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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Sie
wirklich, sie lassen Timothy am Leben?«
    »Nichts deutet darauf hin, daß sie
tatsächlich im Besitz des Akkreditivs sind.«
    »Warum haben wir denn dann nichts mehr
von ihnen gehört?«
    »Lange Phasen des Schweigens gehören
zur Taktik von Kidnappern. Auf diese Weise zerren sie an Ihren Nerven.«
    »Was ihnen bestens gelingt. Ich hasse
das. Ich hasse das Warten. Ich weiß nicht, was ich tun und wo ich anfangen
soll.«
    »Anfängen womit?«
    Abrupt richtete sie sich auf, stellte
die Füße flach auf den Boden und beugte sich zu mir. »Wieviel hat Ihnen Gage
über die Situation hier erzählt? Ich meine, die Situation der Firma.«
    »Nicht sehr viel. Ich weiß, daß das
neue Medikament, das bei Phoenix Labs entwickelt wird, die Aktivisten beim
Tierschutz aufgescheucht hat. Ich weiß, daß Sie vermuten, eine radikale Gruppe
habe Ihren Mann entführt. Und ich weiß, daß Sie die geplante Aktienemission
rückgängig gemacht haben.«
    »Ich habe Sharon Informationsmaterial
über die biotechnische Industrie gegeben«, sagte Renshaw.
    Diane Mourning würdigte ihn keines
Blickes. »Das können Sie vergessen. Das meiste davon ist überflüssig. Ich
erzähle Ihnen alles, was Sie wissen müssen.«
    Ich sah Renshaw an. Er lümmelte in
seinem Sessel herum und wirkte genauso entspannt wie zuvor, aber seine Finger
waren so fest ineinander verschränkt, als wollte er jemanden erwürgen.
    »Unser Industriezweig ist relativ
jung«, begann Diane Mourning. »Vor zehn oder zwölf Jahren gab es nur zwei
Firmen auf diesem Gebiet, deren Aktien offiziell gehandelt wurden. Inzwischen
existieren etwa zweihundertfünfzig mit einem gemeinsamen Marktwert von über
vierzig Milliarden Dollar. Die Öffentlichkeit hält uns im allgemeinen für
Gen-Techniker, aber Gen-Technik ist nur eine von vielen neuen Techniken.
Phoenix Labs entwickelt auch ganz normale Pharmazeutika. Ist das soweit klar?«
    »Soweit ja«, sagte ich und ließ mich
von ihrem herablassenden Ton nicht irritieren.
    »Die Finanzierung«, fuhr sie fort, »ist
für unseren Industriezweig immer schon ein Problem gewesen. Wir müssen mit
einem Zehn-Jahres-Zyklus rechnen — das ist die durchschnittliche Zeit, die ein
Medikament braucht, bis es auf den Markt kommt. Das paßt nicht in den
Quartalszyklus des profitorientierten Aktienmarktes. Investoren sind
zurückhaltend Firmen gegenüber, die nicht regelmäßig Dividende abwerfen. Bei
Phoenix hatten wir Glück. Ein paar risikobereite Investoren zeigten frühzeitig
Interesse und brachten auf privater Ebene den größten Teil der fünfzig
Millionen ein, die wir für die Anfangsphase der Entwicklung benötigten. Jetzt
stehen wir am Beginn der Endphase, und jene Geldquellen sind versiegt. Also
müssen noch einmal fünfzig Millionen aufgebracht werden.«
    »Okay, die finanziellen Probleme sind
mir klar. Und wie steht es mit dem Umweltschutz — oder hier eher dem
Tierschutz?«
    »Das Medikament, das bei uns entwickelt
wird, das Interferon-1, gehört zu einer Gruppe von Inhibitoren, die das TAT-Gen
und damit die Eiweiß-Synthese hemmen. Mit ihrer Hilfe kann möglicherweise die
Vermehrungsfähigkeit des HIV-Virus zerstört werden. Wir brauchen noch ungefähr
zwei Jahre bis zum endgültigen Beweis, ob es beim Menschen wirksam ist, und die
vor uns liegende Phase ist dabei ganz entscheidend. Kontroversen gibt es wegen
der Versuchsbedingungen. Die Herstellung von Interferon-1 basiert nämlich auf
einer Substanz namens Delphol, die aus dem Knorpel von Delphinen gewonnen wird.
Und das treibt die Tierschützer auf die Barrikaden.«
    »Sie protestieren gegen das
Abschlachten von Delphinen.«
    »Für die sind Tiere wichtiger als
Menschen«, sagte Diane Mourning verächtlich. »Mir persönlich ist es wichtiger,
Menschen vor dem Aids-Tod zu bewahren. Im Grunde ist die ganze Aufregung
überflüssig, denn die Delphine brauchen wir nur für die Erprobungsphase. Für
nur eine einzige Behandlung wäre soviel Delphol notwendig, wie man es
kostendeckend gar nicht gewinnen kann. Zudem sind Delphine durch das Gesetz
über Meeressäugetiere aus dem Jahr ‘72 geschützt. Unser Ziel ist die
synthetische Herstellung dieser Substanz, und einer unserer Wissenschaftler hat
die Grundlagen dazu bereits entwickelt. Was wir jetzt nur noch brauchen, ist
die Grundlage für weitere Tests. Aber versuchen Sie mal, das diesen Verrückten
zu erklären. Die wollen ja gar nicht zuhören.«
    »Und jetzt haben Sie die geplante
Aktienemission zurückgezogen.«
    »Ja, zu einem

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