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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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meiner Begleitung und mit dem, was ich
gegen ihn in der Hand habe... wird er sich benehmen wie ein echter Gentleman.«
    »Erzählen Sie mir von Salazar. Sie
nannten ihn einen Dreckskerl.«
    »Eine viel zu nette Bezeichnung für
ihn. Salazar hat überall seine Finger drin, hier und in Tijuana — Drogen,
Mädchen, Pornographie, falsche Papiere... Er kauft und verkauft alles und
jeden, wenn nur der Preis stimmt. Er tut alles. Er kriecht herum wie eine
Klapperschlange, und wenn er seine Chance sieht, beißt er zu...« Abrego ließ
seine Hand hervorschießen und schnappte wie eine Schlange nach meinem Gelenk.
    »Meinen Sie, er wird mir sagen, was auf
der Mesa passiert ist?« fragte ich.
    Abrego dachte nach. »Irgendwas wird er
Ihnen erzählen. Etwas davon wird stimmen, anderes nicht. Suchen Sie sich aus,
was Sie gebrauchen können.«
    Ich nickte. Dann sah ich auf die Uhr.
»Danke, daß Sie das arrangiert haben, Luis. Bis zehn Uhr dann.«
    »Ich warte draußen auf Sie. Ein grauer
Dodge, so ein alter Klapperkasten. Sie fahren mir dann nach.«
     
    Auf dem Weg zurück zum Scout fragte
John: »Was hast du jetzt vor?«
    »Ich weiß nicht. Und du?«
    »Ich weiß nicht. Hast du Hunger?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Wir sollten etwas essen — außerdem
haben wir viel Zeit totzuschlagen.«
    »Wir«, murmelte ich, zu müde, um zu
widersprechen.
    »Ich weiß etwas. Wir nehmen den Freeway
Richtung Norden. Am Harbor Drive gibt es gute Hamburger. Groß und billig.«
    Eines wird mein Bruder gewiß nie werden
— ein Gourmet.
     
    Als wir den Laden verließen, den man
nur bei großzügiger Auslegung noch Restaurant nennen konnte, war es noch keine
acht. Der große, billige Burger lag mir wie ein Stein im Magen. »Was machen wir
jetzt?« fragte John. »Hast du eine Idee?«
    »Nein.«
    »Du solltest dir nicht so viele Sorgen
machen.«
    »Das ist leichter gesagt als getan.
Aber jetzt fällt mir ein, was ich gerne machen würde: einen Strandspaziergang.«
    »Jetzt? Warum das?«
    »Wenn ich Probleme habe, zieht es mich
noch immer zum Wasser.«
    »Okay, dann gehen wir zum Strand. Zu
welchem?«
    »Egal.«
    Also bogen wir am Point Loma zum Ocean
Beach ab, wo John sich vor seiner Ehe immer herumtrieb und Mädchen aufzureißen
versuchte. Es war eine typisch südkalifornische Strandgemeinde mit schäbigen,
durch Salz, Wind und Wetter verwitterten Apartment-Häusern und Bungalows,
verputzt, aus Holz oder mit Schindeln verkleidet. Wir stellten den Wagen ab und
liefen, an einer Gruppe Volleyball spielender Jugendlicher vorbei, durch den
Sand zum Wasser. Es war gerade Ebbe, und ich ging auf dem feuchten, festen Sand
immer ein paar Schritte vor John her. Als wir den ersten Strandwachturm hinter
uns hatten, ließ er sich zurückfallen. Offenbar spürte er, daß ich allein sein
wollte. Ich machte mein Haar auf, ließ es in der kühlen Brise wehen und atmete
in tiefen Zügen die frische Luft ein.
    Ich dachte an Hy.
    Nach einer Weile ging ich schneller und
versuchte, durch weitausholende Schritte meine bösen Vorahnungen abzuschütteln.
Doch sie bewirkten nichts weiter als eine verstärkte Adrenalinproduktion,
allerdings keine positive, denn nun musterte ich jeden, der mir entgegenkam,
mit mißtrauischem Blick. Eigentlich hatte ich vorgehabt, bis zum
Ocean-Beach-Pier zu gehen, aber dann kehrte ich doch um und rannte zu John
zurück, der an den Fuß des Wachturms gelehnt im Sand saß.
    »Laß uns zurückgehen«, sagte ich.
    Er sah auf die Uhr. »Wir können auch
schon jetzt nach National City zurückfahren. Wenn wir zu früh sind, bleiben wir
einfach im Wagen sitzen, bis Luis auftaucht.«
    Als wir vor dem Scout standen, merkte
ich, daß meine Nerven zum Zerreißen angespannt waren. Wenn ich mich so ans
Steuer setzte, wäre ich eine Gefahr für die Menschheit. Also bat ich John zu
fahren. Er stieg ein, endlich wieder Herr seines eigenen Wagens. Ich seufzte
und wußte nicht mehr, warum ich mich anfangs so gesträubt hatte. Wie immer bei
nicht übermäßig wichtigen Dingen bekam John auch diesmal genau das, was er von
Anfang an gewollt hatte.
     
    Abrego lotste uns zu einem Haus an der
Island Avenue in der Innenstadt von San Diego. Obwohl die Straße nur fünf Blocks
und wenige Minuten vom Broadway entfernt liegt, kommt man sich wie auf einem
anderen Planeten vor. Der Broadway glänzt mit seiner unverwechselbaren und
bisweilen ausgefallenen Architektur, zum Beispiel der Fassade des neuen Emerald
Shapery Center, das an geschliffene grüne Kristalle erinnern

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