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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Flaumfedern auf dem Kopf eines Vogelbabys
zählen.«
    An frisch geschlüpfte Vogelbabys und
ihre Flaumfedern hatte ich nun wirklich nicht gedacht. Verblüfft starrte ich
ihn an.
    Er wurde rot. »Ich dachte nur, Sie
wollten vielleicht Vögel beobachten.«
    »Sehe ich aus wie eine, die Vögeln
nachstellt?«
    »Ich wollte Sie nicht kränken.«
    »Nein, ich möchte nur Ihre Meinung
hören. Sehe ich so aus?«
    »Also, wissen Sie... nein. Vielleicht
interessieren Sie sich eher für Wale.«
    Ich mußte lächeln über diesen
kläglichen Versuch, sich aus der Affäre zu ziehen. »Okay, ich nehme das
Objektiv. Ich brauche aber auch eine Kamera und Filme.«
    Er strahlte und bugsierte mich in die
Abteilung für fabrikneue Kameras. Ich schüttelte entschieden den Kopf und
zeigte auf die Abteilung mit den gebrauchten Apparaten. Meine eigene Kamera ist
eine dreiundzwanzig Jahre alte Nikkormat, die ich gebraucht gekauft hatte. Ich
bevorzuge schlichte Spiegelreflexkameras mit möglichst wenigen automatischen
Funktionen. Die Canon, auf die meine Wahl fiel, war sogar noch einfacher als
meine Nikkormat und kostete weniger als ein Viertel von dem, was ich für das
Teleobjektiv nebst Zubehör zahlen mußte.
    »Ich weiß nicht«, murmelte der
Verkäufer, als er meinen Einkauf zur Theke mit den Filmen trug. »Das ist so,
als schmückten Sie ein Warzenschwein mit einem Diamantcollier.«
    Ich antwortete nicht; statt dessen
fragte ich mich, wie um alles in der Welt ich RKI den Vorschuß zurückzahlen
sollte. Schließlich wurde mir klar, daß ich nach meiner Rückkehr keinen Job
mehr haben würde.
     
    Ich hatte ganz vergessen, etwas zu
Mittag zu essen. Also hielt ich ein paar Blocks weiter vor einem Restaurant, aß
hastig ein Sandwich und ging zum Telefon, um Gary Viner bei der Polizei von San
Diego anzurufen. Viner schien nicht überrascht, von mir zu hören.
Wahrscheinlich konnte ihn überhaupt nur sehr wenig überraschen. »Konnte der
Tote, der auf der Mesa gefunden wurde, inzwischen identifiziert werden?« fragte
ich.
    »Ja.«
    »Und?«
    Er schwieg.
    »Soll ich raten?«
    »Warum nicht.«
    »Stanley Brockowitz, wohnhaft San
Clemente, Blossom Hill.«
    Jetzt hatte sein Schweigen einen
anderen Unterton. Schließlich sagte er: »Ich dachte, du hättest keine Ahnung,
um wen es sich handelte.«
    »Hatte ich auch nicht — damals.«
    »Und jetzt?«
    »So wie es jetzt aussieht, könnte er
etwas mit meinem Fall zu tun haben.«
    »Dann komm lieber her, und mach eine
Aussage.«
    »Geht nicht. Ich bin... nicht in San
Diego.« Meine Verbindung zu RKI hatte mich offenbar zur Paranoikerin gemacht
und zu einer Lügnerin obendrein.
    »Woher rufst du an?«
    »Vom Süden.«
    »South Bay? Dann könntest du...«
    »Noch weiter südlich.«
    »Mexiko? Wieso bist du...?«
    »Das erzähle ich dir, wenn ich zurück
bin. Hast du Brockowitz’ Frau schon vom Tod ihres Mannes unterrichtet?«
    »McCone...« Er seufzte tief. »Wir haben
es versucht, aber sie ist nicht zu Hause und auch nicht in ihrem Laden.«
    »Also gab es auch noch keine Mitteilung
an die Presse?«
    »Erst wenn wir sie erreicht haben. Hast
etwa du eine Idee, wo sie stecken könnte?«
    »Ich? Ich kenne die Frau nicht einmal.«
    »Sieh mal, McCone, ich möchte...«
    »Hast du das ganze Wochenende Dienst?«
    »Ich werde... Nein, in ein paar Stunden
fahre ich nach Hause und streiche das Wohnzimmer.«
    »Gib mir deine Privatnummer.«
    »Warum?«
    »Weil ich sie vielleicht brauche.«
    »McCone, in diesem Mordfall ermittelst
du nicht, ist das klar? In diesem Staat darfst du nämlich gar nicht in einem
Mordfall ermitteln.«
    »Ich bin ja nicht einmal im Lande.«
    »Ich möchte, daß du deinen Hintern
bewegst und...«
    »Wie lautet deine Privatnummer?«
    »Sie ist nicht eingetragen.«
    »Das weiß ich. Wie lautet sie?«
    »McCone...«
    »Bitte. Für dein Lieblings-Cheergirl.«
    »Himmel, bist du eine Plage!« Dann
seufzte er und nannte mir die Nummer. »Weißt du, das ist eine emotionale
Erpressung. Wenn du zurück bist, werden wir uns mal über dein Benehmen
unterhalten müssen.«
    »Wie bitte?«
    »Ich sagte...«
    »Himmel, ist die Verbindung schlecht!«
    »Ich verstehe dich gut.«
    »Dann ist sie auf meiner Seite
schlecht. Schließlich habe ich dich angerufen.«
    »Ich weiß, daß du mich angerufen
hast.«
    »Und dich durcheinandergebracht.«
    » Was bitte?«
    »Wie bitte?«
    Ich hängte ein und machte mich auf den
Weg zur Grenze.
     
     
     
     
     

21
    Ich beschloß, die gebührenpflichtige
Interstate bis

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