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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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Textes! Bereits kurz nach Veröffentlichung dieser beiden Bücher begannen aus aller Herren Länder Glückwunschschreiben herbeizuströmen.
    Ein unerwartetes Ereignis machte das Glück vollkommen: Der kürzlich verstorbene römische Senator Alfonso Donnino vermachte der Societas Jesu & speziell Athanasius Kircher sein vollständiges Kuriositätenkabinett. Diese Sammlung, eine der schönsten ihrer Zeit, umfasste Statuen, Masken, Idole, Bilder, Waffen, Tische aus Marmor & anderen kostbaren Materialien, gläserne & kristallene Vasen, Musikinstrumente, bemalte Teller & zahllose Fragmente von antiken Steinen … So hieß es den zweiten Stock des Collegiums umbauen, um die Fläche des Museums zu vergrößern & dieses reiche Erbe unterbringen zu können.
    Im Frühjahr 1650 wurde der Vier-Ströme-Brunnen durch die Familie Pamphili eingeweiht. Die größten Namen Roms versammelten sich auf dem Forum Agonale & gesellten sich Kircher & Bernini bei, den beiden Schöpfern dieses großartigen Werks. Nach einer langen Rede auf die Tugenden seines Vorgängers weihte Alexander  VII ., der neue Pontifex Maximus, den Brunnen feierlich ein: Man öffnete die Zuflüsse, & endlich ergoss sich die Acqua Felice in das dazu bestimmte große Becken.
    »Dieser Brunnen verdient in der Tat größtes Lob«, sagte der Papst, indes er zu der Gruppe trat, welche aus Kircher, Bernini & mir selbst bestand, »& ich grüße in euch Männer, die es verdienen, von unserem Jahrhundert ebenso gepriesen zu werden wie Michelangelo & Marsilio Ficino vom ihrigen.«
    Bernini warf sich unmerklich in die Brust, da mein Meister aus Demut seinen eigenen Anteil heruntergespielt hatte.
    »Stimmt es denn, was man sagt«, der Papst wandte sich an Bernini, »dass dieser durchlöcherte Fels, der Löwe & das Pferd Euch nur wenige Wochen Arbeit gekostet haben?«
    »Einige Monate, Eure Heiligkeit …«, korrigierte Bernini, ein wenig von der Bemerkung beleidigt. »Die übrigen Teile der Arbeit stellten keine höheren Anforderungen dar, hätten aber mehr Zeit beansprucht, als ich zur Verfügung hatte.«
    »Ich weiß, ich weiß …«, entgegnete der Papst süßlich, indem er demonstrativ die Statue des Nils anblickte, »doch niemand dürfte behaupten, dieser Brunnen könnte noch großartiger geworden sein, wenn ihr ihn ganz und gar von eigener Hand geschaffen hättet.«
    Es war kein Geheimnis, dass tatsächlich nur die drei vom Papst genannten Figuren von Bernini selbst stammten und er sich für den Rest des Werks damit begnügt hatte, die Arbeit der besten Schüler seiner Werkstatt zu überwachen, weniger aus eigenem Entschluss übrigens, denn um die vom verblichenen Innozenz X. vorgegebenen Fristen einhalten zu können. Die Ironie des Papstes galt natürlich Berninis allzu offenbarer Eitelkeit, aber dennoch erschien sie mir ungerecht. Als Kircher sah, dass der Bildhauer bereits mit den Augen rollte, & da er seine aufbrausende Natur nur zu gut kannte, kam er ihm zu Hilfe.
    »Freilich, es kommt vor, dass Schüler ihren Meister übertreffen:
Tristo è quel discepolo che non avanza il suo maestro
[10] , nicht wahr? Trotzdem ist es selten, & wenn, dann gebührt das gesamte Verdienst doch dem, von dem sie es gelernt.«
    »Doch sagt mir, Hochwürden«, fragte der Papst, der Kirchers Bemerkung nicht einmal gehört zu haben schien, »ist es nicht etwas widersprüchlich, dies heidnische Idol in die Mitte eines unserer geliebten Religion gewidmeten Monuments zu stellen? Ich hatte noch keine Gelegenheit, in Eurem Werk zu blättern, das angeblich recht fesselnd sei, & wäre neugierig, mit welchem Zauberkunststück Ihr das nicht zu Rechtfertigende rechtfertigt …«
    Athanasius warf mir einen flüchtigen Blick zu, in dem ich all seine Überraschung lesen konnte: Der Papst strafte ihn dafür ab, dass er Bernini gegen seine Ironie zur Seite getreten war! Dieser zog verstohlen eine meinem Meister bestimmte komplizenhafte Schnute, wie zur Entschuldigung, dass er ihn in eine so heikle Situation gebracht hatte …
    »Der Zauberei bedarf es durchaus nicht«, antwortete Kircher, »um das Vorhandensein dieses Obelisken mitten im Herzen der Heiligen Stadt zu erklären. Der selige Innozenz X. sah das übrigens genauso, denn es lag ihm daran, dass sein Name und die seiner Vorgänger auf ewig mit diesem Werk verknüpft würden. Dieser Obelisk mag zwar von einem der ältesten, aber auch des Vergleiches mit dem unseren würdigsten Völker geschaffen worden sein; dennoch bleibt er

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