Woerter durchfluten die Zeit
sie dann und schnäuzte sich geräuschvoll.
Madame Moulin stand auf und setzte sich neben sie. Auf dem zerknitterten Zettel war in ungelenker Schrift der Ablauf der Beerdigung notiert.
»Der Bischof kommt persönlich, um die Grabrede zu halten?«, fragte sie erstaunt.
Greta nickte heftig. »Er hat heute früh gleich bei mir angerufen. Er war sehr betroffen. Er hat mich gebeten, alles vorzubereiten und gefragt, ob ich mir zutraue, das Pfarrhaus in Ordnung zu halten, bis ein Nachfolger bestellt ist.« Greta brach wieder in Heulen aus. »Ich werde für keinen anderen Vikar hier im Haus arbeiten«, stieß sie hervor.
Madame Moulin griff nach ihrer Hand und nahm den Zettel an sich. So sehr sie mit ihr fühlte, langsam verlor sie die Geduld mit Greta.
»Ich könnte mit den Kindern die Kirche schmücken«, sagte sie. »Was halten Sie davon? Die Kinder mochten Ralph sehr.«
Greta nickte. »Das wäre schön. Ich schätze, dass noch mehr Leute aus dem Dorf kommen und ihre Hilfe anbieten werden. Wenn wir die Arbeit aufteilen, dann wird der Vikar eine wunderschöne Beerdigung erhalten.« Sie sah auf und ihre Augen blitzten vor Eifer, obwohl noch Tränen in den Wimpern hingen. Im selben Moment klingelte es.
»Ich gehe schon«, sagte Madame Moulin, froh der Enge der Küche zu entkommen. Als sie die Tür öffnete, standen zwei ältere Damen aus dem Dorf vor ihr. Verwundert sahen sie sie an.
»Guten Morgen Miss Bathing, Miss Ruben. Wie geht es Ihnen?«
»Gut, gut«, stammelte die Kleinere der beiden. »Wir sind gekommen, um Greta unsere Hilfe bei der Beerdigung anzubieten«, erklärte Miss Ruben.
»Das ist nett. Ich war aus demselben Grund hier. Gehen Sie doch in die Küche. Greta kann jeden Trost und jede Hilfe gebrauchen.«
Die beiden Damen drängten sich an ihr vorbei und Madame Moulin griff nach ihrem Mantel.
»Ich muss zurück, Greta«, rief sie zum Abschied in die Küche, wo die drei Damen eifrig ihre Köpfe zusammensteckten.
Madame Moulin konnte sich denken, worüber sie sprachen. Dass Ralphs Unfall kein Unfall war, würde sich herumsprechen wie ein Lauffeuer. Sie versuchte, die neuen Informationen zu verarbeiten. Wer sollte ein Interesse daran haben, Ralph zu ermorden? Er war der friedfertigste Mensch, den sie kannte – gekannt hatte.
Es musste mit dem Brief zusammenhängen. Er hatte geschrieben, Lucy sei in Gefahr. Er hatte den Brief an dem Morgen verschickt, an dem er starb. Weshalb hatte er den Brief nicht persönlich zu ihr gebracht? Das wäre das Vernünftigste gewesen. Weshalb die Umstände mit der Post? Jetzt rannte sie fast.
Als sie das Heim erreichte, stürmte sie in ihr Büro. Der Brief lag unversehrt unter den Papieren, zwischen die sie ihn vor ihrem überstürzten Aufbruch geschoben hatte. Was sollte sie tun? Es widerstrebte ihr, Frank von dem Brief und der Warnung zu erzählen. Sie würde sich eine plausible Geschichte ausdenken müssen, wenn er kam und den Brief von ihr verlangte. Aber jetzt musste sie sich erst einmal überlegen, was sie Lucy schreiben sollte. Wie sie Lucy schützen konnte. Ralph hatte sie gebeten, den Brief, der für Lucy bestimmt war, nicht zu öffnen. Konnte sie diesem Wunsch unter den gegebenen Umständen nachkommen, fragte sie sich. Fahrig hielt sie den Brief in den Händen. Der Umschlag war zerknittert und sah alt aus. Wie oft hatte Ralph ihn in den Händen gehabt?
Wofür sollte es nicht zu spät sein und wovor sollte sie Lucy warnen? Sie griff nach dem Brieföffner und verharrte dann. War es richtig, den letzten Wunsch eines Toten zu ignorieren? Vor allem, wenn es der Wunsch war, sie zu schützen? Sie legte den Brieföffner zurück und sah auf die Uhr. Vielleicht konnte sie Lucy in der Bibliothek anrufen. Für Briefe war die Zeit zu knapp, das spürte sie.
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Als Nathan und Lucy die Bibliothek erreichten, packte Marie gerade ihre Sachen zusammen. Mit hochgezogenen Brauen musterte sie die beiden.
»Ich schätze, dass ihr mich nicht abholen wollt«, stellte sie fest.
Lucy schüttelte den Kopf, beugte sich über den Tresen und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
»Wer hat jetzt Dienst?«, fragte sie dann. »Miss Stewart«, antwortete Marie. »Sie bringt nur ihre Jacke weg und ich bin gleich verschwunden«, trällerte sie. »Hast du Chris gesehen? Er wollte mich abholen.«
»Er steht draußen«, sagte Lucy, da Maries blonder, groß gewachsener Freund vor dem Eingang nicht zu übersehen gewesen war.
»Marie.« Sie sah ihre Freundin eindringlich an. »Ich
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