Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
dann in sein Büro gerufen. Du weißt, er liest
einem nie die Leviten, dennoch fühlt man sich so. Also, er sagte, er sei
enttäuscht von uns beiden — von mir, daß ich gelogen habe, und von dir, daß du
mich dazu angestiftet hast. Und er war wirklich enttäuscht, Shar. Du hättest
ihn sehen müssen.«
    Ich kannte diesen Blick von Hank nur
allzugut. »Und weiter?«
    »Er fragte mich, was da vor sich gehe,
und ich sagte, darüber könne ich nicht reden. Er sagte, das respektiere er,
aber wenn ich darüber sprechen könne, sei er bereit zuzuhören.«
    »Dann solltest du es ihm sagen.«
    »Aber...«
    »Nein, geh hin und erzähl ihm alles.
Ich will nicht, daß du für mich den Sündenbock spielst. Außerdem habe ich bei
All Souls sowieso alles vermasselt. Es spielt also keine Rolle mehr.«
    »Und was ist mit der Beförderung?«
    »Das ist wahrscheinlich jetzt kein
Thema mehr. Aber du könntest ihm sagen...«
    »Was?«
    Ärger stieg in mir hoch — über den
unfairen Versuch, mich in einen Job zu zwingen, von dem sie wußten, daß ich ihn
nicht wollte, und über die neue Organisation, die für die Kooperative
entwickelt worden war. Ich konnte nicht mehr zu Hank gehen und ihn um etwas
Zeit bitten, um diese Krise zu überwinden. Hinzu kam noch diese kleinliche
Regelung für Außendienst-Jobs, die Rae und mich zum Lügen genötigt hatte. Und
darum wollte ich Rae jetzt einen besonders unfreundlichen und verletzenden Gruß
an Hank auftragen. »Shar?«
    Schau, wozu du mich gezwungen hast. Dieser kindische Satz schoß mir durch
den Kopf. Es war eine bequeme Methode, die ganze Welt für die eigenen Fehler
verantwortlich zu machen. Ich hatte sie weiß Gott oft genug angewendet, aber
ich war kein Kind mehr. Ich hatte versäumt, mit Hank über mein Problem
zu sprechen. Ich hatte Rae um diese Lüge gebeten. Ich hatte mich
aus meinem Job hinauskatapultiert. Zu all diesen Dingen hatten mich weder
Umstände noch Personen genötigt.
    »Rae«, sagte ich, »sag Hank, es tut mir
leid. Und sag ihm, ich erkläre ihm alles, wenn ich zurück bin. Das bin ich
unserer Freundschaft schuldig. Mach dir keine Sorgen, daß dir wegen deiner
Rolle in dieser Sache Vorwürfe gemacht werden. Ich habe dich da hereingezogen,
und ich werde die Dinge richtigstellen.«
    »Es könnte sein, daß mir das
gleichgültig ist. Ohne dich wird das kein schöner Job mehr sein.«
    »Sag so etwas nicht.« Draußen erklang
Motorlärm. Ich schob den Vorhang neben dem Schreibtisch zur Seite und sah John
mit dem Motorrad die Auffahrt heraufkommen. »Darüber reden wir, wenn ich zurück
bin. Ich muß jetzt gehen.«
    »Aber wo kann ich dich erreichen?«
    »Das kann ich dir aus
Sicherheitsgründen nicht sagen, Rae. Ich versuche, dich morgen wieder
anzurufen. Mach’s gut.« Ich hängte ein und ging John entgegen.
    »Du bist also wach«, sagte er. Er kam
herein, ließ aber die Tür auf, damit ein Durchzug entstand. »Hier.« Er warf mir
einen festen Briefumschlag zu.
    »Was ist das?«
    »Noch ein paar Abzüge vom Bild deines
Freundes.«
    »Danke. Ich gebe dir das Geld zurück —
auch für ein paar Telefongespräche, die ich geführt habe. Hast du etwas herausgefunden?«
    Er ging zum Kühlschrank und nahm sich
ein Bier. »Nicht ich, aber Pete. Er ist irgendwie mit Vic verwandt, dem
Besitzer des Holiday Market. Vic war heute morgen dir gegenüber so
verschlossen, weil sein Laden so etwas wie ein Informationszentrum für Illegale
ist — wenn jemand gesucht wird, eine sichere Unterkunft oder eine
Mitfahrmöglichkeit nach Norden benötigt. Was immer gebraucht wird, Vic hilft
dabei.«
    »Auch mit Drogen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Davon hat Pete
nichts erwähnt.«
    »Und was ist nun mit Hy?«
    John lehnte sich an die Rückenlehne der
Couch und trank von seinem Bier. »Er war am Sonntag gegen Viertel nach fünf
dort, bestellte sich einen Kaffee, ging wieder hinaus und hing dann ungefähr
eine halbe Stunde da herum. Er hatte mit zwei Frauen gesprochen, das ist
alles.«
    »Kannte dieser Vic die Frauen?«
    »Die eine hatte er noch nie gesehen und
konnte sie auch kaum beschreiben. Nur, daß sie klein war und kurze dunkle Haare
hatte. Eine Latina. Die andere kennt er — Ana Orozco. Er hat sie angerufen und
gefragt, ob sie mit dir reden will. Sie will, aber nicht umsonst.«
    Ich hatte erwartet, daß ich für
Informationen zahlen muß, und dazu war ich auch durchaus bereit, wenn es mich
nur zu Hy führte. Aber langsam ging mir das Bargeld aus. »Wieviel?«
    »Dreiundsiebzig

Weitere Kostenlose Bücher