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Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11

Titel: Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Altersversorgung? Wer? Irgendein mieser Sozialarbeiter?«
    Der Finger drehte sich mühsam nach innen und deutete schließlich auf die eingefallene Brust. »Mein ganzes Leben lang habe ich anderen geholfen! Und eine von denen, denen ich am meisten geholfen habe, war die Mutter von diesem Mädchen. Auch als sie Krebs gekriegt hat, habe ich ihr geholfen. Als sie gestorben war, habe ich die Beerdigung bezahlt.«
    »Warum?«
    »Weil sie ein guter Mensch war.«
    »Ach ja.«
    »Und das Mädchen auch. Eine kleine Blonde. Meinen Sie, so, wie sie aussah, hätte ich sie nicht in einem Club unterbringen können, wenn ich gewollt hätte? Aber nein, ich habe gesehen, dass sie was Besseres war. Grips im Kopf hatte. Deshalb habe ich Lottie gesagt, wir sollten sie aus den Clubs raushalten. Zur Schule schicken. Ich hatte gedacht, sie würde Ärztin werden wie Mike. Die beiden haben oft zusammengearbeitet. Zwei Genies. Aber sie hat ihre Meinung
geändert, wollte Psychologin werden, okay, ist ja fast dasselbe. Ich habe sie behandelt wie eine Tochter.«
    »Jahrgangsbester und Jahrgangsbeste«, sagte ich.
    Das schrumpelige Gesicht wandte sich mir abrupt zu. »Darauf kannst du wetten, Bürschchen. Mein Mike war der cleverste Junge, den man sich vorstellen kann. Mit drei konnte er lesen und hat Sachen gesagt, die Leute haben nur so gestaunt. Und wissen Sie, woher so viel Grips kommt?Von den Genen. Das ist bewiesen. Alle Kinder in meiner Familie sind schlau. Casey hat zwei Klassen übersprungen. Ein Bruder von ihm studiert Kernphysik. Ich bin in dieses Land gekommen und hatte nichts, mir hat keiner was geschenkt. Das beste Land der Welt, wenn du clever und fleißig bist, kriegst du, was du willst.«
    »Wieso haben Sie Hope in die Familie aufgenommen?«, fragte Milo. »Weil Sie ihre Mama so gern hatten?«
    Der alte Mann funkelte ihn an. »Sie haben eine dreckige Fantasie. Für so was hatte ich immer reichlich andere Frauen. Sie wollen wissen, wieso? Ich werd’s Ihnen verraten. Sie hat Mike geholfen. Die beiden haben Mike geholfen. Lottie und Hope. Danach...« Er legte die beiden Zeigefinger aneinander. »Familie.«
    »Wobei haben sie ihm geholfen?«
    »Er hatte einen Unfall. Bei einem Picknick am Nationalfeiertag. Das habe ich jedes Jahr für die Mitarbeiter veranstaltet - großes Barbecue auf meinem Grundstück am Kern River. Hot dogs, Hamburger, die besten Steaks aus der Fabrik.« Lächelnd. »Wie gesagt, ich habe immer nur das Beste gegessen.«
    Wieder leckte er sich die Lippen, und sein Kopf sank nach vorn, als würde er eindösen. Dann fuhr er ruckartig auf. Ich versuchte, ihn mir vorzustellen, stiernackig und muskulös.

    »Wir haben Wettrennen veranstaltet«, sagte er fast unhörbar. »Sackhüpfen. Eine Kapelle hat gespielt. Überall Fähnchen, es war das schönste Fest weit und breit. Mike war dreizehn, ist zum Fluss gegangen, an eine Stelle, wo die Strömung sehr stark war. Er war ein prima Schwimmer - in der Schulmannschaft. Aber er hat sich irgendwo den Kopf gestoßen, ist untergegangen und rausgetrieben worden. Keiner hat ihn rufen gehört, bloß Lottie und Hope, weil die auch unten am Fluss waren. Sie sind beide reingesprungen und haben ihn rausgezogen. Es war nicht leicht für die zwei Frauen, wären selbst beinahe ertrunken. Er hat jede Menge Wasser geschluckt, aber sie haben ihn wiederbelebt und das Wasser aus ihm rausgekriegt. Als ich bei ihm ankam, war schon wieder alles in Ordnung.«
    Die trüben Augen schimmerten feucht.
    »Von dem Tag an war die eine eine Königin und die andere eine Prinzessin! Das süße, kleine blonde Ding hätte Filmstar werden können, aber ich habe gesagt, es ist besser, den Verstand zu benutzen. Ich habe diesen Preis für die Schule gestiftet. Sie haben ihn sich verdient. Mike hatte immer nur Bestnoten, brauchte nie Hilfe bei den Hausarbeiten, war gut in Leichtathletik, Schwimmen, Baseball, einfach in allem - hat bei seinem Einstufungstest bestens abgeschnitten. So war das, Mr. Cop. Nichts Dreckiges. Schlaue Kinder, die einfach schlau waren.«
    »Bis Mike in Seattle Mist gebaut hat.«
    Endlich stieg eine gesunde Farbe in das Gesicht des alten Mannes. Eine rosa Tönung um die Mundwinkel. Die Augen wurden klar - die gesundheitsfördernde Wirkung des Zorns?
    »Ihr Trottel! Was hat er denn schon gemacht? Doch nur versucht, aus einer Leiche noch etwas Gutes herauszuholen.«

    »Mit einem kleinen Schönheitsfehler. Die Leiche war nicht tot.«
    »Was, keine Hirnwellen mehr, aber gleich steht der Typ

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