Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wofuer es sich zu sterben lohnt

Titel: Wofuer es sich zu sterben lohnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Nilsonne
Vom Netzwerk:
Tochter, die so teuer war, dass Wörter wie Verhaltensstörung, Crack Baby, geistige Behinderung und Gehirnschaden niemals erwähnt wurden. Dann waren da Streifenwagen vor dem protzigen Sommerhaus. Es gab Interviews mit Freunden und Teamkameraden des Vaters, die sich schockiert zeigten.
    Die Zeitung schlug wirklich auf die große Trommel.
    Kein Wunder, dass Juri dagegen nicht ankam.
    »Kein Wunder, dass mein Fall daneben untergeht«, sagte Monika. »Mein Opfer ist ein unbekannter, ziemlich unan genehmer Neunzehnjähriger. Ich habe ein Ermittlungstem po, das vermutlich das langsamste in der Geschichte der Polizei ist. Ich soll mit einem Mann zusammenarbeiten, der die Zusammenarbeit verweigert. Meine Zeugen sind Lehrer, Gymnasiasten, Psychologinnen …« Sie schlug mit der Faust auf den Tisch. »Das ist doch Wahnsinn! Sind nor male Menschen plötzlich uninteressant? Soll man das viel leicht als Tipp weiterreichen - wenn du jemanden ermor den willst und unentdeckt davonkommen möchtest, dann nimm ein Opfer, das niemandem wichtig ist.«
    »Dir ist er wichtig, Monika. Und was Bosse angeht, da kann ich dir etwas erzählen.«
    Monika hatte nie an eine Aura geglaubt, aber Eloise war umgeben von einem Kraftfeld, das zu spüren war, wenn sie sich näherte, die Luft in ihrer Nähe war wie geladen und verdichtet.
    Monika schaute überrascht auf, und Eloise fügte hinzu: »Ich dachte, es müsse doch eine Erklärung für das Ver halten dieses Mannes geben. Er steckt mitten in einer Aus einandersetzung um das Sorgerecht, Tochter sechs Jahre, Sohn vier. Überaus kompliziert.«
    »Woher weißt du das?«
    Die einzige Antwort, die Monika zuteilwurde, war ein ge heimnisvolles kurzes Lächeln, bei dem sich Eloises Mund winkel ein klein wenig kräuselten.
    »Das ist keine Entschuldigung für sein Verhalten. Für sein Verhalten gibt es keine Entschuldigung.«
    »Vergiss Bosse. Ich dachte nur, es könnte dir guttun, das zu wissen - und übrigens habe ich ein Geschenk für dich.«
    Sie zog ein kleines Silberetui hervor, es sah aus wie eine winzige Reisetasche. Als sie sie öffnete, sah Monika, dass die Tasche mit Farben gefüllt war. Farben, die im Gesicht verteilt, aufgetragen, gepudert werden sollten. Monika wich in ihrem Sessel zurück.
    Sie hatte eine vollgepackte Schminktasche bekommen. Wo sie sich doch niemals schminkte.
    Sie sagte das Erste, was ihr einfiel:
    »Meine Mutter hat ab und zu in der Kosmetikabteilung eines Warenhauses ausgeholfen. Sie war immer zu stark geschminkt.«
    »Das war ich überhaupt nicht«, protestierte Babs sofort.
    Eloise nahm die Tasche und setzte sich neben Monika.
    »Das kann dir jetzt aber egal sein, das ist doch eine Ewig keit her. Jetzt sitz einfach ganz still und schau geradeaus.«
    Sie stellte vor Monika einen Spiegel auf den Tisch und verteilte langsam eine schimmernde hautfarbene Creme auf ihren Wangen, ihrer Stirn, ihrem Kinn.
    Monika saß still da, als sei es gefährlich, sich zu bewegen. Still wie jemand, der überrumpelt worden ist und nicht weiß, wie er sich verhalten soll.
    Und Eloise berührte Monika an Stellen, wo sie glaubte, noch niemals berührt worden zu sein: an Augenlidern, Au genbrauen, Augenwimpern.
    Sie war ganz nah, so nah, dass Monika die Luft spürte, die sie ausatmete, diese Luft schien mit Energie angerei chert worden zu sein. Monika ertappte sich dabei, dass sie einatmete, wenn Eloise einatmete, und ausatmete, wenn Eloise das ebenfalls tat.
    Unter Eloises langen weißen Fingern nahm ein neues Gesicht Gestalt an. Ein ausgeprägteres Gesicht, ein intensi veres Gesicht. Seltsamerweise kam ihr das richtig vor. Un gewohnt, aber richtig.
    »Endlich!«, sagte Babs zufrieden. »Das wurde aber auch Zeit.«
    »Jetzt sieht dein Äußeres mehr aus wie dein Inneres«, er klärte Eloise zufrieden.
    Sie stellte die kleine Schminktasche auf den Tisch.
    »Jetzt musst du selbst experimentieren.«
    Es wurde später ein wenig kompliziert, als alle Schmin ke abgewischt werden sollte. Aber mit etwas Übung würde das sicher besser gehen.

Botswana
    Er befand sich nicht gern in Afrika südlich der Sahara.
    Keine Kontaktlinsen auf der Welt konnten ihn mit dem Straßenbild verschmelzen lassen. Er konnte den fragenden Blicken nicht ausweichen, dem Lachen, den kleinen Kin dern, die ihn begrüßen wollten. Er fragte sich, wo alle an deren Ausländer wohl steckten.
    Er hatte sich entschieden, zu Fuß zum Krankenhaus zu gehen. Früher an diesem Tag war er mit dem Taxi gefahren und hatte sich eine ganz neue

Weitere Kostenlose Bücher