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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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bewahrt.
    Ich ignorierte ihren Blick und sagte
demütig: »Danke, Rae.«
    »Kümmer dich jetzt selbst darum. Du
bist nämlich nicht Robinson und ich nicht dein weiblicher Freitag.« Dann hob
sie den Kopf. »Deine Beförderung bringt vermutlich auch eine Gehaltserhöhung
mit sich. Sollten wir das nicht feiern? Laß uns ins Remedy gehen.«
    Die Remedy Lounge an der Mission Street
ist die Lieblingskneipe der All-Souls-Mannschaft. Wir hängen dort eine Menge
Zeit herum, aber normalerweise noch nicht um kurz nach zwei Uhr nachmittags.
»Jetzt gleich?« fragte ich.
    Rae zuckte verletzt mit den Schultern.
    Zum Teufel, dachte ich. Wenn ich ihr
ein Bier spendiere, wird sie vielleicht mit dem Schmollen aufhören, und ich
kann sie endlich um den Gefallen bitten. »Gehen wir«, sagte ich.
    »Vergiß es — es war nur ein Vorwand, um
mir einen hinter die Binde zu gießen. Ich muß achtgeben, sonst passe ich
plötzlich noch in das berühmte Klischee.«
    »Was für ein Klischee?«
    »Von der irischen Säuferin und
verschmähten Frau.«
    »Ist Willie immer noch so schwierig?«
    »Der Mistkerl geht nicht von diesem
Ehevertrag ab. Mein Gott, als ob ich hinter seinem Geld her wäre! Ich bin mir
nicht einmal sicher, ob ich ihn überhaupt noch will. So ein guter Fang
ist er nun auch wieder nicht. Schließlich war der Mann mal kriminell.«
    Arme Rae. Sie tat mir leid in ihrer
Verletztheit, aber zugleich war ich erleichtert, daß sie nun wohl doch nicht
die dritte — oder war es die vierte? — Mrs. Willie Whelan werden würde. Der
Mann hatte ein großes Herz, aber den Beweis, daß er einen geraden Weg durch
dick und dünn gehen konnte, war er noch schuldig. Als ich ihn kennenlernte, war
er ein erfolgreicher Hehler und auch noch stolz darauf. Sollte seine Kette von
Discount-Juwelenläden — sein ›Empire‹ nannte er sie — mal zusammenbrechen,
würde er vielleicht zu seiner alten Profession zurückkehren, und was würde dann
aus Rae? »Nimm dir statt eines Drinks ein paar von den ›Hershey’s Kisses‹.«
    »Vor allem Küsse haben mich in diese
Lage gebracht«, sagte sie trübe. Aber sie griff nach der Tüte und verstreute
nach und nach Aufreißfäden und Bonbonpapiere auf dem Teppich. Währenddessen
erzählte ich ihr von Hys Verschwinden, von Gage Renshaws Drohung, Hy
umzubringen, und von dem Job, den ich angenommen hatte, angeblich, um Hy zu
retten.
    Raes Augen wurden immer größer.
Schließlich hörte sie sogar auf, sich die Schokoladenspuren aus den Mundwinkeln
zu lecken. »Mein Gott, Shar«, sagte sie, als ich zu Ende war, »hast du keine Angst vor diesen RKI-Typen?«
    »Ich habe mehr Angst davor, was Hy
passiert sein könnte, und davor, was Renshaw tut, wenn er ihn findet.«
    »Darfst du bei Entführung überhaupt
ermitteln? Ich meine, ist das nicht wie bei Mord? Wenn du in einem Mordfall
herumstocherst, können die Cops dich drankriegen. Diesen Fall hat RKI nicht
einmal gemeldet.«
    »Seltsamerweise gibt es keine
Vorschrift, nach der eine Entführung angezeigt werden muß.« Mein Lieblingsbuch
ist das Strafgesetzbuch von Kalifornien. Im Lauf der Jahre bin ich auf eine
Reihe faszinierender Dinge gestoßen. So ist es zum Beispiel verboten, auf
öffentlichen Friedhöfen Vögel zu fangen oder zu töten. »Eine spezielle
Bestimmung im Strafgesetzbuch besagt, daß niemand daran gehindert werden kann,
einem Entführten zu Hilfe zu kommen, sei es durch Gewalt oder Lösegeldzahlung.«
    Rae wirkte beeindruckt. Ich glaube, sie
hat seit ihrem Abschluß in Berkeley kein Buch mehr in die Hand genommen.
    »Jedenfalls fahre ich in ungefähr einer
Stunde nach Novato«, fuhr ich fort, »um mit der Frau des Opfers zu sprechen.
Dann geht es weiter nach San Diego, und dazu brauche ich deine Hilfe.«
    »Du meinst, ich soll hier für dich
einspringen? Du weißt, daß ich das mache. Aber wenn die großen Bosse das
herausfinden...« Sie zuckte mit den Schultern. »Denk an die neue Vorschrift
über die Annahme hausexterner Aufträge. Das könnte sich nachteilig für deine
Beförderung auswirken.«
    »Vielleicht wäre das gar nicht so
schlimm.«
    »Wieso das?«
    »Ich habe jetzt nicht die Zeit, mit dir
darüber zu reden. Ich kann nicht einmal daran denken. Deckst du mich nun?«
    »Sicher. Aber du solltest eine gute
Entschuldigung für deine Abwesenheit haben, Krankheit oder so.«
    »Ich lüge nicht gern.«
    »Ich auch nicht, Shar, aber es wird
nicht ohne gehen. Schließlich riskiere auch ich meinen Job dabei.«
    »Dann vergiß es...«
    »Nein, es

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