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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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warf sie in den Pool. Hy hob den Mann hoch, ließ ihn in die Kiste fallen,
klappte den Deckel zu und verriegelte sie. Unten hatte die Kiste Luftlöcher, um
Schimmelbildung zu vermeiden. Der Mann konnte also nicht ersticken, doch die
Geräusche, die er machen würde, wenn er wieder zu Bewußtsein käme, wären
gedämpft.
    Hy ging zum Haus. Ich winkte Ann, und
wir folgten ihm.
    Wir betraten einen Raum mit
Terrakottafußboden, einer Bar und einem Billardtisch, auf dem ein Spiel
abgebrochen worden war. Am anderen Ende des Raumes brannte eine schwache
Wandleuchte. Ich suchte den Schalter und knipste sic aus.
    »Jetzt zu Mournings Zimmer«, flüsterte
Hy.
    Wir traten durch einen Türbogen in den
Flur. Links ging eine Treppe mit Läufer ab, der Flur machte einen Knick nach
rechts. Hy griff nach Anns Unterarm. Sie ging einen halben Schritt vor ihm her
an einer offenen Tür vorbei, durch die ein zerwühltes Bett zu erkennen war. Mit
einem Kopfnicken zeigte sie auf die nächste Tür.
    Ich ging um die beiden herum und drehte
am Türknopf. Abgesperrt. Ich sah Hy an und schüttelte den Kopf. Er verzog das
Gesicht. Dann fiel mir ein, daß Ann den Schlüssel ihres Zimmers bei sich trug.
Normalerweise sind Türschlösser genormt, und in einem Haus dieser Größe gab es
sicher ein paar Doubletten. »Geben Sie mir Ihren Zimmerschlüssel«, sagte ich zu
Ann.
    Sie zog ihn aus der Tasche und reichte
ihn mir.
    Die Schlüssel ließ sich leicht ins
Schloß stecken, doch dann klemmte er. Ich versuchte, an ihm zu rütteln, und
spürte, daß sich etwas lockerte. Mit etwas mehr Druck drehte er sich ein Stück
weiter. Dann klemmte er wieder. Noch einmal verstärkte ich den Druck, dann
sprang das Schloß mit einem leisen Knall auf.
    Ich schob die Tür auf, winkte Hy und
Ann herein und schloß sie hinter uns. Von oben war nichts zu hören, kein
verräterisches Knacken von Dielen.
    Im Zimmer war es dunkel bis auf ein
Nachtlicht, das in einer Steckdose über der Scheuerleiste steckte. Das Licht
warf unsere langen Schatten auf Wände und Decke. An der gegenüberliegenden
Seite des Zimmers erkannte ich ein Bettgestell und eine Gestalt auf einer
nackten Matratze.
    Der Mann trug stark zerknitterte Jeans
und ein Hemd, das aus der Hose hing. Er war nirgends gefesselt und lag gekrümmt
in einer embryonalen Stellung, das Gesicht ins Kissen gepreßt. Ich berührte
seine Schulter, was er mit leisem Protest quittierte.
    Ich steckte meine Pistole in den Gürtel
und drehte das Gesicht des Mannes zu mir. Es war Mourning. Ein ungepflegter
Bart bedeckte die hohlen Wangen, und um seine Augen lagen dunkle Schatten. Als
ich seinen Kopf bewegte, öffnete er die Lippen und murmelte etwas. Ich flüsterte
seinen Namen. Er öffnete die Augen. Sein Blick war verständnislos und
verschwommen.
    »Helfen Sie mir, ihn aufzusetzen«,
sagte ich zu Ann Navarro.
    Sie zögerte und kam dann zu mir. Wir
setzten Mourning hin. Sein Kopf war auf meine Schulter gerollt. Ich suchte auf
dem Nachttisch nach einem Hinweis auf die Drogen, die man ihm gegeben hatte.
Doch es lag nur seine Brille da. Beide Gläser waren gesprungen und ein Bügel
abgebrochen.
    »Was ist mit der Brille passiert?«
fragte ich Ann.
    »Salazar hat sie zerbrochen.«
    »Absichtlich?«
    »...ja. Damit er nicht fliehen kann.
Ohne sie ist Tim so gut wie blind.«
    Das war das absolut Letzte an
widerlicher Quälerei. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Bei einem Blick zu
Hy sah ich die gleiche Wut, die sich an seinen hervortretenden Kieferknochen
zeigte. Wieder murmelte Mourning.
    Ich legte meinen Arm um seine
herunterhängenden Schultern. »Tim«, sagte ich, »jetzt wird alles gut.«
    Er wollte den Kopf heben, ließ ihn aber
wieder nach vorn fallen. »Tim, wachen Sie auf.« Mit der Hand hob ich sein Kinn
hoch. »Wir bringen Sie jetzt nach Hause.«
    Wieder Murmeln. Dann verstand ich:
»Bring mich endlich um.«
    »Niemand bringt Sie um. Sie sind jetzt
in Sicherheit.«
    »In Sicherheit?«
    »Aber Sie müssen uns helfen. Können Sie
gehen?«
    »Gehen?«
    »Damit wir Sie nach Hause bringen
können.«
    Er zuckte, machte eine ruckartige
Bewegung und setzte sich nun aus eigener Kraft gerade auf. »Nicht nach Hause!«
    »Psst!« Ich sah Hy an, der jetzt an der
Tür horchte.
    »Diane...«
    »Ist schon okay. Sie kann Ihnen nichts mehr
antun.«
    Meine Worte erreichten ihn nicht. Er
sank auf die Matratze zurück. Ich folgte seinem Blick. Er starrte Ann Navarro
an. »Schaff sie hier weg«, sagte ich zu Hy.
    Er faßte sie am Arm und

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