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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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überhaupt nichts über mich — Sie haben sich
nicht einmal die Mühe gemacht zu fragen. Zwar habe ich nicht so harte Zeiten durchgemacht
wie Sie, aber ein Zuckerlecken war auch mein Leben nicht gerade. Vor allem
nicht, wenn es um Vorurteile geht. Sie mögen bemerkt haben, wenn Sie den Punkt
auch nie angesprochen haben, daß ich indianisches Blut in mir habe — ich bin zu
einem Achtel Schoschonin. Rassisten mögen kein Halbblut —oder Achtelblut.«
Jetzt betrachtete sie überrascht meine Gesichtszüge, und ich stellte fest, daß
sie zu sehr mit ihrem eigenen Minderheitenstatus beschäftigt gewesen war, um
ganz Offensichtliches überhaupt noch bemerken zu können.
    Ich sah auf die Uhr und stand auf.
»Gloria, ich habe Ihnen alle Zeit geopfert, die mir noch blieb. Ich werde
weiterhin über die Beförderung nachdenken, aber nur, soweit sie mir wirklich
etwas bringt. Eines aber möchte ich Sie noch fragen: Wessen Idee war es, mir so
mit Ihrer Geschichte zu kommen?«
    »...Wie meinen Sie das?«
    »Sie sind keine Frau, die leichthin
etwas von ihrer Lebensgeschichte preisgibt. War es Ihre oder Mikes Idee, auf
meine Gefühle anzuspielen?«
    »Ich würde nie...«
    »Natürlich würden Sie. Sie sind eine
ausgezeichnete Anwältin. Ebenso wie Mike. Es ist nichts dabei, die Emotionen
einer Jury anzusprechen, warum es also nicht auch bei mir versuchen?«
    Jetzt stand auch sie auf. »Sie haben
recht, Sharon. Warum nicht? Sie werden tun, was Sie tun müssen.«
    »Nach dieser Methode arbeiten wir bei
All Souls allerdings nicht.«
    »Wir. Das heißt wohl die alte Garde.
Die Privilegierten. Diejenigen, die glauben, sie können sich über die Regeln
hinwegsetzen.« Vielleicht war das ein Punkt für sie. Möglicherweise hatten wir,
die alte Garde, sie, Mike und andere Neue ausgeschlossen. »Ich glaube, darüber
müssen wir eingehender sprechen«, sagte ich. »Setzen wir uns mal zusammen, wenn
wir ein wenig Zeit haben?«
    Sie zuckte mit den Schultern und ging
zur Tür. Doch bevor sie in den Flur hinaustrat, drehte sie sich noch einmal um.
»Vielleicht kennen Sie All Souls nicht so gut, wie Sie glauben, Sharon. Sie
haben gefragt, wessen Idee es war, auf Ihre Gefühle anzuspielen. Nun, wir alle
waren es — alle Gesellschafter. Vielleicht war es nicht gerade die beste
Strategie, aber es geschah in bester Absicht. Keiner von uns möchte Sie
verlieren.«
    Während ich sie den Flur zornig
entlangklappern hörte, brach etwas in mir zusammen. Ich kannte All Souls
tatsächlich nicht mehr. Auch nicht meine alten Freunde, die Teilhaber.
     
     
     
     
     

7
    Als ich endlich die Crazy Horse Road
gefunden hatte, war es bereits zehn nach vier. Wie üblich gab es in San Rafael
einen Stau, und hinter Novato hatte ich ein paar Abfahrten verpaßt. Inzwischen
war ich ziemlich nervös und fragte mich, ob ich noch rechtzeitig eine Maschine
nach San Diego erreichen würde, um noch am gleichen Abend zu erledigen, was
erledigt werden mußte. Die schmale Straße wand sich am Rand eines
Naturschutzgebietes, der Indian Tree Open Space Preserve entlang. Ich sah nur
wenige Häuser, dafür aber Gruppen von Briefkästen am Ende von Privatstraßen.
Das Gelände stieg zu beiden Seiten der Straße an. Es war mit Eichen und Gebüsch
bewachsen. Gelegentlich flog ein rotschwänziger Falke vorbei, und ein
Straßenschild warnte vor Wildwechsel. Nach zweieinhalb Meilen erreichte ich die
steile, von Säulen gesäumte Auffahrt, die Gage Renshaw mir beschrieben hatte.
Ich sagte meinen Namen in die Sprechanlage, dann schwang das Tor auf, und ich
folgte dem gewundenen Asphaltweg den Hügel hinauf.
    Das Haus der Mournings aus Rotholz und
Bruchstein war an den Hang gebaut. Am Ende der Auffahrt parkten mehrere Wagen:
ein klappriger grüner Ford, zwei gleich aussehende graubraune Vans —
wahrscheinlich RKI-Fahrzeuge — und ein blauschillernder BMW mit
Autotelefonantenne am Heck. Ich manövrierte meinen MG zwischen die beiden Vans
und stieg aus. An der Garage entlang führten Steinstufen zu einem zweiten Tor.
Ich meldete mich erneut über eine Sprechanlage und wurde eingelassen. Der
Hauseingang lag am anderen Ende eines Patios mit kleinem Swimmingpool. Im Pool
schwamm eine tote Maus. Die Kübelpflanzen auf der Stützmauer des Patios waren
braun und verwelkt.
    Die Haustür öffnete sich. Ein
bewaffneter, grau uniformierter Wachmann musterte mich eingehend. Gleich hinter
ihm erschien Gage Renshaw. »Geht in Ordnung«, sagte er zu dem Wachmann. Zu mir
bemerkte er: »Sie haben sich

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