Woelfe der Macht
doch da redete sie schon aufgeregt weiter. »Hätte ich gewusst, dass er mich nur als Zuchtstute benutzen will, hätte ich mich nie auf ihn eingelassen.« Cass wurde leichenblass. Zuchtstute?
»Wie bitte?« Lydia sah ihr mit Tränen in den Augen ins Gesicht und fuhr fort: »Ich habe ihn geliebt, seit ich ihn das erste Mal gesehen habe. Ich hab mir immer gewünscht, dass er mein Mann wird. Mein Gefährte ...« Sie schluchzte. »Als er dann zu mir kam und mich verführen wollte, dachte ich erst, er liebt mich.«
Sie sah wieder zu Boden und ging zum Fenster. »Nachdem du gegangen bist, hab ich ein Gespräch von Emily und Josh mitbekommen. Sie haben mir sehr deutlich vor Augen geführt, dass ich nur ein zeitweiser Ersatz für dich wäre. Dass er dich will, mich aber braucht, um das Rudel behalten zu können.« Cass stand immer noch wie angewurzelt neben Lydia und starrte sie völlig verwirrt an. Wovon redete diese Frau? Was hatte sie mit Joshs Recht auf das Rudel zu tun?
»Ein Ersatz?« Lydia sah sie erschrocken an. Tränen konnte man schauspielern, aber diese Reaktion, wie sie eben mit Lydia geschah, konnte selbst der beste Schauspieler der Welt nicht nachahmen.
»Du weißt es nicht?« Sie klang erstickt und plötzlich sprang sie auf, um zur Zimmertür zu flüchten. Doch Cass war schneller und packte sie am Handgelenk, woran sie die Blondine wieder zurückzog.
»Was weiß ich nicht?« Lydia schüttelte verängstigt den Kopf. Immer mehr Tränen liefen über ihre Wangen. Was zum Teufel ging hier vor? Hatte Josh etwa noch mehr Geheimnisse vor ihr? Steckte Emily mit drin?
»Ich dachte ... Ich wusste nicht ...« Lydia stammelte unzusammenhängende Wörter und versuchte sich aus ihrem Griff zu lösen, aber Cass wusste, dass ihre Wut, und wahrscheinlich auch ihr Wolf, ihrem Körper ausreichend Kraft gab.
»Was?« Cass schrie schon fast und hätte Lydia am liebsten eine Ohrfeige verpasst, damit diese mit der Heulerei und dem Gestammel aufhörte.
»Emily hat gesagt, du dürftest keine Kinder mehr bekommen, weil du sonst sterben würdest. Bei Carmens Geburt standest du schon auf der Schwelle zum Jenseits. Ich hab es nicht gewusst. Wirklich. Ich hab gedacht, er liebt mich. Dabei wollte er nur einen Erben zeugen.« Lydia brach in Cassandras Armen zusammen und weinte bitterlich.
Ein Erbe. Männlich. Sie hatte eine Tochter zur Welt gebracht und würde nie wieder die Chance dazubekommen, weitere Kinder in die Welt zu setzten. Der Traum, eine große Familie zu gründen, zerplatzte wie eine Seifenblase. In Cassandras Kopf machte sich ein Gefühl breit, als bestünde er nur aus Watte.
Sie wusste nicht mehr, wann Lydia gegangen war. Selbst die Uhrzeit war ihr egal. Irgendwann klopfte es an der Tür. Mehrmals hintereinander. Aber sie stand nicht auf. Sie konnte weder denken noch einen Finger rühren. So musste es sein, wenn man Tod war, oder zumindest kurz vorm Sterben. Alles in ihrem Kopf war leer und dunkel. Sie spürte plötzlich, wie ihr Körper hochgehoben und zum Bett getragen wurde. Eine sanfte Hand strich immer wieder über ihre Wangen und ihre Schläfen. Das war beruhigend. Und tröstend. Irgendwann verlor sie sich im Schlaf.
Josh holte Erik und seine kleine Freundin persönlich vom Flughafen ab und umarmte ihn herzlich, als das Pärchen von der Gepäckausgabe kam. Auch Josephine war ihm sofort sympathisch. Der kleine schwarze Wirbelwind hatte seinem Bruder anscheinend ganz gehörig den Kopf verdreht.
»Schön das du uns abholst. Wie geht es meiner Nichte?« Josh schmunzelte, während er das Gepäck der beiden in den Kofferraum packte.
»Sehr gut. Sie ist der Mittelpunkt des Rudels. Jeder will sich um sie kümmern und sie wird mit Spielzeug überhäuft.« Sie nahmen alle im Auto Platz und Josh fuhr los. Nachdem sie auf den Jefferson Davis Highway aufgefahren waren, setzte Erik seine Fragerunde fort. Josh konnte es ihm nicht verübeln. Er war fast einen ganzen Monat weg gewesen und hatte einiges verpasst.
»Und wie geht es Cassy?« Sein Gesichtsausdruck musste ihn verraten haben, denn Erik bohrte gleich nach. »Ihr geht es doch gut, oder? Liegt sie immer noch im Krankenhaus?«
»Nein, sie ... Wie soll ich das erklären?« Er sah verunsichert zu Josi. Sie spielte mit ihrem Handy und schien das Gespräch der beiden Männer nicht weiter zu verfolgen. Es wäre wohl nicht unbedingt gut für seinen Posten als Rudelführer, wenn sie gleich am Anfang mitbekam, was er für einen Mist verzapfte.
»Sie hat mich
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