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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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verband die Kreise mit punktierten Linien und Pfeilen. Weiter zum
Papierrand hin fügte ich die Namen Marty Salazar, Terramarine, RKI, Phoenix
Labs und Colores Internacional hinzu. Unter Colores zeichnete ich einen
weiteren Pfeil und setzte den Namen E. Fontes daneben. Ordnungshalber fügte ich
dann noch den seines Bruders Gilbert hinzu.
    Jeder hatte irgendeinen Bezug zu jedem,
und nichts davon ergab auch nur den geringsten Sinn.
    Ich zog das Telefon heran und
versuchte, Kate Malloy zu erreichen. Das Büro der Spaulding Foundation war
geschlossen, und die Auskunft hatte keinen Eintrag einer Privatnummer von ihr.
Dann probierte ich es bei Gary Viner. Vielleicht war der Tote im Leichenschauhaus
inzwischen identifiziert worden. Viner war nicht im Dienst, seine Privatnummer
nicht eingetragen. Ich rief das nächstgelegene Avis-Büro an, aber dort konnte
man mir keine Auskunft über Hys Wagen geben. Ja, sagte der Mann, mit ihren
Fahrzeugen sei die Ausreise nach Baja California erlaubt. Für alle Fälle ließ
ich mir einen für den nächsten Morgen reservieren.
    Schließlich ging ich in die Kochnische,
fand eine Gabel und schlang den Salat hinunter, fast ohne zu merken, was ich
aß. Dann belegte ich mir ein Sandwich und goß mir noch ein Glas Wein ein. Ich
schlang auch das Sandwich hinunter und überlegte einen Augenblick. Dann
beschloß ich, Feierabend zu machen. Vielleicht gab es etwas Lohnendes im
Fernsehen. Morgen würde ich dann schon klarer sehen...
    Was war denn das da für eine große
pinkfarbene Plastiktüte auf dem Bett. Ach du lieber Himmel — W. C. Hatte ich
doch meinen seidenen Fünfundsiebzig-Scheinchen-plus-Steuer-Papagei total
vergessen! Ich befreite ihn aus der Tüte und sah ihn so mürrisch an wie er mich.
»Hast mich eine Stange Geld gekostet, Kumpel«, sagte ich zu ihm, »und meine
Katzen werden dich überhaupt nicht leiden können.«
    Dann setzte ich ihn auf das Bett und
lehnte ihn an ein Kopfkissen. Zog mich aus und schaltete den alten Fernseher
ein. Eine Wiederholung von »Cheers« — eine dieser wunderbaren alten Folgen mit
Shelley Long. Während einer Werbeeinblendung packte ich mir W. C. und sah nach,
ob die Verkäuferin das Preisschild unter dem Flügel entfernt hatte. Sie hatte,
doch da war noch ein anderes Schild an der Naht, die den Flügel mit dem Körper
verband. Ich schob die Federn hoch und beugte mich unter die Nachttischlampe.
    Colores Internacional, Mexico City, las
ich.
    Die Firma von Emanuel Fontes, dem
Umweltschützer. Und die Firma, auf die das Akkreditiv für das Mourning-Lösegeld
ausgestellt war.
    W. C. im Würgegriff, ließ ich mich auf
das Kopfkissen fallen. Ein Zufall? Das bezweifelte ich.
    Zunächst hatte es den Anschein, als
habe das Opfer seine Entführung selbst inszeniert. Dann war diese Vermutung durch
ein Foto von ihm, das Angst und Schrecken ausstrahlte, widerlegt worden. Jetzt
fuhr seine Ehefrau mit einer Frau nach Baja, die Ware für ihr Geschäft von der
Firma kaufte, auf die das Akkreditiv ausgestellt war. Mit einer Frau, die am
Tag von Hys Verschwinden mit ihm in Verbindung gestanden haben soll. Mit einer
Frau, deren Mann in die Entführung verwickelt war...
    Doch warum waren Mourning und Navarro
nach Baja gefahren? Wenn ihre Fahrt etwas mit dem verschwundenen Akkreditiv zu
tun hatte, warum waren sie dann nicht nach Mexico City geflogen?
    Auf dem Bildschirm warf Ted Danson
gerade Shelley Longs ausgestopfte Tiere aus dem Fenster. Ich sah W. C. an und
überlegte, ob ich ihm die gleiche Behandlung widerfahren lassen sollte. Der
verdammte Papagei hatte mir einen Hinweis geliefert, und ich wußte nichts damit
anzufangen. Wahrscheinlich würde ich wieder einmal die ganze Nacht wach liegen.
    Ich schloß die Augen und wartete auf
den Schlaf, der mich gewöhnlich überfiel, wenn ich mir Spätfilme im Fernsehen
ansah. Vor meinem inneren Auge tauchten Bilder aus den vergangenen Tagen auf.
Als ich sie wieder öffnete, lief gerade ein Werbespot für Sea World.
Flaschennasige Delphine tollten in ihrem Becken herum, und Kinder fütterten sie
mit Sardinen. Ich starrte einen Augenblick lang auf das Bild und lächelte dann.
    Die Geschöpfe der Luft und des Meeres
meinten es offensichtlich gut mit mir heute.

Samstag, 12. Juni
     

19
    Beruflich gesehen ist der Samstag ein
verdammt frustrierender Tag für Ermittler. Die Büros sind geschlossen,
Informationsquellen versiegt, und Informanten sind an den Strand gefahren.
Trotzdem war ich früh aufgestanden und hatte mir in der

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