Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)
trat mit einem flockigen »Moin, moin« auf den Hof.
Hannes verdrehte die Augen. Warum blieb der Idiot nicht in seiner Höhle da oben?
Kommissarin Bukowski stellte erneut sich und den Kollegen Bruckmann vor und fragte Robin nach seinem Namen. Er bekam wie Hannes das Foto gezeigt und die Frage gestellt, ob ihm der Name etwas sagte. Robin schlug sich nicht schlecht. Stirnrunzelnd betrachtete er das Bild, schien in seinem Gedächtnis nach dem Namen zu kramen und kam schließlich zum selben Ergebnis wie Hannes. Zum Glück fragten die beiden nicht nach dem Verhältnis zwischen Robin und Klara. Offenbar hielten sie ihn lediglich für den Mieter der oberen Wohnung.
»Wissen Sie etwas Genaueres über den derzeitigen Aufenthaltsort von Frau von Rüblingen?« fragte die Blonde. Hannes wurde flau. Er hatte versäumt, Robin in die Schweden-Geschichte einzuweihen. Sie war ihm erst vorhin eingefallen. Robin runzelte erneut die Stirn, als müsse er angestrengt nachdenken. Noch immer hielt er den grauen Müllsack in der Hand.
»Nein. Keine Ahnung. Aber die ist öfter unterwegs und sagt keinem Menschen Bescheid«, sagte Robin. »Sie ist überhaupt sehr verschlossen, was ihr Privatleben angeht«, fügte er hinzu.
»Gut, dann bedanken wir uns«, sagte die Kommissarin und die beiden stiegen ins Auto.
Hannes und Robin beobachteten, wie sie im Hof wendeten und davonfuhren.
»Warum bist du runtergekommen?«
»Ich dachte: Frechheit siegt. Aber du hättest diese Sache mit Schweden vorher mit mir abstimmen sollen, mein Alter.«
»Ja, verdammt«, sagte Hannes. »Ich bin ein Trottel. So was darf nicht noch mal passieren. Aber woher wußtest du …«
»Ich habe selbstverständlich im Treppenhaus gelauscht«, verriet Robin.
»Gut gemacht. Ich denke, wenn Klara jetzt keinen Mist baut, dann haben wir gute Chancen, davonzukommen.«
In diesem Augenblick kam Barbara aus der Tür. Sie hatte ihre Handtasche umhängen und trug in jeder Hand einen Koffer.
»Was ist denn jetzt los?« fragte Robin.
»Sie verläßt mich«, sagte Hannes und warf Barbara einen wütenden Blick zu. Die bemerkte ihn nicht, denn sie hievte gerade die Koffer in ihren Polo, der genaugenommen auch Hannes gehörte. Aber man ist ja nicht kleinlich, dachte er bitter. Das Auto hatte gerade mal so viel gekostet wie die Lederausstattung seines Audi.
»Na, Jungs, alles gut gelaufen?« fragte Barbara.
»Schon«, sagte Robin. Er wartete, daß sich Barbara von ihm verabschiedete, aber statt dessen ging Hannes zu ihr. Robin sah sie kurz miteinander reden, der Mimik nach waren es keine Freundlichkeiten, die sie austauschten. Dann stieg Barbara in den Polo und fuhr los. Sie winkte Robin flüchtig zu. Der stand verlegen da und würgte den Müllsack. Das Tor stand noch offen vom Besuch der Polizei. Auf einmal lief Hannes dem Wagen ein paar Schritte hinterher und schlug heftig gegen die Seitenscheibe. Sie hielt an.
»Ist noch was?«
»Den Toröffner, der im Wagen liegt, kannst du hierlassen. Den brauchst du nicht mehr«, sagte Hannes, wobei er besonderes Gewicht auf das Du legte.
Hannes fuhr Klaras PC hoch und klickte sich bis zu ihrem Satelliten-Suchsystem durch. Er wählte die Karte Niedersachsens und gab Merlins Codenummer ein. Es dauerte eine knappe Minute, dann sah Hannes den Wolf als kleinen weißen Pfeil auf grünem Hintergrund. Er zoomte und erkannte die Umgebung anhand einiger markanter Punkte in der Karte.
»Hab ich dich«, sagte er und rief sofort Klara an.
»Merlin ist im Deister. Oberhalb vom Saupark bei Springe.«
»Gut. Das dachte ich mir. Beobachte ihn weiter.«
»Soll ich nicht versuchen, ihn zu kriegen?«
»Es ist fraglich, ob er sich kriegen läßt. Ich denke, er sucht mich und die anderen auf den gewohnten Strecken. Oder er möchte zu den Sauparkwölfen.«
»Vielleicht läßt er sich locken, wenn er erst mal tüchtig Hunger hat.«
»Möglich. Warte am besten bis morgen.«
»Die Polizei war da.«
»Schon?«
Hannes gab das Gespräch wieder.
»Gut«, sagte Klara. »Ich rufe Frau Oberkommissarin Bukowski am Montag aus Schweden an.«
Schweigen am anderen Ende.
»Du bist immer noch so komisch«, stellte Klara fest.
»Ein Kollege meines Alters hatte einen Schlaganfall, und Barbara ist weg.«
»Wie, weg?«
Er erzählte Klara alles, auch das mit den Fotos. Klara hörte ihm wortlos zu, dann sagte sie: »Donnerwetter. Die haben wir ganz schön unterschätzt. Dann sieh mal zu, daß du sie gut unterbringst.«
Hannes gab ein Knurren von sich.
»Hast du
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