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Wo wart ihr, als die Finsternis hereinbrach

Wo wart ihr, als die Finsternis hereinbrach

Titel: Wo wart ihr, als die Finsternis hereinbrach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Levi
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nicht, dann vielleicht frische Bastardmakrelen … Wir lassen uns eine proppenvolle Pfanne machen und essen das Ganze mit den Fingern, bis wir platzen … Und Rukola mit viel Zitrone … Das Ganze nicht zum Verkosten, sondern zum Sattwerden, klar?«
    Bei diesen Worten breitete sich Freude auf seinem Gesicht aus. Er verlor diesen stummen, ein wenig leidenden Ausdruck und wurde wieder lebhaft. Jetzt stand im Gegensatz zu diesem in sich gekehrten ein ganz aufgeschlossener Mensch vor mir. Einer, der in Worten und Haltung einen sehr selbstbewußten Menschen zu spielen schien.
    »Fisch, Raki und Meer … Überlaß das mal mir!«
    Wir schlenderten ein wenig umher und schauten uns um. Dann betraten wir ein Restaurant, das ihm gefiel. Wir fanden einen Tisch, er bedeutete mir, Platz zu nehmen, und ich setzte mich hin. Er ging zum Oberkellner und sagte ihm etwas, das ich nicht verstand, mir aber vorstellen konnte. Der Ober lächelte und nickte. Alles Nötige war besprochen worden. Diesen Necmi kannte ich nicht. In dem Moment fiel mir ein, daß er ja Fremdenführer war. Ich hatte einen Profi vor mir, der sich mit der Sprache von Orten wie diesem sehr gut auskannte … Dann kehrte er mit sich zufrieden zurück und setzte sich mir gegenüber. Nach und nach kamen die Vorspeisen und die warmen Zwischengerichte auf den Tisch, sozusagen ›zünftig‹. Jetzt war das Umfeld bereitet für eine Aufwärmrunde. Dabei waren die grundlegenden Komponenten, die wir für unsere Aufwärmrunde brauchten, längst bereit. Die sich wandelnde Stadt, ein paar alte Erinnerungen, unsere Einsamkeit, in die uns die alten Lieder versetzt hatten, die Fremdheit, die die neuen Lieder erweckt hatten, und vor allem die Fische, die früher durch dieses Wasser geschwommen waren und die es nie mehr geben würde …
    Ich erinnerte ihn an die Makrelen, die seine Mutter an einem Sonntag zu Hause in Teşvikiye für uns gegrillt hatte, an die leicht salzige Petersiliensoße mit Öl und Zitrone, die wir auf die Fische gegossen hatten … Ich hatte weder jenen Tag noch den Geschmack der Fische vergessen. Daraufhin erinnerte er mich, wie wir bei meiner Mutter zu Hause in Salz eingelegte uskumru -Makrelen gegessen hatten. Er konnte sich irgendwie nicht an den Namen des Gerichts erinnern. Als ich » vaht « sagte, nickte er mit dem Kopf und lachte. Der Name hatte uns beide immer zum Lachen gebracht. Auch diese Makrelenart kam damals an unseren Küsten vor. Sicherlich hatte er also auch die gedörrten Makrelen, die wir über dem Herd hatten ziehen lassen, bei uns gegessen. Die gab es jetzt auch fertig zu kaufen. Doch man konnte den Geschmack der zu Hause zubereiteten Vorspeise nicht kaufen. Man konnte auch den Geruch nicht kaufen, der sich im Haus ausbreitete, wenn die Makrele vor sich hin dörrte. Damals konnten wir sogar sagen, daß man den Fischsalat nicht aus kolyoz -Makrelen machen sollte. Man mußte ihm dieses Gefühl nicht schildern. Es reichte, sich nur zu erinnern. Der Abstand zur Vergangenheit brachte uns einander noch ein wenig näher. Der Kontrast schmerzte, doch um die Nähe zwischen uns aufs neue zu erleben, mußten wir uns auch auf einen solchen Abstand einlassen. Das ergab sich tragischerweise aus der verlorenen Zeit …
    Wir sprachen natürlich auch über Fenerbahçe. Er verfolgte die Spiele jetzt im Fernsehen. Als Einstieg in das Thema erinnerte ich ihn, wie wir an einem eiskalten Sonntagmorgen um sechs Uhr für einen Platz auf der Neuen Offenen Tribüne Schlange gestanden hatten. Und wie wir in einem plötzlichen Handgemenge Polizeiknüppel draufgekriegt hatten … Es hatte Fener gegen Galatasaray gespielt. Wir hatten uns prügeln müssen, um reinzukommen. Daran erinnerten wir uns noch gut. Doch interessanterweise konnten wir uns nicht an das Ergebnis erinnern. Tatsächlich gab es eine Erklärung für dieses Vergessen. Wichtiger als das Spiel selbst war nämlich die Aufregung, bei so einem Spiel dabeizusein, war unser Verlangen, diese Atmosphäre zu erleben. Das Gefühl war einfach naiv und kindlich. Wir kamen langsam in Fahrt. Er erinnerte mich an Didi 6 und die Freistöße, die er Osman beigebracht hatte. Was war das doch für eine Technik … Sie ging in die Fußballgeschichte ein unter dem Namen ›Folha Seca‹, Trockenes Blatt … Der Ball stieg hoch in die Luft, flog über die Abwehr hinweg, dann senkte er sich zum Tor nieder, wobei er immer schneller wurde … Das ist einer der schwierigsten Bälle für den Torwart. Wir konnten nicht wissen, wie

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