Wölfe der ewigen Nacht (German Edition)
wovon er redete. War Snow die Kriegerin von der Vorhersage? Abaddon? Konnte sie sich deswegen in einen Wolf verwandeln? Oder täuschten sie sich beide? Er ließ die Blondine zögernd los, betrachtete sie aber noch eine Weile. Es war, als müsste er überlegen, was er als Nächstes tat.
»Ich muss die Ankunft deines Mannes vorbereiten.« Er sah Cass durchdringend an. Sie konnte noch immer seinen Hass auf sie spüren, weil sie seiner Ansicht nach daran Schuld war, dass er sein Rudel verloren hatte.
»Dann komm ich wieder zu euch und wir beide reden über Odin.« Snow zuckte sichtlich zusammen und starrte wieder auf den Boden.
»Ich liebe dich. Lebewohl.« Sie hörte noch, wie er das Handy auf den Boden fallen ließ, und nahm das Handy vom Ohr. Mit einem Schluchzen und einem herzzerreißendem Schrei, drehte sie sich zur Bombe um und wartete, bis die Zeitanzeige auf null stand.
Ein heller Blitz ging von der Bombe aus, doch dann war auf einen Schlag alles still. Als sie die Augen wieder öffnete, stand ein blonder, großer Mann vor ihr. Die Bombe hielt mitten in der Explosion inne. Wie, wenn man bei einem DVD-Film auf Pause drückt.
»Maya. Ich bin deinem Ruf gefolgt. Danke, dass du meine Wölfe vor dem Tod gerettet hast. Es wäre für mich in Zukunft sonst sehr kompliziert geworden. Bitte lass mich dir dafür danken, indem ich dich zu einer meiner Walküren mache.« Sie sah ihn fragend an und versuchte ihre Nacktheit zu bedecken.
»Wer bist du?«
»Mein gebräuchlichster Name unter meinen Anhängern ist Odin.« Odin? Der Gott? Sylvesters Gott? Und er wollte sie zu einer seiner Walküren machen?
Sie starrte ihn an. Sie hatte ihn sich ganz anders vorgestellt. Älter. Nicht so gepflegt. Mehr wie einen Wikinger mit Bart. Aber er sah mit seiner Jeans und dem weißen T-Shirt wie ein ganz normaler Mittdreißiger aus.
Plötzlich kam ihr wieder Sylvester in den Sinn. Sie war schon immer fasziniert von seiner Aura und seiner Kraft. Er war gefährlich und sie liebte es, wenn es etwas rauer zuging. Es schien, als wüsste er immer genau, was sie wollte und brauchte. Sie liebte ihn und sie wollte mit ihm zusammen sein.
»Kann ich nicht lieber ein Wolf werden?« Er runzelte die Stirn und dann breitete sich ein Lächeln in seinem Gesicht aus. Er schien sie zu verstehen. Sylvester hatte ihr ein paar alte Geschichten und Sagen von Odin und seiner schönen Frau erzählt.
Er erwählte starke und mutige Krieger für seine Armee und Hekate erschuf magische Wesen. Also Hexen, Nymphen und so. Wobei sie sich in den letzten Jahrhunderten sehr zurückgehalten hatten. Warum mischten sie sich ausgerechnet jetzt ein?
»Wegen des Mannes?« Sie nickte. »Meinetwegen. Obwohl du eine hübsche und starke Walküre gewesen wärst.« Ein kleines Licht erschien vor ihm, fast wie ein Glühwürmchen, und bewegte sich dann langsam auf Maya zu. Sie streckte den Zeigefinger danach aus und sah wieder zu dem Mann.
»Wie komme ich hier raus?« Er lächelte immer noch.
»Lass das meine Sorge sein.« Dann sah sie wieder zu dem Glühwürmchen und berührte es. Eine wunderbare Hitze durchströmte sie und jede einzelne Zelle begann zu kribbeln. Als das Licht wieder weg war, fühlte sie sich zwar stark, aber immer noch verletzt und erniedrigt. Sie rieb sich die Arme und legte ihre Hände vors Gesicht.
»Ich kann dir auch die Erinnerung nehmen, wenn du möchtest.« Sie schluchzte. Eigentlich hatte sie gehofft, dass durch die Wandlung zum Wolf diese Erinnerung nicht mehr so schwer auf ihr lasten würde. Aber durch die Aussicht auf ein Leben mit Sylvester kam die ganze Scham wieder hoch.
Wie konnte sie ihm je wieder in die Augen sehen? Sie würde sich nie wieder bei ihm entspannen können, wie es bisher der Fall gewesen war. Wie könnte er sich nicht vor ihr ekeln? Diese Männer hatten sie vergewaltigt, als sie bewusstlos war. Mehrere fremde Männer.
Welcher Mann wollte schon benutzte Ware? Kaputte Ware? Aber wenn sie das alles vergessen könnte, würde sie ihm einfach als Wolf gegenübertreten und ein neues Leben mit ihm anfangen können. Sie bräuchten sich nicht mehr verstecken. Sie wären gleich.
»Ja, bitte. Ich will einfach alles vergessen.« Er nickte.
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22. Kapitel
»Reich mir mal bitte die rote Karte.« Na toll. Farbige Karten. Immerhin standen die Chancen eins zu sechs, dass sie die Richtige erwischte. Sie reichte ihm einfach eine aus der Mitte. Er schlug sie auf und runzelte die Stirn. Als er sie wieder zusammenfaltete, sah er sie
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