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Wodka und Brot (German Edition)

Wodka und Brot (German Edition)

Titel: Wodka und Brot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Magén
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Daneben schlief der Hund, der nicht wusste, woher er kam und wohin er ging und nur gestreichelt und gefüttert werden wollte. Für drei Tage waren sie weggefahren, und es war, als wäre es für ewig. Morgen werde ich mir den Zopf abschneiden, ich werde ins Café gehen, dann ins Kino, ich werde mir Popcorn kaufen, ich werde mir einen Woody-Allen-Film anschauen, und der Bauch wird mir wehtun vor Lachen und vom Popcorn, dann werde ich nach Tel Aviv fahren, ich werde am Strand sitzen und das Meer betrachten  … Aber als der Morgen kam, zog ich eine meiner drei abgetragenen Jeans an, verließ das Haus, zog das Blatt Papier, das aus dem Briefkasten ragte, nicht heraus und fuhr zum Laden. Ein Mann, der von der Synagoge kam, kaufte zwei Brötchen, bezahlte und sagte: »Ich wünsche Ihnen einenguten Monat.« So erfuhr ich, dass der Monat der Buße und der Gnade begonnen hatte. Der Sommer war in seine letzte Phase eingetreten, der Kreis schloss sich.
    Ich räumte allein die Milchkisten auf, Amjad kam mit drei Stunden Verspätung. Man hatte die Grenzübergänge gesperrt, es hatte eine akute Warnung gegeben, man sagte, eine Bombe tickte. Ich beschloss, ihm den ganzen Tageslohn auszuzahlen, denn ich gab ihm seinen vollen Tageslohn auch an Tagen, an denen die Sicherheitskräfte ihn daran hinderten, seiner Arbeit nachzugehen, man würde mir keine Tapferkeitsmedaille für meine Mildtätigkeit geben und unser Planet wurde nicht sympathischer dadurch, aber trotzdem. Amjad arbeitete und hörte dabei Radio, er lief hin und her, als ticke die Bombe in seinem Kopf. Er hatte eine Frau und drei Kinder, Schulden und ein kleines, enges Haus, eine Bombe, die irgendwo explodierte, stahl ihm das Brot aus dem Mund. Ich sah ihn an und dachte an Gideon, der eine Frau und einen Sohn hatte, einen Beruf und eine geräumige Wohnung, und dem es so eng ums Herz war, dass kein Platz blieb, nicht für mich, nicht für seine Eltern, nur eine kleine Nische für den Jungen, und auch das nur bedingt. Und was war mit mir, warum wagte ich nicht, das zu berühren, was sein Herz zusammenkrampfte, warum fragte ich nicht, was ist mit dir, Gideon? Was nagt an dir? Wir waren doch mal bis über beide Ohren verliebt gewesen, wir lieben uns immer noch. Auch als wir mit der Karriere beschäftigt waren, beteiligten wir einer den anderen an den großen und kleinen Dingen, die uns erfreuten oder ärgerten und die Einfluss auf unser Leben hatten, bis das »wer oder was bin ich« anfing, an seiner Seele und an seinem Herzen zu nagen, und es dazu brachte, sich zu verkrampfen und zusammenzuschrumpfen.
    Amjad beugte sich über eine Kiste und die Adern an seinenSchläfen schwollen an, sodass ich fürchtete, sie könnten platzen und das Blut würde herausspritzen. »Warte, wir heben sie zusammen.«
    »Es ist schon vier, gehst du nicht zu deinem Sohn?« Er schaute mich über die Kiste hinweg an.
    »Der Junge ist mit seinem Vater nach Eilat gefahren.«
    »Ach so, Eilat. Eilat ist schön.«
    »Ja.«
    Ich sagte Ja, und dabei wusste ich nicht, ob sie überhaupt dort angekommen waren, vielleicht hatte dieser kleine Wodka sie in Schwierigkeiten gebracht, war weggelaufen, hatte gebissen, sich gewehrt, gekratzt. »Einen Moment, ich muss mal schnell telefonieren«, sagte ich, ließ ihn mit der Kiste mit den Ölflaschen stehen und rief Gideon an.
    »Mama, in diesem Hotel erlauben sie keine Hunde, deshalb schläft Wodka nachts bei Nadja.« Nadav war aufgeregt, er erzählte von dem Boot mit dem Glasboden, mit dem sie gefahren waren, vom Schwimmbad des Hotels, von dem vielen Eis und von allen anderen Freuden, die Gideons schlechtes Gewissen ihm beschert hatte, aber ich hörte schon nicht mehr zu.
    Hotel? Warum ein Hotel? Warum waren sie nicht in einen Wohnwagen gegangen, in ein Zelt, zu einer Hütte, zu dem Ort, an dem Gideon wohnte? Nadja, wer war diese Nadja, die diesen deutschen Findling aufgenommen hatte, vielleicht war sie ja Gideons Zuhause, wenn er den Jungen nicht am Hals hatte. Und wenn es ihm so gut ging, warum ging es ihm dann so schlecht? Warum hatte er magere Arme und hängende Schultern?
    »Ich war noch nie in Eilat«, sagte Amjad. »Ich war auch noch nie in Haifa oder in Tiberias. Und in Tel Aviv erst ein einziges Mal.«
    Weil Tel Aviv Amjads am weitesten entfernter Punkt war und wegen Nadja und dem Hund und wegen des allgemeinen Leids und des gequälten Herzens sagte ich: »Hör zu, es wird Zeit, dass du mehr Lohn bekommst.« Er fragte nicht, wie viel, warum, wann. Er schwieg

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