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Wofuer es sich zu sterben lohnt

Titel: Wofuer es sich zu sterben lohnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Nilsonne
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hätte er morden können, sondern nur, dass sie ihren Mann in der Hitze des Gefechts hätte umbringen können. Das ist nicht dasselbe.«
    Tigist drückte über ihrem Avocadosaft eine Zitronen scheibe aus.
    »Ich will nicht darüber spekulieren, was geschehen sein kann. Man kann doch immer viele Muster finden, die glaubwürdig wirken. In Wirklichkeit gibt es nur ein Mus ter. Nur eine Kette, die zu dem Schuss auf Salomon führt. Ich will einfach die Glieder dieser Kette finden. Ich versu che, nicht so viel zu glauben, solange ich so wenig weiß.«
    Sie schaute Monika fragend an.
    »Hört sich das verwirrend an?«
    Monika schüttelte den Kopf.
    »Überhaupt nicht. Ich wünschte, ich könnte mehr so sein wie du. Ich verbeiße mich oft im Suchen nach Geschich ten, die mich dann in die Irre führen. Egal. Hören wir auf zu raten, was passiert sein kann, und konzentrieren wir uns auf die Suche nach Theo. Ist mir nur recht. Glaubst du, wir müssen damit rechnen, dass er gefährlich ist? Bewaffnet?«
    »Damit müssen wir doch immer rechnen. So arbeite je denfalls ich.«
    Monika nickte.
    Sie konnte ja nicht einmal ein Luftgewehr schwenken.
     
    Vor Mariams Haus hatte sich eine kleine Gruppe von Neu gierigen unter dem obligatorischen Wellblechtor angesam melt, das jetzt einen Spaltbreit geöffnet war.
    Monika und Tigist wechselten einen »nein, sag jetzt bloß nicht, dass wir zu spät kommen« Blick und sprangen aus dem Wagen. Vom Grundstück her hörten sie aufgebrach te Stimmen, der Klang schwappte über die hohe Mauer zu den vielen offenen Ohren.
    Das hier war gar nicht gut.
    Sie liefen auf das Tor zu. Dahinter sahen sie zwei junge Kollegen, einen Mann mittleren Alters in einem eleganten Anzug und vier schlecht gekleidete Frauen unterschiedli chen Alters. Die Polizisten schrien den älteren Mann an, die Frauen schrien die Polizisten an. Ein kleiner schwar zer Hund beteiligte sich an der Sache und kläffte aus Lei beskräften.
    Der Fahrer, der sich bisher sehr zurückhaltend verhal ten hatte, zeigte jetzt ein Gespür für gutes Timing: Das Tor knirschte, wurde geöffnet, und der massive Streifenwagen fuhr hindurch. FEDERAL POLICE.
    Jetzt hatten sie sich vorgestellt.
    Sofort verstummte der ganze Lärm.
    Monika kam sich plötzlich zwei Nummern größer vor. Sogar Tigist wirkte gewichtig und respektheischend. Interes sant, was ein paar Requisiten doch ausmachen können.
    Die jungen Polizisten musterten sie misstrauisch. In Mo nikas Augen sahen sie herzzerreißend unerfahren und ver wirrt aus. Der ältere Mann wirkte erleichtert, für ihn war vielleicht alles angenehmer als die Szene, die soeben hin ter ihm lag. Die vier Frauen hatten einander gepackt, als seien sie auf frischer Tat ertappt worden und müssten jetzt einfach mit dem Schlimmsten rechnen. Der kleine Hund wedelte vorsichtig mit dem Schwanz - er schien begriffen zu haben, dass soeben von irgendwoher zwei Wesen von extrem hohem Rang aufgetaucht waren. Dann legte er sich auf die Seite und zeigte sich ganz besonders unterwürfig, sicherheitshalber vermutlich.
    Die jungen Polizisten wären seinem Beispiel offenbar gern gefolgt, aber am Ende fasste die eine junge Frau sich ein Herz. Es war eine junge Frau, die aussah, als könnte sie ihren Kollegen selbst mit einer auf den Rücken gefesselten Hand zu Boden ringen.
    »Inspektor, wir haben erfahren, dass angeblich ein junger Mann, nach dem gefahndet wird, gestern in diesem Haus hier gesehen worden ist. Deshalb sind wir hier.«
    »Habt ihr ihn gesehen?«, fragte Tigist.
    Sofort ging das Geschrei wieder los. Die vier Frauen woll ten sich alle gleichzeitig Gehör verschaffen.
    Tigists Hände flogen in die Luft, sie ergriff wie eine Di rigentin das Kommando. Ihre Handflächen schienen die Schallwellen zu bremsen, und als sie langsam und schritt weise die Hände sinken ließ, senkte sich auch der Lärmpe gel. Am Ende war alles still.
    Die beiden jungen Kollegen schauten erstaunt zu. Mo nika konnte fast sehen, wie ihnen ein Licht aufging: zwei Personen können vier andere nicht überschreien. Deshalb bringt es nichts, zurückzubrüllen. Man muss eine andere Strategie finden.
    Auf diese Weise ist es möglich, einen Beruf zu erlernen.
    Tigist lächelte die jungen Frauen freundlich an.
    »Wir wollen mit euch allen sprechen. Später. Mit einer nach der anderen. Dann kommen alle zu Wort.« Sie wand te sich wieder den jungen Kollegen zu. »Also?«
    »Wir waren eben gekommen. Alle waren schrecklich aufgeregt, als wir gefragt haben, und

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