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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Zeitpunkt, an dem wir
eigentlich schnell vorankommen sollten. Verfolgen Sie den Aktienmarkt, Miss
McCone?«
    »Nein.« Ich habe selten soviel Geld
übrig, daß ich mir Gedanken über Börsenverläufe machen müßte, und selbst wenn,
glaube ich nicht, daß ich die Kurse wirklich genau verfolgen würde.
Aktienprofite irritieren mich so, wie sie mich langweilen.
    »1991 stiegen die Investitionen in die
Biotechnik auf über eine Milliarde Dollar an. Dieser Boom hat die
Marktanalytiker beunruhigt. Die Aktiengesellschaften haben nämlich nur wenig
Gewinn ausgeschüttet, dafür aber die Anleger mit Aussichten auf riesige
künftige Gewinne geblendet. Das funktioniert nur eine gewisse Zeit, bis die
Illusionen platzen. Letztes Jahr kam es dann zum großen Knall. Neuerdings ist
eine leichte Wiederbelebung festzustellen, doch niemand weiß genau, ob der
Markt nicht einem erneuten Einbruch entgegengeht.«
    »Und wegen der Entführung mußten Sie
jetzt die Bremse ziehen?«
    »Niemand investiert in eine Firma,
deren künftige Führung ernsthaft gefährdet ist.«
    »Haben Sie sich deswegen so vehement
gegen die Einschaltung von Polizei oder FBI gesträubt? Wegen der möglichen
negativen Publicity?«
    »Zum Teil, aber auch weil ich glaubte,
wir beschäftigten eine Sicherheitsfirma, die ihren Job versteht.« Sie warf
Renshaw einen eisigen Blick zu.
    Renshaw reagierte nicht, doch seine
Fingerspitzen trommelten inzwischen auf die Armlehne seines Sessels.
    »Und Sie wollen noch immer nicht die
Polizei einschalten?« fragte ich.
    »Nein. Ich bin sicher, Timothy ist tot,
und daran können auch die Behörden nichts mehr ändern. Sie würden sich nur
einmischen und Ihre Ermittlungen behindern. Gage sagt, Sie hätten
Insider-Informationen, durch die Sie Mr. Ripinsky und unser verschwundenes
Akkreditiv aufspüren könnten. Die zwei Millionen Dollar, über die wir jetzt
nicht verfügen können, machen unsere Position für potentielle Investoren
unattraktiv — gar nicht zu reden von unserer eigenen prekären Lage.«
    »Das Akkreditiv wurde doch nicht
eingelöst. Warum können Sie nicht über das Geld verfügen?«
    »Bei einem unwiderruflichen Akkreditiv
bleibt der Betrag unter Bankverschluß, auf einer Art Treuhandkonto wie bei
Immobiliengeschäften. Hat der Empfänger die Bedingungen des Akkreditivs
erfüllt, wird der Betrag freigegeben. Vorher kann keine Partei darüber
verfügen.«
    »Was sind das für Bedingungen?«
    »Sie betreffen vor allem die
Präsentation des Akkreditivs.«
    »Ich hätte gern eine Kopie davon«,
sagte ich zu Renshaw.
    »Ich faxe Ihnen eine nach San Diego.«
    Ich sah wieder zu Diane Mourning
hinüber und musterte sie diesmal genauer. War sie tatsächlich so kalt, wie sie
sich gab, oder hatte sie nur ihre Gefühle unter Kontrolle? Konzentrierte sie
sich auf den finanziellen Aspekt, um ihre Gefühle zu verdrängen? War das
Finanzielle nur ein Vorwand, um sich abzulenken von dem Gedanken daran, daß ihr
Mann vielleicht womöglich einen qualvollen Tod erlitten hatte?
    Diane Mourning erwiderte meinen Blick.
Sie musterte mich wie in einem Schnell-Leseverfahren. Nach einer Weile beugte
sie sich vor. Ich sah, daß ihre Fingernägel völlig heruntergebissen waren. Sie
wirkte verletzlich, dennoch fragte ich mich, ob der Grund für das Nägelkauen
die Sorge um ihren Mann oder um ihre Firma war.
    »Ich weiß, was Sie denken«, sagte sie
zu mir. »Ich weiß, wie das für Sie klingen muß. Timothys Entführung ist eine
persönliche Tragödie, an der ich jedoch nicht das geringste ändern kann. Ich
kann lediglich versuchen zu verhindern, daß sie sich zu einer Tragödie für
Phoenix Labs ausweitet. In gewisser Weise ist das einzige, das ich wirklich für
Timothy tun kann — die Firma schützen, die er aufgebaut hat. Ich kann all die
Jahre voller Opfer nicht einfach in den Wind schreiben.«
    Renshaw schnaufte verächtlich.
    Diane Mourning drehte sich zu ihm um
und war plötzlich wütend. »Was, zum Teufel, soll das bedeuten, Gage?«
    »Entschuldigen Sie, wenn ich es so
ausdrücke: Sie und Tim leben recht aufwendig, und dieses Gerede von aufopfernder
Arbeit klingt nicht sehr glaubwürdig. Die Eigentumswohnung in der Stadt und das
Strandhaus mögen Sie ja wieder aufgegeben haben, aber das hier ist schließlich
auch nicht gerade eine Armutsbehausung.«
    »Zu Ihrer Information: Dieses Haus mit
der gesamten Einrichtung wurde uns von einem unserer Kapitalgeber zur Verfügung
gestellt, der lieber woanders lebt. Die Autos? Sie sind von der

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