste des Beiboots sah – etwas Unförmiges, zu drei Vierteln im Wasser Hängendes –, wurde ihm das Ausmaß ihrer Situation erst ganz klar.
    »Fass mal mit an!«, kommandierte er Yurupig. »Wir holen das an Bord.«
    Das Schlauchboot war rettungslos verloren, das reinste Sieb. Und der Außenbordmotor hatte nicht nur im Wasser gelegen, sondern ebenfalls einen Volltreffer abbekommen. Yurupig schüttelte den Kopf:
    »Nichts zu machen. Der Zylinderkopf ist kaputt.«
    Petersen platzte heraus: »Du hast uns ganz schön in die Scheiße geritten! Verfluchter Indio! Was sollen wir jetzt machen, kannst du mir das mal sagen?«
    »Mit diesem Theater aufhören«, sagte Mauro mit ruhiger Stimme hinter ihm, »und uns helfen. Wir brauchen Holz oder etwas anderes, um das Bein zu schienen.«
    »Ich besorge etwas«, sagte Yurupig. »Bringen Sie so lange schon mal die Matratzen ins Freie, dass die trocknen. Und die Hängematten auch …«
    »Ach, noch was?« Petersen war außer sich. »Ich gebe hier die Befehle, und niemand sonst!«
    »Jetzt hören Sie auf, so rumzublöken, lieber Himmel!« Mauro nahm ihn beim Arm. »Er hat recht. Und was Befehle angeht – Sie haben Ihre Vorstellung gehabt, würde ich sagen …«
    Von seiner entschlossenen Art verunsichert, folgte Petersen ihm ins Innere des Schiffs.
    In der Offiziersmesse stand fast kein Wasser mehr, aber alles lag drunter und drüber: Papiere und Bücher, bis zur Unkenntlichkeit voll Wasser gesogen, Glasscherben, patschnasse Kissen … das Wasser hatte das Tohuwabohu in die letzten Ecken geschwemmt. Auch die Kabinen hatten es abbekommen, doch fanden sie auf den oberen Doppelstockbetten immerhin drei mehr oder weniger trockene Schaumstoffmatratzen und ein paar Decken. Alles andere hängten sie zum Trocknen über die Reling.
    Yurupig hatte unterdessen aus einem Kistendeckel zwei Leisten gelöst und einen der langen Gurte aus Segeltuch mitgebracht, mit denen die Schränke unter Deck gesichert waren. Er gab die Leisten Elaine, die sich sofort über den Verletzten beugte. Das Morphium hatte ihm tiefen Schlaf beschert, so dass sie sein Bein ohne Probleme stabilisieren konnte. Dann übernahm Yurupig den Transport: Erst verknotete er die Enden des Gurts und schob ihn so unter Delefs Nabel hindurch, dass er zwei lange Schlaufen bildete, dann hockte er sich rückwärts zwischen die Beine des Verletzten, schlüpfte in die Schlaufen wie in die Träger eines Rucksacks, stellte ein Knie auf den Boden und stemmte sich mühsam hoch, das gesamte Gewicht auf dem Rücken. Dann transportierte er Detlef zum Hinterdeck und ließ ihn dort auf ein rasch improvisiertes Lager gleiten.
    Elaine sackte neben dem Geologen zu Boden. Jetzt zitterte sie, ihr war speiübel. Kurz war ihr, als würde der Dschungel nach ihr schreien.
    Unter dem glühenden Himmel trieb die Abendbrise kurze Wellen vor sich her.
     
    »Wir müssen reden.« Hermans Miene war finster. »Das Schiff ist nicht zu reparieren, das Schlauchboot auch nicht. Wir sitzen bis über alle Ohren in der Scheiße, das kann ich nur sagen. Hier zu warten ist zwecklos, auf wen denn auch … Wir könnten zwar ein Floß bauen und versuchen, damit wieder nach Corumbá zu kommen, aber Sie wissen, was weiter unten auf uns wartet; die würden uns abknallen wie die Karnickel, verlassen Sie sich darauf. Bleibt nur noch der Weg durch den Dschungel, der ist zwar mindestens genauso gefährlich, aber die einzige Möglichkeit.«
    »Und warum nicht per Floß flussaufwärts weiterfahren?«, fragte Mauro.
    Petersen zuckte verächtlich mit den Schultern:
    »Viel zu starke

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