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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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der Riviera vergleichen, und der Stierkampf war allen anderen blutigen Sportarten haushoch überlegen.
    Fischen und Jagen waren einfach nicht das Gleiche, vor allem seit beides zum Markenzeichen von Hemingway geworden war, den Hugh persönlich gekannt hatte und »Papa« nannte. Papa Hemingway hätte gelacht, wenn er gewusst hätte, dass Hugh seine Töchter auf die Jagd mitnahm. Töchter waren keine Söhne, wenn es ums Jagen ging. Besonders, wenn sie sensibel waren und das Leben ihnen einen schwer zu verkraftenden Schlag versetzt hatte.
    Hugh war nicht annähernd so hart im Nehmen gewesen, wie er gedacht hatte. Er hatte zahllose Affären gehabt, hatte Tiere getötet und versucht wie Picasso zu leben. Doch nach dem, was seinen Töchtern zugestoßen war, hatte er sich in einen Schatten seiner selbst verwandelt und zu Tode getrunken. Und er hatte Augusta verlassen.
    Dr. Henderson würde vermutlich behaupten, dass Augustas Kostümwahl einer gewissen Feindseligkeit gegenüber ihrem verstorbenen Mann nicht entbehrte. Ihrem heiß geliebten verstorbenen Mann – dem sie heimlich grollte.
    Augusta nähte ihre Harlekinschuhe und malte sich aus, wie Hugh reagieren würde, wenn er ihr Kostüm sehen könnte. Sie hatte ihren Mann leidenschaftlich und mit bedingungsloser Hingabe geliebt. Jeden Tag vermisste sie ihn mehr. Manchmal gestand sie sich gleichwohl ein, dass es ihr heute leichter fiel, ihn zu lieben, als zu seinen Lebzeiten. Die harsche Wirklichkeit brach nicht so häufig über sie herein. Sie war eifersüchtig gewesen.
    Nicht nur auf andere Frauen, sondern auch auf ihre eigenen Töchter. Gott steh mir bei, dachte sie, als sie sich daran erinnerte, was sie empfunden hatte, als er Caroline malte. Sie hörte die Küchentür ins Schloss fallen und schaute hoch. Skye und Simon waren zurück.
    »Hallo, ihr zwei.« Ein einziger Blick genügte, um zu wissen, wie es um Skye stand. Sie hatte getrunken. Ihre Augen waren gerötet, ihre Haare wirr. Es war fünf Uhr nachmittags, aber sie sah aus, als wäre sie grade erst aufgestanden – verkatert und zerknirscht. Augusta sank das Herz.
    »Wo wart ihr heute Nacht?«, erkundigte sie sich.
    »Wir haben im Gasthof übernachtet«, erklärte Simon. »Haben alte Freunde getroffen, die ein paar Tage dort ausspannen.«
    »Skye, möchtest du etwas Kaltes trinken?«
    Skye nickte. Augusta ging ins Blumenzimmer. Sie füllte einen Kristallkrug mit Eiswasser. Überrascht stellte sie fest, dass ihre Hände zitterten. Sie legte drei Aspirin in ein kleines Keramikschälchen, stellte alles auf ein Tablett und trug es ins Sonnenzimmer.
    »Ich bin am Verdursten.« Skye trank ein großes Glas auf einen Zug leer. Sie füllte es erneut, nahm die drei Aspirin und spülte sie mit Wasser hinunter.
    »Was ist gestern Abend passiert?«, sagte Augusta bestürzt. »Ich dachte, du hättest beschlossen, eine Weile auf Alkohol zu verzichten.«
    »Habe ich auch. Ich habe eine Woche lang keinen Tropfen angerührt. Aber es ist alles so sinnlos …«, erwiderte Skye mit einem kläglichen Lächeln.
    »Sinnlos, aha … meine hübsche kleine Nihilistin. Möchtest du über Camus und seinen Existenzialismus diskutieren?«, sagte Simon und zündete sich lässig eine Zigarette an.
    »Nur, wenn du uns vorher einen Martini mixt. Mom, du möchtest doch sicher auch einen, oder?«
    »Jaaa«, antwortete Augusta zögernd. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob das gut ist.«
    »Mom, hast du vor, Abstinenzler zu werden? Die reinsten Spießer mit Heiligenschein. Widerlich«, entgegnete Skye kopfschüttelnd.
    »Ich persönlich glaube, dass Mäßigung der beste Weg ist«, erklärte Augusta. »Aber deine Schwestern haben in dieser Hinsicht klar Stellung bezogen. Sie sind der Meinung, du solltest die Finger vom Alkohol lassen, ein für alle Mal.«
    »Sie sind nur neidisch auf Skyes Kreativität.«
    Augusta bekam eine Gänsehaut angesichts seiner Kühnheit, aber sie zog die Möglichkeit in Betracht, dass er Recht hatte.
    »Hörst du endlich auf zu palavern? Mix uns lieber einen Drink.«
    Skyes Stimme zitterte. Ihre Lippen warfen fast weiß, wie Augusta beunruhigt bemerkte. Sie fuhr Simon selten über den Mund, genau wie Augusta nur selten ihre Wut an Hugh ausgelassen hatte. Es musste sich einiges in ihr aufgestaut haben, dass sie so mit ihm redete, aber sie machte bereits einen Rückzieher.
    »Tut mir Leid, Simon.«
    Simon warf ihr einen funkelnden Blick zu. Sein finsteres Gesicht bestand nur noch aus Haut und Knochen, die dunklen Augen

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