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Wofür es sich zu leben lohnt

Wofür es sich zu leben lohnt

Titel: Wofür es sich zu leben lohnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Pfaller
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die Übertragung eines Eurovisions-Songcontests in Gruppen geschmackssicherer Menschen als sublimes Ereignis genießen, während man sich alleine zu Hause vor dem Fernseher elend fühlen müsste. Schenken versichert einen somit, wie Finden, der geschmacklichen Distanz gegenüber dem geschmacklosen Objekt, und darüber hinaus bestätigt es die solidarischen Eingeweihten in ihrer Fähigkeit, die Prinzipien ihres elaborierten Geschmacks zeitweilig zu überschreiten, so dass sie nicht nur (wie gewöhnliche gebildete Menschen) an hervorragenden Dingen Gefallen finden können, sondern eben auch an solchen, die so schlecht sind, dass sie schon wieder gut sind. Sobald jedoch die Distanz gegenüber dem naiven Geschmack verlorenzugehen droht, entsteht Angst: Auch hier beginnt ein Mangel zu mangeln – nämlich eben die Distanz, der Mangel an Nähe. Der Glaube an die ästhetische Qualität des Objekts scheint dann, wie Mannoni schreibt, »auf einen selbst zurückzufallen«, und dies ist angstbesetzt (s. Mannoni 1985 : 28 ). Die Erklärung liegt auf der Hand: Denn wer ernsthaft glaubt, so etwas wäre schön, ist schlichtweg naiv. Und Naivität ist das Kennzeichen des Narzissmus: Es ist jene Weltauffassung, die noch nicht begriffen hat, dass man zwischen Wünschen und Wirklichsein unterscheiden muss. Die Wiederkehr dieser naiven, narzisstischen Weltauffassung aber ist für erwachsen gewordene, der Bedingung des Mangels unterstellte Menschen unheimlich, mit Angst besetzt.
    Schenken beseitigt somit im Fall von Pascals Hasen die rettende Distanz; in den Fällen der geschmacklich zweifelhaften Objekte hingegen stellt es sie her. Darum ist es einmal angsterzeugend, das andere Mal dagegen macht es die angstbesetzte Situation ästhetisch genießbar.
    7 . Kunst hassen
    Es erscheint demnach notwendig, die Dimension der Angst innerhalb der ästhetischen Erfahrung nicht zu übersehen. Andernfalls würde ein mindestens dreifacher theoretischer Schaden drohen: Erstens würde man damit die soziale Dimension der Kunst verkennen, mithin die Angewiesenheit der Produzierenden auf eine gesellschaftliche Situation der Übertragung. Zweitens würde missverstanden werden, woher der ästhetische Genuss stammt: Das zwiespältige Moment daran, und die doppelte Notwendigkeit, etwas Unerträgliches erst hervorzubringen und es dann annehmbar zu machen, würden übersehen. Und schließlich würde auch unerklärlich bleiben, weshalb der schlechte Künstler gehasst wird. Darin liegt nämlich eine Besonderheit des Feldes der Kunst, die es von anderen, sonst vergleichbar erscheinenden Bereichen auffällig unterscheidet: Wir hassen den schlechten Künstler, der uns mit schlechter Kunst quält. Eine gescheiterte Geschäftsfrau würden wir entweder gleichgültig betrachten oder sie für ihren Bankrott bemitleiden. Auch den schlechten Sportler hassen wir nicht: Wir haben Mitgefühl für den stürzenden Radfahrer, die gefallene Eiskunstläuferin oder die knapp unterlegene Fußballmannschaft. [159] Anders als im Sport, der von seinen Ausübenden doch meist für eine unzweifelhaft großartige Sache gehalten wird, ist die Kunst (wie die Philosophie) für die darin Beschäftigten insgesamt eine zu großen Teilen verabscheute Branche. Dies bildet sogar eines der entscheidenden Motive, Künstler zu werden: Niemand macht das, weil er die Kunst insgesamt so toll findet. Jeder, der es macht, fühlt sich dazu getrieben, weil er einen beträchtlichen Teil der Kunst hasst oder verabscheut und ihm etwas ganz anderes entgegensetzen will.
    Die Erklärung dieses Phänomens hängt wieder mit Lacans Definition der Liebe und ihrem Bezug zur Angst zusammen: Wir hassen den schlechten Künstler, weil er es nicht fertiggebracht hat, zu geben, was er nicht hat. Was er uns gegeben hat, war nur das,
was er hat
.

14 . Die Revolver der Überschüsse
Über Anti-Ökonomien und Anti-Künste
    »Warum kann meine rechte Hand nicht meiner linken Geld schenken?«
    (Wittgenstein 1980 : 148 )
     
    »Es genügt unserer linken Hand nicht, daß sie weiß, was die rechte tut; auf gewundene Weise versucht sie es sogar zurückzugewinnen.«
    (Bataille 2001 : 105 )
    1 .
    Beim Nachdenken über das Schöne verfallen Philosophen leicht auf den Gedanken an das Nutzlose, Interesselose, Überflüssige oder Überschüssige. Wenn man sich in der Folge die Frage nach dem Nutzen dieses vermeintlich Nutzlosen oder nach der Funktion dieses Funktionslosen stellt, so könnte man in einer ersten Assoziation denken, dass es

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