Wölfe und Kojoten
war er oben.«
Ich nickte. Hy ging auf die andere
Seite und stellte sich, die Waffe in der Hand, neben Ann Navarro. Ich öffnete
die Verriegelung, und sie stieg aus.
Ich ließ den Motor an und wendete. Der
Wagen stand jetzt mit der Nase zur Straße. Ich schloß ab, steckte die Schlüssel
in die Tasche und folgte Hy und Ann zum Strand.
»Wir gehen den Weg zurück, den wir
gekommen sind«, sagte ich zu ihr. »Ripinsky geht vor, ich hinter Ihnen. In der
Villa führen Sie uns zu Mournings Zimmer. Versuchen Sie nicht, jemanden zu
warnen. Tun Sie es doch, erschieße ich Sie, ohne zu zögern.«
Meine Worte schienen Ann Navarro mehr
zu überzeugen als mich selbst. Sie preßte die Lippen zusammen und sah zu Hy.
»Sie brauchen mich gar nicht so
anzusehen«, sagte er. »Auch ich würde nicht zögern.«
Bei diesen Worten wurde ein Hauch von
der Gewalttätigkeit sichtbar, die sich hinter seiner zivilisierten Fassade
verbarg. Zweifellos meinte er es ernst. Ich selbst war mir meiner Fähigkeiten
immer erst in der konkreten Situation sicher.
29
Noch immer fiel ein schwacher
Lichtschein aus dem Zimmer auf die Terrasse. Hy schwang sich auf die Mauer und
half Ann herauf. Ich folgte als dritte.
Einen Augenblick blieben wir im
Schatten stehen. Außer dem Rauschen der Brandung und dem Klopfen meines Herzens
war kein Laut zu hören. Adrenalin hatte den Puls beschleunigt. Hy tippte Ann
auf die Schulter und schob sie zur Tür. Sie versuchte, sie zu öffnen, und
drehte sich dann enttäuscht um.
Ich versuchte es selbst. Verschlossen.
Ich zog Ann zur Mauer zurück und flüsterte: »Gibt es irgendwo eine andere Tür,
die offen sein könnte?«
»Vielleicht im Patio, drüben am Pool.«
»Dann los.«
Sie führte uns quer über die Terrasse,
ein paar Stufen hinunter und einen von hohen Agaven gesäumten Weg entlang, der
in einen ummauerten Hof mit Schwimmbecken und Whirlpool mündete. Wir gingen
daran vorbei zu einer Schiebetür. Ann versuchte, sie zu öffnen, doch sie war
ebenfalls verschlossen.
Nahe an ihrem Ohr fragte ich flüsternd:
»Ist das da rechts der Flügel, wo Mourning und der Leibwächter schlafen?«
Sie nickte.
»Was ist mit den Fenstern?«
»Alle vergittert.«
Ich sah Hy an. Er zuckte mit den
Schultern.
»Sie müssen den Bodyguard wecken«,
sagte ich zu Ann. »Erzählen Sie ihm, Sie wären am Strand spazierengegangen und
ausgesperrt worden.«
Hy untersuchte die Tür. Er zeigte auf
die Stelle, wo sie sich öffnen würde, und schlüpfte dann hinter eine Agave
dicht an der Hauswand. Zu Ann sagte er: »Er soll Sie hier hereinlassen.«
»Wie soll ich...«
»Psst! Klopfen Sie an sein Fenster.
Sagen Sie, Sie wollten nicht klingeln, um nicht gleich das ganze Haus zu
wecken.«
»Ich weiß nicht, welches...«
»Versuchen Sie einfach eines. Wenn Sie
das falsche Fenster erwischen, werden Sie höchstens Mourning stören.«
Sie ging um die Ecke zum rechten Flügel
und zählte die Fenster ab. Ich folgte ihr, um sie zu bewachen. Am dritten blieb
sie stehen, stieg über ein niedriges Kaktusbeet und klopfte. Ich wartete in
einem Abstand von etwa anderthalb Metern. Eine männliche Stimme meldete sich.
Ann antwortete schnell auf spanisch.
Den wenigen Worten konnte ich entnehmen, daß sie uns nicht verraten hatte. Der
Mann sagte etwas, worauf sie bissig antwortete. Dann drehte sie sich um und
ging an mir vorbei auf die Tür zu.
»Versuchen Sie, ihn herauszulocken«,
flüsterte ich und folgte ihr. Von Hy war nichts zu sehen, nicht einmal ein
Schatten hinter der Agave. Nach einer Weile hörte man es im Haus klappern, dann
schob der Bodyguard einen Riegel zurück. Die Tür ging auf, und ein
kurzgewachsener, untersetzter Mann sah Ann an.
Sie war neben dem Pool stehengeblieben.
Zeigte auf das Wasser und sagte etwas.
Er runzelte die Stirn. » Qué ?«
»Està muerta .«
Der Mann trat mit finsterem Blick
heraus.
Hys Arm schoß hinter der Agave hervor
und legte sich fest um seinen Hals. Der Mann schnappte nach Luft, und Hy zog
ihn weiter nach draußen. Zugleich drückte er ihm die Halsschlagader ab. Der
Körper des Mannes wurde schlaff.
Ich sah mich um und entdeckte an der
Hauswand eine Kiste, wie man sie für die Aufbewahrung von Badezeug oder
Gartenpolster verwendet. Ich klappte sie auf, ließ aber Ann dabei nicht aus den
Augen. Die Kiste war leer. Ich winkte Hy. Er zog den Bodyguard heran.
Ich kniete mich hin und tastete ihn
nach einer Waffe ab. In der Tasche seines Bademantels war eine ,44er Magnum.
Ich
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