Wölfe und Kojoten
zog sie zur
Tür. Sie machte sich los und verkroch sich in einem Winkel zwischen einer
Spiegelkommode und der Wand.
In Mournings aufgerissenen Augen stand
jetzt Panik. Er versuchte hochzukommen, was ihm schließlich mit wackeligen
Beinen gelang. Ich hatte mir seinen Arm über die Schulter gelegt. »Du kümmerst
dich um sie«, sagte ich zu Hy. »Wir müssen hier raus.«
Hy winkte Ann aus ihrer Ecke heraus.
Als sie sich nicht bewegte, holte er sie und drehte ihr den Arm auf den Rücken,
als sie sich wehrte. »Machen Sie uns jetzt keine Schwierigkeiten«, murmelte er.
»Mourning haben wir. Sie sind entbehrlich geworden.«
Hy hielt Anns Arm fest und sah in den
Flur hinaus, dann bedeutete er mir, zu folgen.
Mourning stützte sich schwer auf mich.
Ich machte einen kleinen Schritt. »Kann nicht«, sagte er.
»Versuchen Sie es.«
Er tat einen ähnlich kleinen Schritt
wie ich.
»Gut. Weiter.«
»Mir ist schwindelig.«
»Ich halte Sie.«
Wir steuerten durch den Raum vom Bett
zur Tür.
Hy wartete im Flur, Anns Arm noch immer
im Griff. Als wir herauskamen, ging er voraus zu dem Raum, der zum Patio
führte, Ann Navarro schweigend neben ihm. Ihre Gegenwehr hatte sie aufgegeben.
Mourning stützte sich nicht mehr ganz
so schwer auf mich. Wir taumelten wie ein großes, unbeholfenes Tier von einer
Seite zur anderen. Kurz vor der Tür rutschte er aus und wäre fast gefallen.
Halb trug, halb zog ich ihn das letzte Stück.
Durch den Türbogen. An der Bar vorbei.
Um den Billardtisch. Hy hatte die Terrassentür erreicht und sah hinaus. Neben
ihm stand Ann Navarro und rieb sich den Arm.
Mourning erblickte sie und erstarrte.
Dann gab er einen knurrenden Ton von sich, und seine Füße scharrten auf den
Fliesen, als wolle er auf sie losgehen. Sie wich zur Wand zurück.
Noch einen Meter bis zur Tür. Hy wollte
uns helfen. Ein Schritt... Schlurfen... Taumeln. Mein Herz hämmerte. Mourning
atmete schwer. Schritt... Schlurfen... Taumeln... Schritt. Hy streckte uns die
Hände entgegen...
Plötzlich standen wir im hellen Licht.
Mourning taumelte erneut, stolperte
vorwärts. Sein Arm glitt von meiner Schulter. Als Hy nach seiner Waffe greifen
wollte, stolperte Mourning gegen ihn. Beide gingen zu Boden. Ich wirbelte herum
und wollte nach meiner .45er greifen.
Zu spät.
Jaime stand im Türbogen und zielte mit
einer ,357er Magnum auf uns. Seine dicken Lippen waren zu einem grotesken
Lächeln verzogen. »Was für ‘n Haufen payasos.«
Payasos: Clowns. Wieso verstand ich bei meinem
bißchen Spanisch nun gerade dieses Wort?
»Legt eure Knarren da drüben auf die
Bar«, sagte er noch.
Ich sah Hy an, der gerade wieder
aufstand. Sein Gesicht war weniger ängstlich als dämlich. Wir gingen zur Bar
und legten unsere Waffen ab. Ich ging rückwärts, bis ich mit meinem Hinterteil
an die Kante des Billardtischs stieß. Jaime ließ ich nicht aus den Augen. Hy
stand zwischen uns.
Auf dem Boden lag Mourning und stöhnte.
Ann Navarro lehnte noch immer mit wildem Blick an der Wand. Dann ging sie mit
beschwichtigender Geste auf Jaime zu.
Der schoß ihr lächelnd in den Kopf.
Als die Kugel in Anns Schädel eindrang,
schloß ich die Augen und drehte den Kopf so heftig zur Seite, daß mir ein Schmerz
in den Nacken schoß. Mein Magen drehte sich heftig. Ich öffnete die Augen und
sah für einen Augenblick zu Hy. Seine Gesichtszüge waren schlaff und grau. Ihm
war schlecht. Ich beugte mich ein wenig nach hinten über den Tisch. Mit den
Händen tastete ich über den Filz, bis ich eine Billardkugel zu fassen bekam.
Jaime lächelte noch immer. Er richtete
seine Pistole nun auf Hy. »Wärst besser nicht zurückgekommen, du Arsch.«
Die Kugel fest in der Hand, richtete
ich mich auf, holte weit aus und schleuderte sie Jaime an den Kopf. Im letzten
Augenblick erkannte ich, daß es die Achter-Kugel war.
Jaime sah meine Bewegung, allerdings zu
spät. Als er auf mich zielen wollte, krachte die harte Elfenbeinkugel laut
gegen seine Schläfe. Er verdrehte die Augen nach oben, ging in die Knie und
verlor die Magnum. Dann sackte er zur Seite.
Hy war mit einem Sprung an der Bar und
griff nach der einen Pistole, ich nach der anderen. Er hob Mourning auf und
legte ihn sich über die Schulter. Jetzt wurden im anderen Teil des Hauses hastige
Schritte laut. Salazar rief etwas auf spanisch.
Mit einem Satz waren wir im Freien,
rannten durch den Patio und dann den Weg hinunter. Wir liefen im Zickzack durch
die Agaven zum Strand.
»Mein Gott, McCone«, japste Hy,
Weitere Kostenlose Bücher