Wofuer es sich zu sterben lohnt
so gelegen, wie Vivi es vorgeführt hat te? Monika hatte einige erfrorene Tote gesehen, im Sterben hatten sie sich ausgezogen und es sich im Schnee bequem gemacht. Sie hatte aber nie gehört, dass jemand mit einem Messer im Rücken das auch getan hätte.
Wovor hatte die Psychologin solche Angst? Wie hatte He lenas Beziehung zu Juri ausgesehen? Wer hatte das Foto von Matilda, Juri und Sebbe gemailt, und aus welchem Grund? Wie konnte sie Bosse loswerden?
Wieder rief sie bei der Spurensicherung an. Noch im mer besetzt.
Also buchte sie ihren Flug nach Addis Abeba. Abreise am Samstag.
Sie spielte mit dem Gedanken, Mariam anzurufen, über legte sich die Sache aber wieder anders. Dann setzte sie sich an den Schreibtisch und vertiefte sich in die Papierarbeit. Sie las die Vernehmungsprotokolle ein weiteres Mal, ver suchte, ein Netz um Theo zu knüpfen, um zu wissen, wie sie mit ihm sprechen sollte, wenn sie ihn sah. Dann hinter ließ sie auf dem Schreibtisch eine Mitteilung:
»Hallo Bosse!
Bin unterwegs nach Addis Abeba, um mit Theo zu spre chen. Melde mich, wenn ich etwas zu erzählen habe. Monika.«
Um Punkt zwölf folgte sie Bosses Beispiel. Schaltete den Computer aus, schloss die Tür ab und ging nach Hause.
Ging. Nach Hause.
Am Freitagmorgen landete ausnahmsweise einmal eine Nachricht aus Südkorea in den Schlagzeilen. Ein in Kana da lebender finnischer Eishockeystar war bei Koreas füh rendem Klonspezialisten erschienen. In einem Glas hatte er zwei kleine verschrumpelte Hautstücke aufbewahrt. Und jetzt wollte er seine Tochter zurückhaben.
Er wollte eine drogenfreie Leihmutter. Er wollte seine Eli sabeth in einer neuen, reinen, unversehrten Variante zu rückhaben. Er habe es beim ersten Mal nicht geschafft, sie zu beschützen, erklärte er, diesmal wolle er es besser ma chen.
Diesmal werde er alles für sie tun.
Als das verblüffte Personal des Forschungsinstitutes er klärt hatte, dass sie nicht so arbeiteten, war er gewalttätig geworden.
Er war zuerst von der Polizei festgenommen und dann in eine psychiatrische Klinik gebracht worden.
Jaktvarvsplan
»Glaubst du«, fragte Monika Eloise, die zum Kaffee zum Jaktvarvsplan gekommen war, »glaubst du, Computerspiele machen die Leute glauben, unsere Leben seien Wegwerfar tikel? Ist ein Vater wirklich in der Lage, seine kleine Tochter umzubringen, um ihr ein neues Leben zu geben?«
»Die Menschen glauben alles, Monika, einfach alles. Hunderte Millionen von Menschen glauben an ein Leben nach dem Tod. Dieser Vater war ebenso davon überzeugt, dass ein neues Leben sofort zu haben ist.«
»Er hätte die Kleine doch nicht umbringen müssen, um sie klonen zu lassen. Warum hat er sich nicht noch ein Kind besorgt?«
»Er wollte eben nur Elisabeth.«
Eloise hatte Lippen, die eine Nummer größer waren als ihr übriges Gesicht, und jetzt zog sie sie zusammen, um sich zu konzentrieren. Das sah aus wie zerknüllte Seide. Weiche zerknüllte Seide.
»Elisabeth hatte Schaden genommen, weil er die falsche Mutter für sie ausgesucht hatte, und deshalb sollte sie jetzt einen neuen Anfang bekommen - er glaubte, ein neues Le ben sei es wert, dass man dafür stirbt.«
»Dass man dafür tötet, meinst du.«
»Dass man dafür stirbt, meine ich. Er hat Pflaster auf ihre Wunden geklebt, er wollte nur ihr Bestes. Wird interessant, wie die Geschworenen das sehen.«
»Er hat sie umgebracht. Wie sollen sie das sonst sehen?«
»Er wollte doch nicht, dass sie verschwindet, sie sollte nur gesund werden.«
»Dann müssen sie wohl einen Psychiater hinzuziehen, der darlegt, dass der Mann nicht im Vollbesitz seiner geis tigen Kräfte war. Außerdem ist ein Klon wie ein eineiiger Zwilling. Selbst solche Zwillinge sind doch unterschiedli che Personen. Sonst dürfte bei Wahlen ja nur der eine stim men. Er hätte niemals eine neue Elisabeth bekommen.«
Eloise nickte und blätterte zum nächsten Artikel in der vor ihr liegenden Abendzeitung weiter.
Dort war Alison McClure halbnackt auf dem Laufsteg zu sehen. Alison, die nach einem ausgiebigen Fest ins Auto ge tragen werden musste. Eine schwangere Alison, die jetzt ein neues Leben anfangen wollte, ein früher Kaiserschnitt auf grund nicht genannter Komplikationen, eine bleiche klei ne Tochter, die am Rand der Bilder von der Mutter auf der Hüfte des Kindermädchens zu ahnen war. Auf den folgen den Seiten kamen Fotos des Vaters, der als neuer Torwart der Nationalmannschaft im Gespräch war. Es gab die Son derschule der kleinen
Weitere Kostenlose Bücher