Woelfe der Dunkelheit
irrte. Vorsichtig stieg sie aus dem Wagen, als der Chauffeur ihr die Tür öffnete, und sah sich das große Haus an, das mehr einer Villa glich. Es beinhaltete drei Stockwerke und war aus massivem Stein gebaut. Sicher wegen der Erdbeben, die durch die San-Andreas-Verwerfung hier zur erschreckenden Normalität gehörten. Die Fassade war farblich in einem angenehmen Lachston gehalten und die Fenster im Erdgeschoss waren aus Buntglas. Die Villa ähnelte in gewisser Weise einer kleinen Kirche.
»Und? Gefällt es dir?« Er klang aufgeregt.
»Das Haus sieht sehr schön aus. Vor allem die Buntglasfenster.« Sein breites Grinsen sagte mehr als tausend Worte und er begleitete sie zur Tür. Noch bevor sie dort ankamen, wurde sie schon aufgerissen und eine hübsche Frau mit schwarzen Haaren stand in der Tür.
»Christopher! Du bist wieder da!« Sie umarmte ihn liebevoll und sah dann sehr neugierig zu Lydia.
»Berenike, das ist Lydia. Lydia, das ist Berenike, mein ehemaliges Kindermädchen.« Das Alter sah man ihr nicht an. Ganz im Gegenteil. Sie wirkte jünger als fünfundzwanzig. Lydia reichte ihr die Hand und wurde stattdessen mit einer herzlichen Umarmung begrüßt.
»Es freut mich so, dich kennenzulernen. Christopher hat schon so viel über dich erzählt, dass es mir fast so vorkommt, als würde ich dich bereits kennen.« Über eine so herzliche Begrüßung war sie nicht vorbereitet gewesen.
»Äh. Hallo. Es freut mich auch, sie kennenzulernen.« Berenike ließ die Blondine los und zog sie mehr oder weniger ins Innere des Hauses. Dort stand der ganze Haushalt und betrachtete den Neuankömmling neugierig. Eine Frau fiel Lydia sofort auf. Die Ähnlichkeit mit Sofia war unübersehbar. Das musste Christophers Tochter sein. Und doch hatte sie sich das Mädchen anders vorgestellt.
Sofia war, was ihre Reize anging, damals sehr offenherzig gewesen. Sie war wirklich eine Schönheit und hatte es sich leisten können. Aber ihr Charakter war zänkisch und eitel. Angelika hingegen wirkte bieder und streng. Ihre Bluse war bis zum letzten Knopf geschlossen und ihr Rock reichte ihr bis zu den Füßen. Nein, das war kein normales Mädchen.
»Das ist meine Tochter, Angelika. Daneben ist Alice, unsere Ärztin.« Christopher stellte ihr alle Haushaltsmitglieder nacheinander vor und Lydia reichte ihnen allen die Hand. Zum Glück waren die Anderen nicht so forsch, wie Berenike. Lydia hasste Körperkontakt wie die Pest.
Nach der Bekanntmachung, dass Lydia vorläufig als volles Mitglied des Rudels galt, zeigte Christopher ihr das Gästezimmer, das Berenike liebevoll zurechtgemacht hatte. Ein Strauß frischer Blumen stand auf dem Tisch und das Bett war frisch bezogen. Es war einfach angenehm, in diesem Raum zu sein.
Nachdem ihr Koffer gebracht wurde, bedankte sie sich brav bei allen und bat dann um etwas Zeit für sich. Sie musste erst einmal alles verdauen, was in den letzten Tagen und Wochen geschehen war. Außerdem hatte sie noch etwas mit dem langen Flug zu kämpfen. Auch wenn es ihr vorher noch nicht klar gewesen war, so vermisste sie trotzdem ihr altes Rudel.
8. Kapitel
Lydia sah von ihrem Buch auf, als es an ihrer Tür klopfte.
»Ja?« Christopher öffnete die Tür einen Spalt breit und steckte den Kopf herein.
»Und? Hast du dich gut eingewöhnt?« Lydia legte das Buch zur Seite und stand auf, als er nun ganz den Raum betrat.
»Ja, danke. Das Zimmer ist toll und das Rudel ist nett zu mir.« Wie konnten sie auch anders? Als er sie in dieses Haus gebracht hatte, waren seine ersten Worte: »Das ist Lydia. Sie wird für einige Zeit unser Ehrengast sein und ihr werdet sie genau so behandeln wie ihr Geli oder mich behandelt.«
Berenike, die Verwalterin, hatte ihr erzählt, dass die Herrin Sofia schon vor ein paar Jahren gestorben war. Allerdings hatte sie nicht erwähnt wie. Das schien hier ein Tabuthema zu sein. Die Leute aus dem Rudel begegneten ihr reserviert und zurückhaltend. Nur mit Berenike hatte sie sich bis jetzt anfreunden können. Aber das war nicht weiter schlimm. Sie hatte vor, wieder in ihre Heimat zu gehen. Ihre Wurzeln zu suchen und sich dann ein neues Leben aufzubauen.
»Hast du Lust, eine Runde Schach mit mir zu spielen?« Er suchte schon die ganze Zeit Vorwände, um mit Lydia Zeit zu verbringen. Um ehrlich zu sein, genoss sie seine Gegenwart. Er war ihr immer ein guter Freund gewesen, hatte sie nie bedrängt. Ganz im Gegenteil. Er ließ immer die Tür weit offen stehen, wenn er mit ihr allein im
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