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Wofuer es sich zu sterben lohnt

Titel: Wofuer es sich zu sterben lohnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Nilsonne
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einem Haus.«
    Alle hatten gelacht.
    Sie hatte weitererzählt: »Der Keller ist trockengelegt wor den. Alles Alte und Vergammelte und Halbverfaulte ist durch neues Material ersetzt worden, das nach Wald und frischem, sauberem Holz duftet. Alle unnötigen Wände sind eingerissen worden, jetzt gibt es nur noch große, hel le, frische Flächen. Die Küche hat neue Geräte bekommen. Das alte Badezimmer ist im Container verschwunden. Das neue ist glänzend, fast schmerzlich sauber.«
    Und Kaj hatte ebenfalls gelacht, er hatte sie auf den Kopf geküsst und gesagt, jetzt müsse man für den Unterhalt sor gen.
    Sie wohnten zusammen in einer geräumigen Dreizim merwohnung auf Kungsholmen. Louise hatte vorausschau ende Eltern, die sie schon mit zwei Wochen auf eine Warte liste gesetzt hatten. Achtundzwanzig Jahre später kam das Angebot einer Dreizimmerwohnung in der Polhemsgata 6, fast unten beim Norrmälarstrand. Louise und Kaj hatten es als Fingerzeig des Schicksals betrachtet, oder jedenfalls als Wink der Wohnungsgenossenschaft, dass es jetzt an der Zeit zum Zusammenziehen sei.
    Langsam ging sie durch ihre Straße. Sie musste an einen Artikel über Orte in den USA denken, in denen es keine Bürgersteige gab, Orte, in denen es einfach unmöglich war, spazieren zu gehen. Sie hätte gern gewusst, wer auf solche Weise plante - das war doch, wie ein Haus ohne Badezim mer oder ein Zimmer ohne Fenster zu bauen. Seltsam.
    Sie ging gern zu Fuß. Sie sah gern die Menschen, mit de nen sie die Stadt teilte. Sie registrierte Kinder und Hunde, sie sah die ganz alten Menschen und die, die lieber nicht gesehen werden wollten.
    Jetzt ging sie hinter einer blonden Frau von ungefähr ih rem Alter, die es schaffte, sogar von hinten munter auszu sehen. Es hätte Louise nicht überrascht, wenn diese Frau plötzlich einen kleinen Tanzschritt oder Sprung eingelegt hätte, sie schien über einen Energieüberschuss zu verfü gen, obwohl sie entspannt ging. Louise fragte sich, ob es eine Frau sein könnte, die sie eigentlich erkennen muss te - eine Sportlerin vielleicht? Sie ging geschmeidig, hatte einen schönen Gang, aber dann bog sie zum Jaktvarvsplan ab, ehe Louise ihr Gesicht sehen konnte.
    Als Louise nach Hause kam, hörte sie die Dusche rau schen. Kajs teure, gepflegte Stiefel glänzten diskret im Schuhregal, sein MC Helm hing an Ort und Stelle wie sei ne Jacke, deren abgenutztes schwarzes Leder nach Kaj und Motoröl roch. Für Louise war das wie Frühlingsduft.
    In der Post fand sie eine DVD, auf die sie schon gewar tet hatte. Ein Filmteam hatte einige Tage in der Schule ver bracht, und der Produzent hatte versprochen, zur weiteren Diskussion das Rohmaterial zu schicken. Sie hatte den Aus sagen des Filmteams entnommen, dass das Bildungsminis terium eine positive Reportage bestellt hatte. Vielleicht hat te sich jemand im Ministerium vorgestellt, dass eine Schule mit einer Antimobbing und einer Antitaggergruppe und einer antirassistischen und einer feministischen Gruppe und einer Ökogruppe doch immerhin auf dem richtigen Weg sein müsste. Louise hatte den Verdacht, dass die Po litiker keinen Unterschied sahen zwischen dem Willen, ein Problem zu beseitigen, und wirklich funktionierenden Maßnahmen.
    Sie schob die DVD ein. Das hier würde interessant wer den.
    Kaj kam aus der Dusche. Gemeinsam sahen sie, wie der Rektor zufrieden hinter seinem Schreibtisch thronte und über seine Visionen sprach. Kaj versuchte erfolglos, Louise durch Küsse abzulenken. Nach dem Rektor wurde Rashida interviewt. Sie war an ungewöhnlichen Stellen gepierct und Schulsprecherin. Dann kam plötzlich Louise ins Bild.
    Kaj hob den Blick, hielt inne. Sie hörten sich zusammen an, wie Louise erzählte, wie wichtig es sei, dass alle Schü ler sich in der Schule sicher fühlen konnten, dass sie si cher waren.
    »Ich liebe dich, wenn du so engagiert aussiehst«, sagte Kaj und küsste sie noch einmal in den Nacken. »Ich will es noch einmal sehen.«
    Sie schaute noch einmal zu, aber sie verloren die Konzent ration, als einige Aufnahmen des Schulhofs gezeigt wurden, ein Bild einer leeren Klasse mit Reihen aus sorgfältig aufge stellten Bänken. Louise hatte ihr Gesicht in Kajs Mähne ge bohrt, Kaj hatte sein Badetuch zu Boden gleiten lassen.
    Aber plötzlich erstarrte Kaj.
    »Was zum Teufel ist das denn da?«
    Louise öffnete die Augen. Sie sah, dass Kaj den Bildschirm anstarrte, auf dem jetzt die Designermensa der Schule zu sehen war. Die machte sich ohne Schüler richtig

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