Wofuer die Worte fehlen
Ruhe. Für Kristian wird sie zu einem nicht enden wollenden Albtraum. Manchmal liegt er da und wünscht sich eines von Sakuras Magical Girls herbei. Aber sie kommen nicht. Natürlich kommen sie nicht. Das hat er ja gewusst. Auch wenn Sakura meint, das Ende seiner Geschichte sei eine Katastrophe, er weiÃ, es braucht mehr als Magie, um die wirklichen Katastrophen zu ändern.
Einmal in der Woche passt Kristian auf sein Patenkind Tobias auf. Katarina arbeitet stundenweise an drei Nachmittagen wieder in ihrer alten Firma. Zweimal betreut ihre Schwiegermutter den kleinen Tobias. Für den dritten Nachmittag hat sie Kristian um Hilfe gebeten. Und da der seine Aufgabe als Patenonkel sehr ernst nimmt, hat er auch sofort zugesagt.
»Na, ob das gut geht?« Vor allem der Vater war anfangs sehr skeptisch. »Die Verantwortung für ein kleines Kind zu übernehmen? Kristian ist nicht als der Superman der Zuverlässigkeit bekannt!«
Es hat wehgetan, dass ausgerechnet der Vater ihm so in den Rücken gefallen ist. Ãberhaupt hat Kristian immer öfter das Gefühl, dass der Vater ihn nicht ernst nimmt, ihn sogar verachtet. Er verdrängt das Gefühl ganz schnell wieder. Er weiÃ, es sind ja nur winzige Sekunden, wo der Vater so denkt, und danach überschüttet er ihn mit Geschenken.
Der Vater liebt ihn, das weià er ganz sicher. Immer wieder hat er gesagt, wie wichtig Kristian für ihn ist und dass er ohne ihn die langen Trennungen von der Mutter gar nicht verkraftet hätte. SchlieÃlich gehört eine Frau zu ihrem Mann, zu ihrer Familie.
Katarina dagegen hat keine Bedenken gehabt, dass Kristian etwas falsch machen könnte. »Du bist der beste Babysitter, den ich mir für Tobi vorstellen kann«, hat sie gesagt und ihm den Kleinen in den Arm gedrückt. Einen Nachmittag lang hat er unter ihrer Aufsicht geübt. Am Abend war er müde und kaputt, aber er hat den Test bestanden.
Jeden Mittwoch kommt Katarina von nun an und bringtTobias vorbei, der seinen Onkel jedes Mal freudig quiekend begrüÃt. Und auch Kristian, der anfangs nur Katarina zuliebe eingewilligt hat, findet die Nachmittage mit Tobias, der auf wackeligen FüÃen durch die ganze Wohnung streift, zwar anstrengend, aber auch sehr, sagen wir, abwechslungsreich.
Eines Mittwochs, als er gerade dabei ist, Tobias mit seinem Obstbrei zu füttern, klingelt es. Kristian geht mit ihm auf dem Arm zur Tür und öffnet.
Sakura steht fröhlich lächelnd da und strahlt ihn an.
»Ach, du bist ja doch zu Hause. Es hat lange gedauert. Kann ich reinkommen?«
»Passt gerade nicht so gut! Ich füttere Tobi â¦Â«
Sakura ist gegen seine abweisenden Worte imprägniert wie eine Regenjacke gegen Wassertropfen. Sie schiebt ihn einfach rückwärts in den Flur zurück, kommt herein und schlieÃt die Haustür.
»Dein Bruder?«
»Mein Neffe. Ich muss mittwochs immer auf ihn aufpassen. â Lass das, Tobi! Igitt!«
Tobias, dem langweilig ist, hat mit seinem Löffel, an dem noch Reste vom Aprikosenbrei kleben, einmal quer über Kristians Gesicht gewischt.
»Ist der süÃ!« Sakura streckt die Arme nach ihm aus. »Gib ihn mir mal. Damit du dich waschen gehen kannst!«
»Aber nicht fallen lassen!«
»Pff!«, macht Sakura. »Ich habe drei kleine Schwestern. Hab das Babysitten von klein auf studiert.« Mit geübten Händen nimmt sie Tobias auf den Arm, und als Kristian aus dem Badezimmer kommt, ist sie dabei, einem fröhlich lachenden Tobias den restlichen Brei zu verabreichen.
Während Tobias danach auf der Decke im Wohnzimmer spielt, zieht Sakura aus ihrer Tasche einen Zeichenblock. Sie nimmt ein Blatt heraus und reicht es Kristian.
Beim ersten Blick auf das Blatt zieht der Schmerz wieder in Kristians Bauch:
Der Schwarze Ritter verharrt einen Moment bewegungslos, seine rot glühenden Augen durchschneiden den nachtschwarzen Raum. Dann nähert er sich der schlafenden Gestalt auf dem Bett und streckt seine Hand nach ihr aus. Mit der anderen Hand öffnet er die schwarze Schnalle, die seinen Umhang zusammenhält. Mit einem kaum hörbaren Knistern ⦠fällt er zu Boden
.
Eine schwarze, lederne Rüstung bedeckt den ganzen Körper des Ritters. Sechs Ãffnungen gibt es an ihr: eine für den Kopf, zwei für die FüÃe, zwei für die Hände und eine für den Penis, der wie ein rot glühender Stab die schwarze Nacht
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