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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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würde ihm nichts bringen. Ich habe
mein Zimmer immer abgeschlossen, auch wenn ich nicht drinnen war.« Sie griff in
die Tasche und zeigte mir einen Schlüssel.
    »Wie stark steht Tim unter Drogen?«
    Sie überlegte. »Tagsüber war er auf den
Beinen, aber ziemlich high. Wahrscheinlich haben sie ihn für die Nacht außer
Gefecht gesetzt.«
    Ich versuchte, mir die Rettung eines
schwer angetörnten Mannes aus einem bewachten Haus vorzustellen. Eine scheinbar
unlösbare Aufgabe. Selbst wenn wir es bis Tijuana schaffen würden, blieb immer
noch das Problem der Grenze. Al Mojas, der Kojote, würde angesichts der
erhöhten Gefahr vielleicht abspringen. Wahrscheinlich würden wir uns in der
Grenzstadt irgendwo verkriechen müssen, um uns erst in der nächsten Nacht
wieder auf den Weg zu machen, wenn Mourning nüchterner war. Aber gefallen
wollte mir das auch nicht. Jede weitere Minute, die wir in Baja zubrachten,
konnte fatal sein.
    Natürlich gab es die Procuraduría de
Protección al Turista, an die man sich nach Auskunft aller Fremdenführer als
Tourist wenden konnte, wenn man Schutz brauchte oder ein rechtliches Problem
hatte. Ganz bestimmt. Wahrscheinlich hatte Fontes die Procuraduría längst auf
seiner Gehaltsliste und würde uns am Eingang freudig begrüßen. Außerdem gilt im
mexikanischen Rechtssystem das Prinzip des Code Napoléon: Du bist schuldig, bis
zum Beweis des Gegenteils. Und wir würden uns mit dem Einbruch in Fontes’ Villa
verdammt schuldig machen.
    Um meine Gedanken von all diesen
möglichen Fallstricken zu befreien, beschloß ich, ein paar Dinge zu klären, die
mich beunruhigten. »Sie hatten Tim in Ihrem Haus in der Nähe von Blossom Hill
festgehalten?« sagte ich zu Ann Navarro.
    »...Ja. Wir haben ihn aber nicht...
schlecht behandelt.«
    Auch wenn ihr vorhattet, ihn später
umzubringen. »Wie hat Fontes herausbekommen, wo er steckte?«
    »Es ist Diane herausgerutscht. Sie
trinkt, und wenn sie trinkt, redet sie zuviel.«
    »Kam Ihnen kein Verdacht gegen Fontes
und seine Absichten, als Jaime Tim gestern abend anbrachte?«
    »Woher wissen Sie das alles?«
    »Sie stehen schon eine ganze Zeitlang
unter Beobachtung.«
    »Also, ja... zuerst habe ich mich auch
gewundert, aber dann hat mich Gilbert auf die Seite genommen und mir erklärt,
er fände, wir alle seien hier in Baja sicherer. Wissen Sie, er bezahlt für
seinen Schutz durch die Polizei. Das leuchtete mir deshalb ein, und außerdem
hatte ich mir Sorgen um Tim gemacht. Er war allein gewesen, und keiner hatte
sich um ihn gekümmert. Anfänglich wollte ich nur eine Nacht hierbleiben.«
    »Wie hat Ihnen Fontes erklärt, daß er
im Besitz des Akkreditivs war?«
    »Er erzählte mir, Stan sei ein paar
Jahre zuvor, noch vor unserer Ehe, über längere Zeit in gewaltigen finanziellen
Schwierigkeiten gewesen und habe sich große Beträge von ihm geliehen, um wieder
aus dem Engpaß herauszukommen. Der Wechsel wurde fällig, und so hat Stan Fontes
das Akkreditiv als Sicherheit gegeben. Die Rückzahlung sollte dann aus unserem
Anteil erfolgen. Das hat mich überrascht, aber ich dachte, Stan würde schon
wissen, was er tat. Durch meine Verbindung zu Colores war ich die einzige, die
das Papier zu Bargeld machen konnte.«
    »Hat Stan jemals mit Ihnen über dieses
finanzielle Problem gesprochen?«
    »Nein.«
    »Oder die fälligen Schulden?«
    »Nein.«
    »Hat er jemals erwähnt, daß er Gilbert
Fontes kennt?«
    Sie schlug die Augen nieder und
schüttelte den Kopf.
    »Und Sie als kluge Geschäftsfrau haben
ihm die ganze Geschichte abgekauft, einfach so?«
    »Fontes hatte das Akkreditiv«, sagte
sie zu ihrer Verteidigung. »Er wußte Bescheid über die Entführung. Zuerst nahm
er mit Diane Verbindung auf, dann sie mit mir. Wir hielten es für das beste,
hierherzufahren und mit ihm zu reden. Bevor wir losfuhren, habe ich noch mit
Gilbert gesprochen. Ich hatte es mit der Angst bekommen, weil Stan sich nicht
gemeldet hatte. Er nannte mir das Hotel, in dem Stan in Mexico City wohnen sollte.
Ich rief dort an, und er war auch angemeldet.«
    »Aber Sie haben ihn nicht selbst
gesprochen.«
    »Er war nicht in seinem Zimmer.«
    »Haben Sie ihm eine Nachricht
hinterlassen?«
    »Ja.«
    »Aber er hat nicht zurückgerufen.«
    »Ich war schon unterwegs, bevor er die
Gelegenheit dazu gehabt hätte. Außerdem wußte ich, daß er für ein Hotelzimmer
auf dem Festland eine Tourist Card brauchte, und dazu muß man seinen Ausweis
vorlegen.«
    »Bei Stan ist aber kein Ausweis
gefunden

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