Woerter durchfluten die Zeit
Mantel auszog. »Was meinen Sie damit?«
Doch Greta winkte sie nur weiter.
Frank saß in der Küche und rührte gedankenverloren in seiner Teetasse. Als Madame Moulin eintrat, hob er den Kopf.
»Was meint Greta damit, dass es kein Unfall war?«
Bedächtig rührte Frank weiter. Madame Moulin hätte ihn am liebsten geschüttelt, doch sie wusste, dass das bei dem phlegmatischen Mann nicht helfen würde.
Dankbar nahm sie eine Teetasse von Greta entgegen.
»Erst dachten wir natürlich, dass es ein Unfall war«, setzte Frank an. »Schließlich war auf der Fahrbahn ein ziemlich großer Ölfleck. Es war durchaus denkbar, dass der Vikar darauf ins Schleudern gekommen ist.«
Er sah Madame Moulin an, als wollte er prüfen, ob sie ihm folgen konnte. Sie nickte und er sprach weiter.
»Dann kam es den Kollegen merkwürdig vor, dass der Vikar so schnell unterwegs war. Schließlich war er kein Raser. Sein ganzes Leben hat er keinen einzigen Strafzettel bekommen.«
Greta am anderen Ende des Tisches schluchzte auf. »Er war so ein feiner Mann«, jammerte sie. »Nie hat er einer Fliege etwas zuleide getan.«
Madame Moulin tätschelte tröstend ihre Hand und wandte sich wieder an Frank. »Aber wenn er zu schnell gefahren ist, dann war es doch ein Unfall.«
»Nein, war es eben nicht. Wir müssen routinemäßig alle Unfallwagen untersuchen und dabei ist aufgefallen, dass die Radmuttern lose waren.«
»Was heißt das? Vielleicht hat er sie nicht fest genug angezogen? Wer weiß, wie alt die Muttern waren? Der Wagen war schließlich nicht der Neueste«, sagte Madame Moulin.
Nicht der Neueste war dabei ziemlich untertrieben. Ralph fuhr den Wagen seit Ewigkeiten. Sie lächelte traurig bei der Erinnerung daran, wie Ralph den Wagen als junger Mann erworben, ihr stolz vorgeführt und eine Probefahrt mit ihr gemacht hatte.
»Es ist möglich, dass Radmuttern nicht richtig festsitzen. Deshalb sollte man sie nach einem Reifenwechsel auch später noch mal kontrollieren«, belehrte Frank sie. »Aber der Vikar fuhr immer noch mit Sommerreifen. Ich habe in seiner Werkstatt nachgefragt. Er hatte erst in zwei Wochen einen Termin für den Wechsel. Es ist möglich, dass sich die Muttern an einem Rad lösen, auch nach so langer Zeit. Völlig unmöglich ist es aber, dass sie an allen vier Rädern lose sind. Da hat sich jemand dran zu schaffen gemacht. Das steht fest. Zwei der Räder haben sich während des Unfalls gelöst. Wären die Radmuttern nicht lose gewesen, wäre der Unfall deutlich glimpflicher ausgegangen.«
Er schwieg und starrte auf Madame Moulins zitternde Hände.
»Aber wenn es kein Unfall war …« Sie stockte.
»Dann war es Mord«, ergänzte Frank mitleidlos.
Greta schluchzte auf.
»Wer sollte so etwas tun?«, fragte Madame Moulin.
Frank zuckte mit den Schultern. »Wir haben das Arbeitszimmer erst einmal versiegelt und die Spurensicherung angerufen. Vielleicht hat der Einbruch etwas damit zu tun. Aus meiner Sicht müssen die Vorfälle zusammenhängen.«
Sie würde also nicht in das Zimmer gelangen, um nach weiteren Erklärungen zu suchen.
»Ist der Brief angekommen, den der Vikar Ihnen geschickt hat?«, fragte er. Sie nickte vorsichtig. »Es ging lediglich um die Organisation des nächsten Kirchenbasars.« Bei dem Entschluss, ihn zu belügen, sah sie in ihre Teetasse. Lügen hatte ihr noch nie gelegen. Doch die Umstände zwangen sie jetzt dazu. Erst Lucys Brief, dann Ralphs Zettel, der wie eine Warnung klang und nun sein Tod. Es schien ihr nicht geraten, Frank davon zu erzählen. Sie musste erst in Ruhe über alles nachdenken. Die Wahrheit konnte sie ihm immer noch später sagen.
»Kann ich ihn sehen?«, fragte Frank.
»Sicher. Kommen Sie einfach vorbei.«
»Das werde ich tun«, erwiderte er und stand auf. »Ich werde mich dann mal weiter umhören. Einen schönen Tag noch den Damen.«
Nachdem er die Küche verlassen hatte, schwiegen die Frauen eine Weile. Jede hing ihren Gedanken nach. Die Stille in dem kleinen Raum mit den dunklen Möbeln wurde lediglich durch das Schniefen unterbrochen, das Greta in regelmäßigen Abständen von sich gab.
»Sie werden mir sagen müssen, was ich tun soll, um Ihnen bei Ralphs Beerdigung zu helfen«, nutzte Madame Moulin die Gelegenheit. Da sie nun schon einmal da war, konnte sie mit Greta auch direkt darüber reden.
Wieder schniefte Greta, bevor sie einen Zettel aus der Tasche ihrer geblümten Schürze zog.
»Ich habe schon mal aufgeschrieben, was alles zu tun ist«, erklärte
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