Woelfe der Macht
hilflos ausgeliefert war.
»Ich ... äh ...« Annika trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen und sah zu Boden. Das war so peinlich. Wenn das raus käme. Cassy würde nie wieder ein Wort mit ihr reden. Alex ging seelenruhig zu der Couch zurück und setzte sich. Mit einer geschmeidigen Bewegung nahm er eine Whiskyflasche in die Hand, die unter dem Tisch gestanden hatte, und schaukelte diese auffordernd im Kreis, um Annikas Aufmerksamkeit zu erlangen.
»Möchtest du etwas trinken?« Sie ließ sich in einigem Abstand in einen Sessel fallen und legte stöhnend den Kopf in die Hände. Wenigstens benannte er die Situation nicht beim Namen. Vielleicht hatte sie eine Chance, dass er Cassandra nichts davon erzählte.
»Ja, bitte!« Nachdem sie das ihr angebotene Glas in einem Zug geleert hatte, schenkte er ihr noch einmal nach. Der Alkohol wärmte sie von innen und vertrieb den Schock, den sie empfunden hatte, als sie ihn im Zimmer gesehen hatte. Ihr war förmlich das Herz in die Hose gerutscht. Sie beobachtete ihn verstohlen dabei, wie er nachdenklich an dem Whisky nippte. In die unerträgliche Stille, die mittlerweile entstanden war, fragte sie leise: »Du wirst doch Cassy nichts davon erzählen, oder?«
»Warum sollte ich ihr erzählen, dass wir uns zufällig im Hotel getroffen haben?«
Sie lächelte ihn dankbar an und ein riesiger Felsbrocken fiel ihr von den Schultern. Eine Sorge weniger. Sie hatte sich schon schwergetan, Cassy von ihrer Existenz als Hexe zu erzählen. Dass sie mit ihrer Cousine in einem Hotelzimmer auftauchte, in dem zwei Männer warteten, würde dann doch schwer zu erklären sein.
Jetzt musste sie sich nur ganz schnell eine gute Ausrede für ihn einfallen lassen. Obwohl sie ihn nur flüchtig kannte, hatte sie nicht vor, als Hure vor ihm dazustehen. Er schien doch recht nett zu sein. Vielleicht war ihr erster Eindruck von ihm völlig falsch.
Und das er auch noch aussah, wie der personifizierte Mann ihrer Träume, entschärfte die Situation kein bisschen. Zum Glück schien er einer der wenigen zu sein, die ihrer magischen Anziehung widerstehen konnten.
»Danke.«
Joel streckte sich, als er sich erhob und den Computer ausschaltete. Sie waren noch eine ganze Weile im Herrenhaus der Wölfe geblieben und Shirin hatte sich anscheinend prächtig mit Mark verstanden.
So kühl sie ihm gegenüber auftrat, so herzlich konnte sie mit anderen umgehen. Ungezwungen. Sogar mit Josephine hatte sie sich unterhalten. Allerdings kein typisches Mädchengespräch, sondern eine Aufzählung ihrer jeweiligen Talente mit und ohne Waffen.
Josi agierte mehr aus dem Hinterhalt, wohingegen Shirin wie auch Amam den direkten Angriff bevorzugte. Josi war eine Schützin, Shirin eine Nahkämpferin.
Später erzählte Josi mit leuchtenden Augen von ihrer Adoptivfamilie in Russland und wie es ihr in den Jahren bis jetzt ergangen war. Wie sie Erik kennengelernt hatte. Dieser schien sogar stolz darauf zu sein, dass ihm seine Freundin den Hintern gerettet hatte, als Dereks Männer ihn in einen Hinterhalt gelockt hatten.
Joel sah auf die Uhr. Es war schon nach Mitternacht und die Sonne würde in ein paar Stunden wieder aufgehen. Trotzdem fühlte er sich nicht müde. Vielleicht lag das auch an der hübschen Brünetten, die im Nebenzimmer schlief.
Er hatte das Internet und seine ganzen Bekannten in der Welt angegrast, aber Shirin war niemandem bekannt. So konnte er sich nur auf Amams Wort verlassen, dass sie wirklich zu den Guten gehörte.
Sein Blick wurde immer wieder magisch von der Wand angezogen, die ihn von ihr trennte. Sie war eine Schönheit, die sein Hirn völlig außer Kraft setzen konnte. Und das gab ihm zu denken. Würde er noch klar denken können, wenn er sie küsste oder sogar mit ihr schlief?
Er fuhr sich durch die Haare und ging zum Balkonfenster. Frische Luft. Er brauchte ganz dringend frische Luft. Dann würde er sich wieder auf die wichtigen Dinge im Leben konzentrieren können. Zum Beispiel, warum es diese Dämonen auf Josi und ihn abgesehen hatten.
Gegen Amams striktes Verbot, auf den Balkon zu gehen, öffnete er die Balkontür und trat in die Kälte, die draußen herrschte. Sein Atem bildete kleine Wölkchen und ihn überkam die plötzliche Lust auf eine Zigarette. Instinktiv griff er in seine Brusttasche, nur um sich daran zu erinnern, dass er sie weggeschmissen hatte, als Shirin Josi gegenüber erwähnt hatte, dass sie kein großer Fan von Rauchern war. Plötzlich bereute er diese
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