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Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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inzwischen was über die angebliche Nasrin rausgefunden?«
    »Nein. Ich hatte bis jetzt einfach keine Zeit dazu. Ach, noch was: Wir sollten auf unseren Telefonen und Handys nicht mehr über gewisse Sachen reden.«
    »Du meinst, sie hören uns ab?«
    »Noch nicht, aber möglicherweise demnächst. Hör mal, vorhin, im Radio … Sie haben eine Sturmwarnung für heute nacht und morgen rausgegeben.«
    »Ja, hier oben zieht es ganz ordentlich.«
    »Du willst doch nicht etwa auch bei Sturm im Freien übernachten?«
    »Hannes, ich bin alt genug«, sagte Klara genervt und legte auf. Hannes fluchte.
    Wasser stand in den Abdrücken, die die Reifen der Traktoren hinterlassen hatten. Dr. Linke trug Gummistiefel und einen Regenmantel. Trotzdem war der Spaziergang heute keine rechte Freude. Ein kühler Wind war aufgekommen, und es fing schon wieder an zu regnen. Es roch nach frischem Mist. Aber darüber durfte man sich nicht beschweren, wenn man auf dem Land wohnte. Moritz schien das Wetter egal zu sein. Im Zickzack fegte der Golden-Retriever-Rüde über die Felder, immer die Nase am Boden. Das war der einzige Vorteil, den dieses Sauwetter hatte: Es war kein Mensch unterwegs, der sich darüber aufregen konnte, daß der Hund nicht angeleint war. Seine Frau hatte diese Woche schon zweimal Rüffel einstecken müssen. Zwischen April und Juni galt Leinenzwang. Jedes Jahr eine schwere Zeit für das Tier, zumal sein Herr die Maßnahme nicht so recht einsah. Katzen liefen schließlich nach wie vor frei herum und waren mindestens eine ebensolche Gefahr für Bodenbrüter und junge Hasen wie ein Hund. Herr und Hund waren allein. Sie hatten das Dorf weit hinter sich gelassen und befanden sich auf der Höhe des Gutshofs, den dieser Fernsehrichter gekauft hatte. Dr. Linke war ihm ein paarmal auf einschlägigen Dorffesten begegnet. Ein symphatischer Kerl, leutselig und gar nicht eingebildet. Der Arzt bekam in seiner Praxis täglich eine Überdosis Dorfklatsch mit, und über die Wohngemeinschaft auf dem Gut kursierte immer mal wieder das eine oder andere Gerücht. Angeblich lebte dort incognito ein sehr produktiver Drehbuchautor, und eine menschenscheue Wissenschaftlerin hielt ein Dutzend Wölfe. Man sah die Tiere zwar nie, aber man hörte sie in der Nacht manchmal heulen. Vom Postboten wußte er allerdings, daß es nur zwei oder drei Wolfshunde waren, und wenn sein Moritz eine Polizeisirene hörte oder eine läufige Hündin witterte, erwachte in ihm ebenfalls das Erbe seiner Urväter. Dann gab der kreuzbrave Retriever Töne von sich, bei denen sich einem die Haare aufstellten. Das neueste Gerücht besagte, daß sie dort eine junge Ausländerin versteckt hielten, die von der eigenen Familie verfolgt wurde. Wahrscheinlich haben sie bloß eine türkische Putzfrau, dachte Dr. Linke, der die Phantasie seiner Patienten inzwischen einzuschätzen wußte.
    Moritz rannte über ein kahles Feld. Die Zuckerrüben wurden erst im April eingesät und oft erst im November oder gar im Dezember geerntet. Zielsicher hielt der Hund auf ein knappes Dutzend Krähen zu, die sich mitten im Feld um etwas stritten. Als Moritz heranstürmte, stoben die Vögel mit zornigem Kreischen auf. Zwei flogen dicht über ihm und keiften, als würde sie einen Angriff auf den Hund in Erwägung ziehen, beschlossen aber dann, sich in einiger Entfernung niederzulassen und auf das Verschwinden des Störenfriedes zu warten. Sicher lag dort im Dreck ein Tierkadaver, oder sie machten gerade einem jungen Feldhasen den Garaus. Gräßliche Biester, diese Krähen, dachte Dr. Linke. Und riesig. Sie schienen Jahr für Jahr größer zu werden. Moritz hatte die Nase am Boden und schnüffelte aufgeregt. Eine Hasenspur? Das galt es sofort zu unterbinden. Dr. Linke pfiff. Moritz hob den Kopf, sah in seine Richtung und überlegte wohl gerade, ob er dem Kommando Folge leisten sollte.
    »Hierher!« brüllte sein Herr. Der Hund lief auf ihn zu, seine Geschwindigkeit ließ zu wünschen übrig, aber immerhin, er kam. Etwas ragte aus seiner Schnauze. Hoffentlich kein verendeter Hase oder etwas ähnlich Unappetitliches, dachte Dr. Linke. Moritz war bei seinem Besitzer angekommen und stand abwartend vor ihm.
    »Aus!«
    Der Hund sah seinen Herrn von unten herauf mit flehendem Blick an. Aber der wiederholte in harschem Ton: »Aus!«
    Moritz ließ seine Beute fallen und setzte sich hin. Sein Herr beugte sich über den Fund. Im ersten Moment war Dr. Linke erleichtert. Der Klumpen sah aus wie ein matschiges

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