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Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11

Titel: Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ist doch meine Mutter!‹«
    »Aber sie hat offen darüber gesprochen.«
    »Ja... aber dann hat sie das Thema abrupt beendet. Ich glaube, sie hätte sich gern alles von der Seele geredet, aber sie
konnte es einfach nicht. Ich habe sie nie wiedergesehen.« Sie sah zu der Kuckucksuhr hinüber.
    »Wie hat sie gewirkt, als sie Ihnen das alles erzählte?«, fragte ich.
    »Ruhig, außer als sie wegen Lottie weinen musste. Sie hatte Angst, Lottie könnte von einem... Kunden verletzt werden. Sie entschuldigte Lotties Verhalten damit, dass sie halt keine Ausbildung, keine anderen Fähigkeiten hätte und nur versuche, sie beide, so gut es ging, durchzubringen.Was hätte ich denn darauf erwidern sollen? Mach dir nichts vor, Kind, deine Mutter ist eine Schlampe? Sie litt darunter, das wusste ich. Quasi als Gefangene bei sich zu Hause zu leben! Wie sollte sie je Freunde mit nach Hause bringen, in so ein Haus? Ich wollte ihr helfen, über ihre Gefühle zu sprechen, aber sie hat sich nicht darauf eingelassen.«
    »Das arme Mädchen.«
    »Ja, aber wenn Sie sie gesehen hätten, wären Sie niemals daraufgekommen. Schön, elegant, schicke Frisur, dezentes Make-up. Und ganz offensichtlich gab Lottie noch immer viel Geld für Hopes Garderobe aus. Seidenbluse, teureTuchhose, Nylonstrümpfe, Pumps. Man hätte sie für zwanzig halten können. Eine junge Dame. Und sie hat mir ganz stolz erzählt, sie schriebe in jedem Schuljahr nichts als Einsen.«
    »Die Schule war vermutlich der einzige Ort, an dem sie sich frei gefühlt hat«, sagte ich und machte mir klar, wie weit Hope es schließlich gebracht hatte.
    »Wahrscheinlich«, sagte sie. »Das war zumindest meine Entschuldigung.«
    »Entschuldigung wofür?«
    »Dafür, dass ich nichts getan habe. Es nicht gemeldet habe. Ganz gleich, wie gut sie aussah, sie war immer noch ein minderjähriges Mädchen in einem üblen Umfeld, und sie hatte sich mir anvertraut. Aber ich habe mir eingeredet, sie hätte
ihre Nische gefunden, und wieso dann den Stein ins Rollen bringen? Und damals war einiges anders. Wie sollte ich wissen, ob sie nicht alles abgestritten hätte, wenn ich etwas unternommen hätte? Oder ob mir überhaupt jemand geglaubt hätte? Immerhin arbeitete Lottie für Big Micky, und der hatte guteVerbindungen.Wenn Lottie ihn gebeten hätte, ihr aus der Patsche zu helfen, was hätte ich da noch machen können?«
    »Nehmen Sie an, dass er Lotties Zuhälter war? Oder ihr Liebhaber?«
    Sie funkelte mich an, als ob ich ihr endlich einen Vorwand geliefert hätte, wütend zu werden. »Wie oft soll ich Ihnen noch sagen, ich weiß solche Einzelheiten nicht?«
    »Hat Hope über Big Micky gesprochen?«
    »Nein. Nur über Lottie. Und dann, wie gesagt, hat sie unvermittelt das Thema gewechselt. Ich hatte das Gefühl, als ob dieser Besuch so eine Art Experiment für sie war: Wie weit würde sie gehen können? Und ich hatte ihr nicht genug Mut gemacht... Das hat mich so manche schlaflose Nacht gekostet, Dr. Delaware. Mich hat die Vorstellung verfolgt, wie dieses arme Kind da so festgebunden war, und die Frage, was ich hätte tun sollen. Irgendwann ist es mir gelungen, die Sache zu vergessen, ich musste mich ja um so viele kleine verletzteWesen kümmern. Bis Sie gekommen sind.«
    Wieder ein Blick zur Kuckucksuhr.
    »Und mehr weiß ich nicht«, sagte sie, stand auf und ging rasch zur Tür. Sie stieß sie auf und trat auf die Veranda. Sofort erhob sich lautes Gebell. Als ich aus dem Haus kam, war sie schon im Hof, umgeben von ihren Vierbeinern. Leopold, der Bouvier, beobachtete mich mit strengem Blick.
    Ich dachte an Hopes Rottweiler, der sie nicht hatte schützen können, der wahrscheinlich vergiftet worden war.
    Hope, die den weiten Weg von der Gefangenen zur Hüterin
der Rechte anderer Frauen gegangen war. Aber niemals hatte jemand sie beschützt.
    Elsa Campos war auf dem Weg zum Tor. »Falls Sie herausfinden, wer sie ermordet hat, würden Sie es mir bitte mitteilen?«
    »Ja.«
    »Ehrlich? Ich möchte nämlich nicht vergeblich warten.«
    »Ehrenwort.<
    »Schön … Ich werde mir jetzt einen Ruck geben und nach Bakersfield fahren. Mal sehen, ob die in der Bibliothek dort Hopes Buch haben. Kommt schließlich nicht oft vor, dass Kinder aus unserem Städtchen berühmt werden.«
    Die letzten Worte sprach sie mit erstickter Stimme. Plötzlich liefen ihr Tränen über die verwitterten Wangen. Sie wischte sie mit dem Ärmel ab.
    »Auf Wiedersehen«, sagte sie. »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen danken oder eins auf die

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