Wofuer es sich zu sterben lohnt
Unterarme sehen?«
Der junge Polizist streifte die Ärmel über die dünnen Arme des Jungen. Keine Narben.
»Das ist der Falsche. Lasst ihn los.«
Die Polizisten sahen enttäuscht aus, der Junge stürzte aus dem Zimmer, als hänge sein Leben davon ab, dass er hier so schnell wie möglich verschwand.
»Ich habe Ierusalem doch gesagt, dass sie ihre Kinder nicht mitbringen soll«, klagte Mariams Bruder. »Ich begrei fe nicht, warum die Leute nie tun können, was ihnen be fohlen wird.«
Er war offenbar um einiges älter als Mariam, schätzte Monika. Und er hatte etwas Sanftes und Zögerliches, das sie genau verstehen ließ, warum die Leute nicht das taten, was er ihnen befahl. Wenn es ein Gegenstück zu natürlicher Autorität gab, dann war er dafür das Paradebeispiel. Ganz anders als der Hauswirtschaftslehrer am Gymnasium Tall höjden … Monika riss sich wütend zusammen.
»Jetzt wollen wir mit Ierusalem reden«, sagte Tigist.
Ierusalem kam erhobenen Hauptes und mit energischen Schritten herein. Sie war eine Frau, die in einer mit wider spenstigen jungen Männern besetzten Schulklasse für Ord nung sorgen könnte und die nicht zuließ, dass irgendwer ihr zu nahe kam. Ihre schwarzen Haare wiesen einige kleid same graue Einsprengsel auf, ihr Blick war fest und wach.
Sie teilte mit, sie habe Theo nicht gesehen, und wenn sie ihn doch gesehen hätte, hätte sie ihn niemals verraten. Letzteres sagte sie mit einem trotzigen Blick hinüber zu Ti gist und Monika.
Sie war zwischen fünf und sieben Uhr einkaufen gewe sen - zwischen elf und eins, übersetzte Monika. Wenn Theo im Haus gewesen war, dann während dieser Zeit. Man konnte sich nicht hineinschleichen, ohne von der Küche aus gesehen zu werden, und die Hunde bellten, sowie je mand kam. Der alte Hund kannte Theo, also hätte er sicher vor Freude geheult. Der jüngere kannte ihn nicht, er hätte ganz normal gebellt, wenn Theo aufgetaucht wäre.
Tigist nickte.
»Und wer war im Haus, als Sie einkaufen waren?«
Ierusalem zuckte mit den Schultern.
»Das weiß ich nicht. Ich war doch nicht hier.«
Mariams Bruder versuchte, sich Respekt zu verschaffen.
»Ihr habt das Haus doch hoffentlich nicht ganz unbe wacht gelassen? Der Zabagna muss schließlich hier gewe sen sein?«
Ihm kam ein Gedanke, und er fügte zögernd hinzu:
»Der Zabagna. Wo steckt der übrigens?« Der Gedanke entwickelte sich langsam, langsam. »Der hat mir gestern Abend nicht aufgemacht, das war eins von den Mädchen. War er nicht hier? Ist er jetzt nicht hier?«
Ierusalem sah ihn an, wie eine Mutter ein ungewöhnlich begriffsstutziges Kind ansieht.
»Er ist weg.«
»Weg? Aber warum hat mir niemand etwas gesagt? Wa rum wird mir niemals etwas mitgeteilt?«
Wieder dieser quengelige, ichbezogene Tonfall. Und na türlich hörte niemand auf ihn.
Tigist erhob sich ungeduldig.
»Eins nach dem anderen. Sie, Ierusalem, waren einkau fen. Allein?«
»Sara war bei mir, eine von den Aushilfen.«
»Und die andere?«
»Die war hier. Sie hat geschlafen. Als Sara und ich nach Hause kamen, mussten wir lange klopfen, bis sie wach wur de. Der Zabagna war verschwunden.«
»Und er ist nicht zurückgekommen?«
Ierusalem schüttelte den Kopf.
Tigist fasste zusammen:
»Um fünf Uhr war der Zabagna hier, und ihr hattet Theo nicht gesehen. Um sieben Uhr war der Zabagna verschwun den, und seither hat er nichts von sich hören lassen. Macht er so was häufiger?«
Ierusalem nickte und sagte: »Das kommt vor«, wäh rend Mariams Bruder den Kopf schüttelte und sagte: »Nie mals.«
Nun wurde wieder an den Türrahmen geklopft. Es wa ren die jungen Kollegen, die wissen wollten, was sie jetzt tun sollten.
»Mit allen sprechen, die gestern hier waren. Stellt fest, was sie zwischen fünf und sieben gemacht haben, und fragt, was sie über den Zabagna wissen.«
Tigist setzte sich wieder.
»Wir glauben, dass Theo hier war. Man kommt nur durch das Tor hier herein, und also muss der Zabagna ihn herein gelassen haben.«
Ierusalem, Mariams Bruder und Monika nickten. Bisher war alles einfach.
»Theo hatte den Hausschlüssel - wir können also anneh men, dass er reingegangen ist. Haben Sie gesehen, ob im Haus etwas fehlt, ob etwas nicht an seiner üblichen Stelle liegt, ob etwas Neues hinzugekommen ist?«
Niemandem fiel etwas ein. Mariams Bruder sah sich im Zimmer um, als habe er vorher vergessen, nachzuschauen.
»Können wir uns das Haus ansehen?«
Das war die Art von rhetorischer Frage, die Daga in Stock holm auch
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