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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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weiß, wie gut es ihm geht.« Es klang
geringschätzig — aber auch zornig.
    »Dieser Patio erinnert mich irgendwie
an das alte Mexiko.«
    »Auch ein Dreckskerl kennt Heimweh, wie
mir scheint.«
    »Salazar ist Mexikaner?«
    Er nickte. »Geboren in Oaxaca, aber er
lebt schon länger hier als ich. Hat den größten Teil seines miserablen Lebens
in dieser Gegend hier verbracht. Das Schlimmste, was die Einwanderungsbehörde
jemals getan hat, war, ihm auf Dauer die grüne Karte zu erteilen.«
    Ich sah John an. Er saß auf der
Sesselkante, als wolle er jeden Augenblick aufspringen. Er sagte: »Der Kerl,
der uns hereingelassen hat, hat anscheinend ein Schulterhalfter getragen.«
    Luis wollte gerade antworten, als die
Glastür aufging und eine schlanke Gestalt heraustrat. »Salazar«, sagte Luis.
    Marty Salazar bewegte sich geschmeidig
und träge zugleich. Beim Näherkommen erkannte ich, daß seine schlanke Statur
täuschte. Unter dem leichten Sommeranzug sah man das Spiel der Muskeln. Er
hatte ein schmales ovales Gesicht mit eingefallenen Wangen. Die Augen blickten
unter halbgeschlossenen Lidern hervor. Eine eigentümliche dreieckige Narbe auf
der Stirn erinnerte mich an die Kopfplatte einer Klapperschlange. Abregos
Vergleich war mehr als treffend gewesen.
    Obwohl weder Luis noch John sich zur
Begrüßung erhoben, winkte Salazar uns, Platz zu nehmen. Ich ließ mich in den
Sessel neben John sinken. Salazar sagte auf spanisch etwas zu Luis — etwas über
eine abendliche Störung. Abrego antwortete in einem sarkastischen Ton, den ich
bisher bei ihm noch nicht gehört hatte. Bei seinen Worten verzogen sich
Salazars Lippen zu einer dünnen Linie. Er setzte sich in einiger Entfernung von
uns nieder, holte eine Zigarettenschachtel aus der Jackentasche und zündete
sich mit einem Silberfeuerzeug eine Zigarette an. Durch den Rauch sagte er zu
Luis: »Eines Tages gehst du zu weit, Mann.«
    »Eines Tages gehen wir beide zu weit —
bis ins Grab.«
    Salazar schaute weg. An so etwas wollte
er nicht denken.
    Abrego fügte hinzu: »Das sind die
Leute, von denen ich gesprochen habe. Beantworte der Lady ihre Fragen, dann
sind wir auch schon wieder weg.«
    Salazar musterte John und mich unter
den schweren Lidern hervor. Nach einer Weile sagte er zu mir: »Dann fragen
Sie.«
    »Luis sagt, er habe Sie am Sonntag
abend gegen elf an der Monument Road gesehen.«
    »Wenn Luis das sagt, muß es natürlich
stimmen.« Er warf Abrego einen spöttischen Blick zu.
    »Dort wartete ein Mann«, fuhr ich fort,
»neben der Straße zur Mesa. Dann hielt ein Jeep neben ihm an, er stieg ein, und
sie fuhren hinauf. Sie sind ihm gefolgt.«
    »Bisher habe ich noch keine Frage
gehört.«
    »Bitte sehr: Wohin ist der Jeep
gefahren?«
    »Wie soll ich das wissen?«
    Abrego wollte etwas sagen, aber ich kam
ihm zuvor. »Ich bin nicht hier, um Spielchen zu spielen, Mr. Salazar. Wohin ist
der Jeep gefahren?«
    Er ließ die Zigarette auf die Fliesen
fallen und trat sie mit dem Fuß aus. »Der Jeep«, sagte er bedächtig, »fuhr die
Straße zur Mesa hinauf.«
    »Und als er oben war?«
    »Kennen Sie das abgebrannte Lehmziegelhaus?
Dorthin fuhr er.«
    »Wer saß in dem Jeep?«
    »Nur die beiden Männer.«
    »Und dann?«
    »Was dann?«
    »Was haben die beiden Männer gemacht?«
    Salazar schien in die Ferne zu blicken.
»Das weiß ich nicht. Ich bin dann zurückgefahren. Es ist gefährlich da oben —
Banditen, la migra .«
    Das war die erste erkennbare Lüge,
dachte ich. Die Grenzpatrouille kümmert sich nachts nicht um die Mesa, und mit
Banditen aller Art würde er bestens fertig werden.
    »Die Wahrheit, Mr. Salazar«, sagte ich.
    Sein Blick huschte nach rechts. Ich
folgte der Richtung. Jaime, der Bodyguard, war herausgekommen und stand ruhig
hinter dem Palmenkreis.
    Auch John hatte ihn bemerkt, und der
Straßenkämpfer in ihm war erwacht. Sein Körper spannte sich und war bereit, mit
voller Kraft und zu einem möglicherweise tödlichen Schlag aufzuspringen. Ich
berührte seinen Arm, um ihn zu beruhigen, und hörte Luis sagen: »An so etwas
solltest du nicht einmal denken, Marty.«
    Salazars Finger umklammerten die
Armlehnen seines Sessels. Er sah Abrego scharf an, dann schien ihm etwas
einzufallen, und er schickte Jaime mit einer Handbewegung fort. Mir wurde klar,
daß Luis wirklich etwas verdammt Wichtiges gegen ihn in der Hand haben mußte.
    Nach einer Weile war Salazars Blick
wieder in die Ferne gerichtet. Er fixierte einen Punkt hinter mir und sprach
langsam: »In jener

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