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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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SIAN-FU : Kircher sieht in ihr den vollgültigen und verwendbaren Nachweis, dass China vor der Zeit von Buddhismus und Konfuzianismus christlich war. Die Überreste eines Atlantis des Glaubens treten unvermittelt an die Erdoberfläche; fortan genügt es, mit dem Finger darauf zu weisen, damit die Götzenanbeter sich des verlorenen Paradieses entsinnen. Die Utopie der perfekten Stadt liegt nicht in der Zukunft wie bei Morus oder Campanella, sondern ist in der entfernten Vergangenheit verortet.
     
    DAS UNSICHTBARE SICHTBAR MACHEN : Euclides fordert mich auf, ich solle mir einen unüberwindlichen Abgrund zwischen uns vorstellen, und dann tut er einen großen Schritt und stellt sich neben mich. »Man kann nie wissen, oder …«

13 . Kapitel
    Welches zeigt, wie Kircher Leonardo da Vinci übertraf & die Gattung der Katzen zum schönsten Konzert anstellte.
    N atu ra/natu ra/gau det/h/–
natura natura gaudet
«, las der Kardinal höchlichst erstaunt, »›Die Natur erfreuet sich an der Natur‹ … Das ist wirklich wundersam!, & ich bitte Euch, die Ironie, zu der ich mich habe verleiten lassen, verzeihen zu wollen. Lasst Euren Apparat unverzüglich dem Pontifex Maximus vorführen, er wird darob entzückt sein, dessen bin ich gewiss. Ich selbst kann Euch nur dringlichst bitten, mir einen ebensolchen zu bauen. Seid versichert, ich werde mich nicht als undankbar erweisen …«
    Athanasius versprach dem Kardinal, sein Bestes zu tun, & wirkte mit dieser Begegnung sehr zufrieden. Sein Ansehen in den höchsten Kreisen wuchs nur noch stetig weiter & brachte ihm die Freiheit & Mittel, welche für seine Arbeit nötig waren, an der er mich mehr & mehr beteiligte. In den beiden folgenden Jahren assistierte ich ihm täglich bei seiner Erkundung der Bedeutung der Hieroglyphen; bis auf das Jahr 1642 , in dem mein Meister sich, was mir Ehre & ein paar kurzfristige Nachwirkungen bescherte, unvermittelt für die Flugkunst begeisterte.
    Dies Abenteuer nahm seinen Ausgang in einem Gespräch, das mein Meister eines Abends mit Nicolas Poussin führte, der sich in seinem Beisein der Perfektionierung der schwierigen Kunst der Perspektive widmete. Indem er einen der Codices von Leonardo durchsah, den ihm freundlicherweise Sieur Raphaël du Fresne geliehen hatte, Bibliothekar der Königin Kristina von Schweden, hielt Kircher bei einer Flugmaschine inne, die der Florentiner ersonnen hatte.
    »Sosehr ich Leonardo bewundere«, meinte Poussin, »es bleibt festzustellen, dass er bisweilen die elementarsten Naturgesetze herausgefordert hat. Ein talentierter Träumer war er; aber doch ein Träumer: Ist es doch offensichtlich, dass die Luft zu dünn & zu schwach ist, um den Leib eines Menschen zu tragen, wie groß die Flügel auch sein mögen …«
    Doch Kircher schüttelte den Kopf:
    »Oh nein, Monsieur, oh nein! Betrachtet nur einmal die Art & Weise des Flügelschlages der Gänse & anderer großer Vögel, wenn sie sich in die Lüfte zu erheben trachten, sowie das Gewicht jener Gebilde aus Papier & Holz, die wir an einem Strick ziehend fliegen lassen, & Ihr werdet Eure Meinung womöglich ändern. Ich bin überzeugt, dass auch ein Mensch sich in die Luft erheben kann, wenn er denn über hinreichend große & hinreichend starke Flügel verfügt & über genügend Fleiß, mit ihnen die Luft so zu schlagen, wie es nötig ist. Was man mit gewissen Sprungfedern tun können sollte, welche die Flügel so schnell & kräftig bewegen, wie vonnöten sein wird.«
    »Eure Hypothese hat ihren Reiz, Pater, & doch müsst Ihr mir erlauben, ihr zu widersprechen wie der heilige Thomas: Solange ich nicht mit eigenen Augen gesehen habe, dass ein Mensch sich in die Lüfte erhebt …«
    »Wenn es nur das ist«, meinte mein Meister, »diese Wette gilt, & wir werden in von nun an gerechnet dreien Monaten wieder darauf zurückkommen, in denen ich gewisse Vorversuche anzustellen gedenke. Ich beharre darauf: Es ist gewiss nicht schwerer zu fliegen denn zu schwimmen; & ebenso, wie einem diese Kunst, einmal erlernt, kinderleicht erscheinen will – obgleich man es zuvor für unmöglich hielt –, ebenso wird man das Fliegen ganz und gar natürlich finden, wenn man es einmal beherrscht.«
    An jenem Abend verließ uns Monsieur Poussin zutiefst beeindruckt von Athanasius’ Sicherheit, wenn auch keineswegs überzeugt. Ich meinerseits hegte für meinen Meister ein solches Zutrauen, dass ich keinen Augenblick am Gelingen seines Planes zweifelte. Die Vorstellung,

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