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Wofuer es sich zu sterben lohnt

Titel: Wofuer es sich zu sterben lohnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Nilsonne
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ganze Zeit in Schwe den waren, mit neuen Namen und Geburtsdaten.«
    In Monikas Zwerchfell breitete sich eine unbehagliche Kälte aus. Diese Entwicklung sagte ihr überhaupt nicht zu.
    Theo, ihr Theo, war in einen früheren Mordfall verwi ckelt und nach Schweden geflohen, hatte sich der äthiopi schen Polizei entzogen. Danach war die Entwicklung selt sam spiegelverkehrt weitergegangen. Er war in einen wei teren Mord verwickelt, in Schweden, und nach Äthiopien zurückgeflohen.
    Ihr Gehirn kämpfte noch immer im Gegenwind.
    »Wird Theo des Mordes an diesem Fernsehtypen verdäch tigt?«
    Tigists Hände ballten sich zu zwei winzigen Fäusten, die sie mehrere Male gegeneinanderschlug.
    »Dein Theo und seine Mutter standen an der Querseite einer Bühne. Der tödliche Schuss fiel aus ihrer Richtung. Seine Mutter hatte eine Beziehung mit Salomon, so hieß der Tote, aber das wussten wir damals noch nicht. Sie hat te sich mit ihm gestritten, es war angeblich ein heftiger, schwerwiegender Streit. Das war uns damals auch noch un bekannt. Und dann waren sie einfach verschwunden, Mut ter und Sohn. Ob er unter Mordverdacht steht? Wir neh men jedenfalls an, dass er uns etwas über diesen Abend er zählen kann. Und jetzt ist er wieder hier. Jetzt werden wir ihn finden und ihn vernehmen. Danach werden wir sehen, wer unter welchem Verdacht steht …«
    Und ihre Hände zeigten eine kleine Siegesgeste, die für Monikas Geschmack viel zu früh kam.
    Sie selbst war wie erstarrt. Sie war offenbar nicht auf Jagd nach einem durchgebrannten, vermutlich braven Sieb zehnjährigen. Sondern nach einem Neunzehnjährigen, nach dem in seinem Heimatland gefahndet wurde. Einem Neunzehnjährigen, der möglicherweise einen anderen kalt blütig erschossen hatte. Vielleicht hatte er einen weiteren Menschen erstochen.
    Sie selbst war nicht bewaffnet. Sie vermisste ihre Dienst waffe, die zu Hause in Stockholm lag.
    Sie war außerdem so verwirrt, dass sie überhaupt zu kei nerlei Initiative mehr fähig war.
    Nachdem sie eine Weile geschwiegen hatte, sagte Tigist:
    »Jetzt wollen wir mal sehen, ob Theodoros uns bei der Suche nach Theo helfen kann.«
     
    »Denk nach, Theodoros, denk nach!«, sagte sie. »Was glaubst du, wo dein Vetter sich versteckt halten kann? Wenn er weder von der schwedischen noch von der äthiopischen Polizei verhört werden will?«
    Theodoros hatte keinen Tipp.
    »Wer waren seine besten Freunde in Addis?«
    Das wusste Theodoros nicht.
    »Hat er sonst noch Vettern oder Kusinen?«
    Beinahe unzählig viele, aber Theodoros glaubte nicht, dass Theo mit irgendjemandem davon engeren Kontakt ge habt hatte.
    Tigist wechselte das Thema.
    »Erzähl uns ein wenig über deinen Vetter. Habt ihr euch oft getroffen?«
    »Als wir klein waren, dauernd. Als er älter wurde, fast gar nicht. Er ist doch zwei Jahre älter als ich und überhaupt nicht sympathisch.«
    »Was verstehst du unter nicht sympathisch?«
    Theodoros verdrehte die Augen und schnaubte.
    »Er war immer perfekt, hatte perfekte Klamotten. Immer in der richtigen Größe, immer kreideweiße Unterwäsche, im mer neue, heile Hosen und Hemden. Nachts trug er einen Schlafanzug. Er war in der Schule immer der Klassenbeste.«
    Er lachte, ein hartes kleines Lachen, das überhaupt nicht ansteckend war.
    »Er bekam alles, was er wollte. Ist ja auch kein Wunder, wo er keine Geschwister hatte.«
    »Wie viele Geschwister hast du selbst?«, fragte Tigist.
    »Sechs.«
    »Ich habe elf. Das ist nicht immer so leicht.«
    Er sah sie mit größerem Respekt an, und sie fragte freund lich:
    »Was hast du gedacht, als er plötzlich verschwunden war?«
    »Ich war froh, weil ich ihn nicht mehr treffen musste …«
    »Weißt du, warum er das Land verlassen hat?«
    »Ich weiß, was behauptet worden ist. Zu Hause durften wir nicht darüber reden, und meine Mutter war dermaßen außer sich, man hätte glauben können, sie hätte es selbst getan.«
    »Was getan?«
    »Salomon erschossen.«
    Sie schwiegen eine Weile. Dann fügte er trotzig hinzu:
    »Als sie verschwunden sind, Mariam und Theo, hieß es, das sei geplant gewesen. Dass sie Salomon erschossen habe und dann nach Kanada geflohen sei, wo sie viel Geld ver dienen konnte. Das wurde gesagt.«
    Es war, wie einen Gipfel zu erreichen, wo sich plötzlich eine neue und überraschende Landschaft ausbreitet. Mo nika war hergekommen, um zu erfahren, was Theo über Juris Tod wusste. Jetzt steckte sie plötzlich mitten in ei nem weiteren Mordfall. Konnten beide Fälle

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