Wölfe und Kojoten
gefolgt sein. Und wie ich schon sagte, Salazar treibt sich hier nicht
herum... Ach, verdammt!«
»Was ist?«
»Dieser verdammte Pete!«
»Pete, der für meinen Bruder arbeitet?«
»Genau.« Vic zog ein saures Gesicht.
»Pete ist der Sohn meines Vetters, und er ist okay. Aber er gehört zu diesen
Burschen, die überall mitspielen müssen. Er übernimmt auch Aufträge für Salazar
— ich will gar nicht wissen, was für welche. Ich wette, er hat ihn auf Sie
angesetzt.«
»Sie meinen, nachdem John ihn gebeten
hat, bei Ihnen nach dem Anglo zu fragen, der hier aufgetaucht ist?«
»Hm. Pete kam mit seinem Foto her — dem
gleichen, das auch Sie mir gezeigt haben —, und ich sagte ihm, was vorgegangen
war. Dann habe ich Ana Orozco angerufen, und Pete hat Anas Adresse
aufgeschrieben, um sie Ihnen zu geben. Wahrscheinlich ist er damit dann bei
Salazar hausieren gegangen.«
»Aber warum glaubte er, Salazar könnte
an mir interessiert sein? Oder an der Sache, in der ich ermittle?«
Vic zuckte mit den Schultern. »Salazar
ist an allem interessiert, was in South Bay vor sich geht. Und er bezahlt gut.«
Also war es wahrscheinlich einer von
Salazars Leuten gewesen, der mich beobachtet hatte, als ich am Nachmittag vor
Luis Abregos Haus im Wagen saß. Das hieß, Salazar war mehr oder weniger auf die
Fragen vorbereitet gewesen, die ich ihm abends gestellt hatte. Und es waren
ebenfalls Salazars Leute, die um das Haus meines Vaters herumgeschlichen waren.
Und schließlich der Mann mit der Padres-Mütze, den ich im Gedränge von Huston’s
abgehängt hatte? Und wie sah es in diesem Moment aus?
Ich runzelte die Stirn und sah durch
das vergitterte Fenster auf den Parkplatz. Vic bemerkte mein Unbehagen und
murmelte: »Ich könnte Pete eine verpassen!«
»Mein Bruder wird auf ihn aufpassen«,
sagte ich. »Darf ich Sie inzwischen um einen Gefallen bitten?«
»Den bin ich Ihnen wohl schuldig. Worum
geht es?«
»Eine Fahrgelegenheit zum Avis-Verleih
in der Stadt.«
»No problema. Ich weiß auch schon, wie ich es mache,
daß es keiner merkt — falls Sie jemand beobachtet. Mein Lagerarbeiter bringt
Sie einfach wie einen Sack Kartoffeln in meinem Lieferwagen hinaus.«
Ob mir der Vergleich gefiel, wußte ich
nicht so recht, aber ich fuhr ohne Einwand mit.
Während ich auf meinen nächsten
Mietwagen wartete, rief ich in dem Büro von einem Münztelefon aus Ron Chan an.
Er hob nicht ab. Ich warf weitere Münzen in den Schlitz und wählte die Nummer,
die ich am Morgen im Telefonbuch gefunden hatte. Professor Harold Haslett,
Emeritus der Universität von San Diego, war nicht in seiner Wohnung in Point Loma.
Aber eine Frau mit freundlicher Stimme, die sich als seine Haushälterin
vorstellte, sagte mir, ich könne ihn am Hafen finden. Als ich fragte, wo,
antwortete sie vage: »Ach, irgendwo in der Nähe der G Street Mole.« G Street
Mole ist für die Alteingesessenen das, was jetzt Tuna Harbor heißt. Professor
Haslett war ein Freund von Melvin Hunt, und ich hatte ihn beim Weihnachtsbuffet
bei Hunt und meiner Mutter kennengelernt. Als ich eingehängt hatte, fragte ich
mich, warum er wohl seinen Samstag in dieser Touristenfalle zubrachte.
In diesem Augenblick wurde mein Wagen
vorgefahren, ein flotter weißer Toyota Tercel. Ich hinterlegte meine Kaution,
stieg ein und machte mich mit dem Wagen vertraut. Dann nahm ich die Spur auf,
die mir am Abend zuvor so vielversprechend erschienen war.
In der Bucht von San Diego lag früher
die größte Thunfischflotte des Landes und mit ihr viele andere Fischkutter. Ich
erinnerte mich, wie ich als Kind zu den Piers gegangen war, um meinen Onkel Ed
zu besuchen, der häufig mit einem Beitrag aus seinem Tagesfang dem Essensbudget
der McCones auf die Sprünge half. Damals herrschte im Hafenviertel ein
geschäftiges und aufregendes Treiben. Es gab Fischerkneipen und Tavernen,
Billigläden, Tätowierungssalons, Marineausstatter, Missionshäuser, billige
Hotels, möblierte Zimmer und die unvermeidlichen Pfandhäuser. Überall wimmelte
es von Seeleuten. Sie trafen sich vor den Spielhallen und Anwerbeschaltern,
tranken Bier oder frisch gerösteten Kaffee und sahen hübschen Mädchen nach. An
den Kais dümpelten Schiffe und Boote aller Art und Größe. Mich faszinierten vor
allem die Schleppnetzfischer, die ihre Netze neben den Booten auf den Piers
ausgebreitet hatten, wo die jeweilige Bootsbesatzung, die sehr häufig noch das
Portugiesisch oder Italienisch ihrer Vorfahren sprach, saß und sie
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