Wo Träume im Wind verwehen
der Carolines in nichts nach. Sie erinnerte Augusta daran, wie leidenschaftlich sie ihren Mann begehrt hatte und wie groß ihre Angst gewesen war, ihn zu verlieren.
»Skye wirkte ziemlich bedrückt. Hat sie sich über irgendetwas aufgeregt?«, fragte Clea.
Augusta seufzte. Warum konnte sie das Fest nicht in Ruhe genießen? Warum musste immer alles ernst und mit einem Missklang enden? So hatte sie ihre Mädchen nicht erzogen. Sie hatte ihnen Raum gelassen, sich frei zu entfalten.
Während andere Mütter ihre Töchter mit Argusaugen überwachten, hatte sie dafür gesorgt, dass sie ihre Welt erkunden und nach ihrer eigenen Fasson selig werden konnten. Sie hatte gegen ihren Gluckeninstinkt angekämpft und Hugh gestattet, die Mädchen mit auf die Jagd zu nehmen. Er hatte ihnen beibringen wollen, sich selbst zu verteidigen, im Leben ihren Mann zu stehen, und das war ihm offensichtlich gelungen in all den Nächten, die sie allein auf dem Berg verbracht hatten. Trotzdem machte sie sich nun Sorgen, weil sie Skye nirgends zu entdecken vermochte.
»Ich bin sicher, dass alles in Ordnung bei ihr ist«, sagte Augusta.
»Schau dir Simon an.«
Er führte gerade die Kellnerin auf die Tanzfläche. Sie hatte das Tablett mit den Getränken auf einem der Tische abgestellt, die Schuhe von den Füßen gestreift und sich in seine Arme geschmiegt. Simon rauchte, redete mit der Zigarette im Mundwinkel auf sie ein, und bläuliche Rauchkringel stiegen auf. Augusta fand, dass er gemein, ungepflegt und wie ein Hohlkopf aussah.
»Warum hat Skye diesen Mann geheiratet?«, überlegte Clea laut. »Als ob sie sich absichtlich einen ausgesucht hätte, der sie schlecht behandelt.«
Augusta stöhnte auf, als sie sah, wie Simon der Kellnerin die Hände auf die Hüften legte. »Dein Vater hätte ihn umgebracht.«
»Er hätte Skye umgebracht. Er war kompromisslos, was Männer anging. Wir sollten stark sein, uns nicht zum Opfer machen lassen. Wie oft hat er uns das eingebläut!«
»Du
hast die Lektion gelernt«, sagte Augusta. Hugh hatte sie betrogen und behauptet, er sei schwach geworden wie alle Männer. Aber seinen Töchtern hatte er um jeden Preis ersparen wollen, verletzt zu werden.
»Ich?«
»Du hast einen Mann geheiratet, wie man ihn sich nur wünschen kann. Peter ist ein Schatz. Aber du bist die Einzige. Skye hat einen Widerling geheiratet, und Caroline lebt alleine.«
Während sie sich unterhielten, beobachteten Augusta und Clea, wie Caroline in den Armen des Piraten über die Tanzfläche glitt. Er schien als Mann all das zu verkörpern, wovor Hugh Renwick seine Töchter gewarnt hätte. Groß und lässig, strahlte er eine gefährliche erotische Anziehungskraft aus, und er hielt Caroline umschlungen, als hätte er seine Beute in die Enge getrieben und beabsichtige, sie in Besitz zu nehmen. Aber eines war seltsam und unerklärlich für Augusta – der Ausdruck in seinen Augen.
Es hatte ganz den Anschein, als wäre der Pirat, der mit ihrer Tochter tanzte, unsterblich in sie verliebt.
Die Musik endete. Caroline trat einen Schritt zurück. Joe stand reglos da, ohne ein Wort zu sagen. Er hätte sie gerne um den nächsten Tanz gebeten, doch als Besitzerin von Renwick Inn und Gastgeberin des Balls musste sie sich sicher um alles Mögliche kümmern. Einige Männer trieben sich in der Nähe herum und warteten offenbar darauf, mit ihr zu tanzen. Aber sie rührte sich nicht vom Fleck. Sie trug ein weißes Kleid, wie auf dem Bild ihres Vaters, an das Joe sich erinnerte, und er wünschte sich nur eines – mit ihr an den Fluss hinunterzugehen und dort mit ihr zu tanzen, ganz alleine.
»Danke«, sagte er schließlich.
»Es war mir ein Vergnügen.«
Joe blickte sie an. Seltsam, aber seine Wut war wie weggeblasen. Zum ersten Mal seit Jahren konnte er ohne Groll an Caroline Renwick denken. Ganz im Gegenteil, er empfand eine ungewohnte Zärtlichkeit, die so großes Unbehagen in ihm weckte, dass er zurückwich.
Die Musik setzte wieder ein. Die Papierlampions schaukelten in der leichten Brise, die plötzlich aufgekommen war. Joe räusperte sich. Caroline sah ihn erwartungsvoll an. Er griff in seine Tasche. Seine Finger umschlossen den Gegenstand, den er vom Schiff mitgebracht hatte und ihr zeigen wollte. Er konnte sie um den nächsten Tanz bitten und ihn ihr geben, während sie sich im Takt zur Musik bewegten. Er konnte versuchen ihr zu erklären, was für Gefühle der Fund in ihm geweckt hatte …
Jemand rempelte ihn von hinten an.
Ihr
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